Uni Graz: Nachhaltige Entscheidungshilfe

Bei der Herstellung von Halbleitern werden in die „Wafer“ – etwa ein Millimeter dicke Scheiben – Gitter geätzt. Foto: HaloFreeEtch

Wie lassen sich technologische Innovationen mit Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit vereinen? Eine Herausforderung, der sich Forschende am Institut für Umweltsystemwissenschaften der Universität Graz stellen. Als Partner in einem neuen EU-Projekt steuert das Team um Rupert Baumgartner seine Expertise in der Nachhaltigkeitsbewertung für industrielle Produktionsprozesse bei. Im Zentrum des Forschungsvorhabens „HaloFreeEtch“ steht die Entwicklung neuartiger, umweltschonender Fertigungsmethoden für Halbleiter durch halogenfreie Ätzverfahren.

Halbleiter sind Materialien, deren elektrische Leitfähigkeit durch das Anlegen einer Spannung gesteuert wird. Das macht sie zu essenziellen Komponenten in allen elektronischen Geräten. Bei ihrer industriellen Herstellung, vor allem aus Silizium, kommt das sogenannte Plasmaätzen zur Anwendung.

Dabei wird durch eine chemische Reaktion mit Halogenen, wie Schwefel-Heaxfluorid (SF₆), Tetrafluormethan (CF₄), Trifluormethan (CHF₃) oder Octafluorcyclobutan (C₄F₈), Material abgetragen. Das Verfahren birgt erhebliche Umwelt- und Gesundheitsrisiken. Ziel des Forschungsprojekts „HaloFreeEtch“ ist es, in Ätzverfahren für Silizium und Siliziumoxid Halogene durch nachhaltigere Alternativen zu ersetzen.

„Am Institut für Umweltsystemwissenschaften der Uni Graz entwickeln wir Tools, die bereits in den frühen Phasen des Prozess- und Produktdesigns dabei unterstützen, Entscheidungen im Sinne ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit zu treffen“, sagt Rupert Baumgartner, Leiter des Christian-Doppler-Labors für Nachhaltiges Produktmanagement in einer Kreislaufwirtschaft.

Für eine umweltschonende Halbleiterfertigung betreffen solche Entscheidungen unter anderem die Auswahl geeigneter Chemikalien und die Entwicklung effektiver Ätzmethoden. „Diese werden anhand umfassender Lebenszyklus-Daten und der darauf aufbauenden Umweltwirkungsabschätzung bewertet und identifiziert. Dafür adaptieren wir etablierte Bewertungsmethoden“, berichtet Saumya Sadhu, die im Projekt für ihre Doktorarbeit forscht.

Mit Hilfe von Simulationen werden industrielle Ätzprozesse geplant und immer weiter verbessert. Allerdings finden dabei Umweltaspekte bislang keine Berücksichtigung. Das soll sich ändern.

„Wir werden diesbezüglich Vorschläge entwickeln, die unsere Projektpartner dann in ihre Simulationen integrieren können“, erklärt Baumgartner.

Seine Forschungsgruppe baut damit ihr Profil im Bereich der Nachhaltigkeitsbewertung und der nachhaltigkeitsorientierten Begleitung von technischen Innovationsprojekten weiter aus. „HaloFreeEtch“ ergänzt bereits laufende Projekte zu Hightech-Anwendungen wie Batterien von E-Fahrzeugen inklusive neuer Recyclingtechnologien oder elektrochemischer Produktionsverfahren.