Erstes dezentrales, grünes Wasserstoffprojekt mit Mini-Grid in Ghana

Aufbau und Installation des Wasserstoffsystems am Standort Tema, Ghana, gemeinsam mit dem Team des Don Bosco Solar And Renewable Energy Centers. Foto: Hochschule Bochum

Forschende der Hochschule Bochum haben in Zusammenarbeit mit den Unternehmenspartnern SFC Energy AG und Green Power Brains einen wichtigen Meilenstein für ein wegweisendes Projekt zur dezentralen Nutzung von grünem Wasserstoff in Mini-Grids erreicht. Erstmals wird grüner Wasserstoff vor Ort zur lokalen Nutzung produziert, gespeichert und bei Bedarf wieder in elektrischen Strom umgewandelt.

Ein Mini-Grid ist ein lokales Energiesystem, das Gebiete bzw. Gebäude, teilweise fernab des Stromnetzes, mit Strom versorgt bzw. in Gebieten mit unsicherer Netzstromversorgung zum Einsatz kommt. Es kombiniert oft erneuerbare Energiequellen und Speicherlösungen, um eine zuverlässige und unabhängige Stromversorgung sicherzustellen.

Im Oktober 2024 wurde am Don Bosco Campus in Tema, Ghana, erfolgreich das Wasserstofferzeugungs- und -speichersystem in das dortige solare Mini-Grid integriert. Die Anlage umfasst eine Photovoltaikanlage mit fast 200 kWp und einem 20 kW PEM-Elektrolysesystem, das den erzeugten Wasserstoff in 48 Druckgasflaschen speichert. Ergänzt wird das System durch ein Brennstoffzellensystem bestehend aus vier Einheiten mit je 2,5 kW, das den gespeicherten Wasserstoff in Elektrizität umwandeln soll.

Das realisierte System ermöglicht eine nachhaltige Speicherung überschüssiger Solarenergie und stellt auch bei Bewölkung und in der Nacht eine stabile Stromversorgung sicher. Der Don Bosco Campus, ein technisches Berufsbildungszentrum, ist zudem ein idealer Standort, um Schulungsmaßnahmen durchzuführen und das Wissen über Wasserstofftechnologie zu verbreiten. Das Projekt schafft nicht nur eine praktikable Lösung für erneuerbare Energie in Mini-Grids, sondern fördert auch das Bewusstsein und die Ausbildung im Bereich nachhaltiger Energiesysteme, wodurch die Skalierung und Verbreitung dieser Technologien unterstützt wird.

Das Forschungsprojekt GH2GH zur Integration von grünem Wasserstoff in dezentrale Energiesysteme in Subsahara-Afrika setzt den Fokus auf die Nachhaltigkeitsbewertung und das Potential zur weltweiten Skalierbarkeit von Wasserstofftechnologien für lokale Anwendungen. Im Rahmen des Projekts, das vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert wird, arbeiten Forschende der Hochschule Bochum unter anderem daran, Kriterien und Indikatoren zu entwickeln, die eine praxisnahe Bewertung der Nachhaltigkeit von Wasserstoffsystemen im Energiesektor ermöglichen.

Aus diesen Ergebnissen sollen Handlungsempfehlungen für zukünftige Systeme resultieren. Besonders im Fokus steht die Frage, wie eine dezentrale Energieversorgung mit Wasserstoff als Speicher zur langfristigen, nachhaltigen und wirtschaftlichen Energieversorgung beitragen kann.

„Mit unserem Ansatz möchten wir nicht nur den technologischen Einsatz von grünem Wasserstoff unter lokalen Bedingungen in Ghana vorantreiben, sondern vor allem die Nachhaltigkeit dieser Systeme messbar machen. Reale Daten aus der Praxis sind entscheidend, um den tatsächlichen Impact der eingesetzten Technologien zur nachhaltigen Entwicklung zu beurteilen“, erklärt Prof. Dr.-Ing. Semih Severengiz, Leiter des Labors für Nachhaltigkeit in der Technik an der Hochschule Bochum.

„Durch die kontinuierliche Datenerhebung und Analyse vor Ort können wir wichtige Informationen zur Skalierbarkeit dieser Systeme erhalten. Dazu zählen nicht nur ökologische Faktoren, sondern auch ökonomische und soziale Aspekte. Viele abgelegene Regionen in Subsahara-Afrika haben keinen Zugang zu stabilen Stromnetzen. Herkömmliche Batterien zur Speicherung von Solarenergie bringen ökologische Herausforderungen in Bezug auf Rohstoffverbrauch und Entsorgung mit sich.. Wir wollen untersuchen, ob lokal produzierter, grüner Wasserstoff eine wirkungsvolle Alternative darstellen kann.“

Aufbau des Wasserstoffsystems am Pilotstandort in Tema, Ghana. Links der Raum mit Elektrolyse und Brennstoffzelle, rechts außerhalb des Raumes die Wasserstoffspeicherung in 48 Druckgasflaschen, gestellt von der ostermeier H2drogen Solutions GmbH. Bild: Hochschule Bochum

Die kontinuierliche Erhebung und Analyse von Betriebsdaten des Wasserstoffsystems in Ghana wird eine fundierte Grundlage für die Bewertung der Technologie liefern. Diese realen Daten aus der Praxis ermöglichen es den Projektpartnern, das System an lokale Bedingungen – wie hohe Temperaturen oder Staubbelastung – anzupassen und die langfristige Effizienz zu steigern. Auf dieser Basis werden dann auch die Anforderungen für eine globale Skalierung der Technologie definiert.

„Indem wir diese Daten systematisch erfassen, schaffen wir ein fundiertes Verständnis darüber, wie dezentrale Energieversorgungskonzepte mit Wasserstoff nicht nur zur Lösung der Energieprobleme vor Ort beitragen, sondern auch zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) – insbesondere SDG 7 (Bezahlbare und saubere Energie) und SDG 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz)“, betont Severengiz weiter.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die im Projekt geplanten Schulungsmaßnahmen. Die Wasserstoffanlage soll am Ausbildungsstandort genutzt werden, um Solartechniker praxisnah in der Wasserstofftechnologie zu schulen und darüber hinaus eine Ausbildung für angehende Lehrer anzubieten, um die Reichweite der Ausbildung zu erhöhen und somit eine Skalierung der Ausbildung in Ghana und Deutschland zu erreichen. Der Schulungsbeginn ist für das Frühjahr 2025 geplant.

Das Ziel des ganzheitlichen Ansatzes am Pilotstandort ist die Entwicklung einer Roadmap zur Integration von grünem Wasserstoff in dezentrale Energiesysteme in Subsahara-Afrika und insbesondere in Ghana, wodurch die Elektrifizierung nachhaltiger und zuverlässiger gestaltet werden soll. Diese Ansicht unterstützt auch Nilgün Parker, die Referatsleiterin Nachhaltige Finanzpolitik, Umwelt und Außenwirtschaftsförderung beim BMUV:

„Mit dem EXI-Projekt GH2GH sorgen wir gleich doppelt für Wissensaufbau vor Ort. Der nachhaltige Strom aus dem Mini-Grid ermöglicht dem Bildungscampus seinen täglichen Betrieb. Zusätzlich können lokale Fachkräfte und die Projektpartner*innen vom installierten System lernen und ihre Expertise erweitern. So schaffen wir echte Zukunftsperspektiven – mit Technologien Made in Germany.“