Der Klimawandel trifft auch die Böden

In Österreich wurden Proben im Nationalpark Hohe Tauern entnommen. Wolfgang Wanek

Extreme Wetterereignisse treten aufgrund der globalen Erwärmung immer häufiger auf. Daher ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie Bodenmikroben – die für gesunde Ökosysteme entscheidend sind – darauf reagieren. Ein internationales Team mit Beteiligung von Wolfgang Wanek von der Universität Wien konnte in einer neuen Studie zeigen, dass mikrobielle Gemeinschaften aus verschiedenen Teilen Europas ähnlich auf den Klimawandel reagieren. Bodenproben von 30 Standorten in 9 Ländern quer über Europa verteilt wurden untersucht.

Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Frost – solche Extremwetterereignisse treten aufgrund des Klimawandels immer häufiger auf und beeinflussen auch mikrobielle Gemeinschaften in unseren Böden. Diese Bodenmikroben spielen eine Schlüsselrolle bei natürlichen Prozessen wie dem Kohlenstoffkreislauf, der mitbestimmt, wie viel Kohlenstoff im Boden gespeichert und wie viel als Kohlendioxid in die Atmosphäre abgegeben wird, was ein Hauptfaktor für die globale Erwärmung ist. Deshalb ist es entscheidend zu verstehen, wie Bodenmikroben auf solche Extremwetterereignisse reagieren.

Ein internationales Team unter der Leitung der Universität Manchester und der Universität Amsterdam mit Beteiligung der Universität Wien ist dieser Frage nun auf den Grund gegangen. Die Wissenschafter haben aus ganz Europa Bodenproben von 30 Grünlandflächen in 9 Ländern entnommen. Sie setzten die Proben unter kontrollierten Laborbedingungen simulierten extremen Wetterereignissen aus (Hitze, Dürre, Überschwemmung, Frost), um herauszufinden, wie die Mikroben darauf reagieren.

Wolfgang Wanek bei der Probenentnahme in den Hohen Tauern. C: Wolfgang Wanek

Dabei fanden die Forscher heraus, dass die mikrobiellen Gemeinschaften in Böden aus verschiedenen Teilen Europas selbst sehr unterschiedlich waren, aber auf ähnliche Weise auf die Extremereignisse reagierten. Die Sensitivität der Reaktionen auf Extremereignisse variierte jedoch: Böden aus kühleren, feuchteren Klimazonen waren besonders anfällig für Hitzewellen und Dürren, während Böden aus trockenen Regionen stärker von Überschwemmungen betroffen waren.

„Mikrobielle Gemeinschaften mit Voranpassungen reagierten weniger stark, während solche Gemeinschaften die selten oder nie solchen Extremereignissen unterliegen besonders stark reagierten“, erklärt der Ökologe und Mitautor Wolfgang Wanek von der Universität Wien.

Alpen waren besonders anfällig für Hitze

Wolfgang Wanek lieferte Proben von verschiedenen alpinen Grünlandflächen aus dem österreichischen Nationalpark Hohe Tauern. In der Nähe des Alpinzentrums Rudolfshütte sammelte er Bodenproben auf 2200 bis 2400 m Seehöhe.

„Diese hochgelegenen, sauren Grünlandflächen, die einige der extremsten Umweltbedingungen in der Studie repräsentieren, waren für die Forschung von wesentlicher Bedeutung. Sie zeigten mitunter die raschesten Wachstumsraten der Bodenmikroben, jedoch auch die stärksten negativen Wachstumsreaktionen auf Hitze“, fasst Wanek zusammen.

Jeder Probenstandort in der Studie repräsentiert die Vielfalt der biogeografischen Regionen in Europa: alpines Klima (Österreich), subarktisches (Schweden), arktisches (Island), atlantisches (Oxford und Lancaster, UK), boreales (Estland), kontinentales (Deutschland), mediterranes (Spanien und Griechenland) und Steppenklima (Russland).

Durch die Einbeziehung von Boden- und Klimaeigenschaften entwickelten die Forscher*innen Modelle, die in der Lage sind, die Reaktionen der mikrobiellen Gemeinschaften auf Extremereignisse mit hoher Genauigkeit vorherzusagen. Damit stellen sie ein wichtiges Instrument für die Bewertung der künftigen Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen bereit.

Eine Integration der Bodenmikrobiologie in Klimamodelle soll bei künftigen politischen Entscheidungen und weiterer Forschung helfen. Die Ergebnisse zu der unterschiedlichen Sensitivität der mikrobiellen Bodengemeinschaften in den verschiedenen Gebieten zeigen, dass ein einheitlicher Ansatz nicht funktionieren wird, wenn es um den Schutz von Bodenökosystemen geht. Stattdessen werden maßgeschneiderte Strategien der Schlüssel sein, so das Fazit der Forscher.