Zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors rücken schwere Nutzfahrzeuge und nicht-straßengebundene mobile Arbeitsmaschinen verstärkt in den Vordergrund. Fahrzeug- und Motorenhersteller, Zulieferer und Wissenschaft haben sich deshalb im Projekt „PoWer“ zusammengetan, um die anwendungsübergreifende Nutzung wasserstoffmotorischer Antriebsstrangkonzepte für Bau- und Agraranwendungen umfassend zu untersuchen. Der Automobilzulieferer MAHLE leitet das Vorhaben, an dem das Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) mit drei Instituten beteiligt ist.
Wasserstoffmotoren bieten aufgrund ihrer Eigenschaften wie hohe Effizienz, Robustheit und geringe Rohemissionen viele Vorteile, die sie für Anwendungen in Bau- und Landmaschinen besonders qualifizieren. Auch besteht die Möglichkeit, herkömmliche Verbrennungsmotoren von beispielsweise Baggern, Mähdreschern oder Förderfahrzeugen auf Wasserstoffmotoren umzurüsten. Um die Technologie künftig umsetzen zu können, untersuchen drei Institute des KIT im Projekt PoWer die motorische Wasserstoffverbrennung, geeignete Abgaskatalysatoren sowie das Werkstoffverhalten unter Wasserstoff.
Wasserstoffmotor für Offroad-Anwendungen
„Wegen der geringen Zündgrenze und der weiten Entflammbarkeitsgrenzen von Wasserstoff können ungewollte Selbstzündungen auftreten. Dies gilt es unbedingt zu vermeiden, um keine Motorschäden zu riskieren“, sagt Dr. Uwe Wagner vom Institut für Kolbenmaschinen (IFKM) des KIT zu den Herausforderungen.
Die Forschenden vom IFKM untersuchen daher, wie wasserstoffbasierter Kraftstoff am effizientesten und sichersten in Motoren von Bau- und Landmaschinen eingesetzt werden kann – ob mit Saugrohr- oder als Direkteinblasung.
„Außerdem spielen die Geometrie des Motors und Schmieröleinträge in den Brennraum eine entscheidende Rolle für einen reibungslosen Verbrennungsablauf“, so Wagner.
Um verschiedene Einspritzstrategien und Motorparameter zu testen und zu optimieren, nutzen die Forschenden ein Einzylinder-Forschungsaggregat und einen Mehrzylindermotor.
Umweltfreundlicher Energieträger für Offroad-Anwendungen
„Um aktuelle und zukünftige Abgasgrenzwerte einhalten zu können, ist es notwendig, neben einem schadstoffarmen Motorbetrieb auch effiziente Abgaskatalysatoren bereitzustellen“, erläutert Dr. Patrick Lott vom Institut für Technische Chemie und Polymerchemie (ITCP) des KIT.
„Die spezifischen wasserstoffmotorischen Betriebsbedingungen sind für die Katalysatoren mitunter herausfordernd“, so Lott.
Das Team des ITCP untersucht deshalb, wie sich bestehende Katalysatorsysteme im Zusammenspiel mit Wasserstoffmotoren verhalten. Dabei geht es unter anderem darum, ihre Haltbarkeit und Effizienz zu verbessern, um sie an die neuen Betriebsbedingungen anzupassen. Gleichzeitig erarbeiten die Forschenden innovative Konzepte für die Abgasnachbehandlung, damit Wasserstoff als umweltfreundlicher Energieträger in Offroad-Anwendungen eingesetzt werden kann.
Auswirkung von Wasserstoff auf Werkstoffe
„Der Kontakt mit Wasserstoff kann die Festigkeit und Verformbarkeit metallischer Werkstoffe erheblich vermindern“, erklärt Dr. Stefan Guth vom Institut für Angewandte Materialien – Werkstoffkunde (IAM-WK) des KIT. Im Projekt untersuchen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IAM-WK daher, wie sich Wasserstoff auf typische Werkstoffe von Verbrennungsmotorkomponenten auswirkt.
Hierzu führen sie mechanische Werkstoffprüfungen unter Wasserstoffeinfluss durch, insbesondere unter motortypischer zyklisch wechselnder Last. Ein zentrales Ziel der Forschungsgruppe ist es, Methoden zur Bewertung des Einflusses von Wasserstoff auf die Werkstofffestigkeit zu entwickeln und zu etablieren. „Letztlich wollen wir den Industriepartnern Empfehlungen für den sicheren und effizienten Einsatz der Materialien geben“, so Guth.