Erste Ergebnisse des Langzeit-Monitorings von Fluginsekten

Bild 1 Braunschuppige Sandbiene Andrena curvungula gefährdet . Foto: Sonia Bigalk

Spätestens seit der Krefeld-Studie aus dem Jahr 2017 ist der drastische Rückgang der Insektenvielfalt in Deutschland bekannt. Expertinnen und Experten warnen vor massiven Auswirkungen auf unsere Ökosysteme, in denen Insekten Schlüsselfunktionen wie die Bestäubung von Pflanzen übernehmen. Vor diesem Hintergrund hat das Land Baden-Württemberg im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt im Jahr 2018 ein umfassendes, langfristig angelegtes Insekten-Monitoring gestartet.

Ziel ist es, genaue und belastbare Grundlagendaten über den Insektenbestand und das Insektensterben im Land zu erheben. Das Staatliche Museum für Naturkunde Stuttgart führt einen Teil dieses Monitoring-Projektes – das „Fluginsekten-Monitoring“ durch.

Gemeine Löcherbiene Heriades truncorum Foto: Sebastian Görn,

Erste Ergebnisse zeigen nun, dass in ausgewiesenen Naturschutzgebieten mehr Wildbienenarten vorkommen als auf anderen Flächen. Die Daten wurden jetzt von einem Forschungsteam um Dr. Tobias Frenzel, Entomologe am Naturkundemuseum Stuttgart, in der Fachzeitschrift „Insect Conservation and Diversity“ vorgestellt.

Die Studie untersucht das Vorkommen von Wildbienenarten in Baden-Württemberg und zeigt die ökologische Bedeutung der bestehenden Naturschutzgebiete im Land, insbesondere für bedrohte Arten. Aufgrund der Ergebnisse sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiteren Handlungsbedarf hinsichtlich des Ausbaus, der Pflege und der Vernetzung der Schutzgebiete, um so die Artenvielfalt langfristig zu sichern. Zugleich betonen Sie die Bedeutung des Langzeit-Monitorings.

Faktoren zur Bestimmung der Wirksamkeit von Naturschutzmaßnahmen:

In vielen Studien zum Insektensterben wurde bislang vor allem die Veränderung der Biomasse, also des Gesamtgewichts der zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gesammelten Insekten, untersucht. Für die Beurteilung der Effektivität von Naturschutzmaßnahmen sind neben der Biomasse der gesammelten Insekten jedoch auch die Anzahl und Zusammensetzung der Arten ausschlaggebend.

Die Untersuchungen des Forschungsteams zeigen, dass die Artenzahl der Wildbienen einem anderen Muster folgt als die Gesamtbiomasse der erfassten Fluginsekten. Die Biomasse kann in Naturschutzgebieten gleich oder sogar geringer sein als in anderen Gebieten, und dennoch ist die Artenvielfalt der Wildbienen größer.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Naturschutzgebiete für den Erhalt seltener Insektenarten unverzichtbar sind. Mit dem Monitoring können wir langfristig den Wandel der biologischen Vielfalt analysieren und effektive Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität ableiten.“, so der Entomologe und Direktor des Naturkundemuseums Stuttgart Prof. Dr. Lars Krogmann.

Schutzgebiete sind wichtig für den Erhalt bedrohter Arten:

Drei Jahre lang haben die Forscherinnen und Forscher an 32 Standorten in Südwestdeutschland im Rahmen einer turnusmäßigen Erhebung Bienenarten gesammelt und erfasst. „Den größten Effekt auf die Artenzahl der Wildbienen hat der Status von Flächen als Naturschutzgebiete, was selbst unter Berücksichtigung anderer Faktoren einen Unterschied von etwa 14 Arten bedeutet. Und wir sehen auch, dass in diesen Gebieten deutlich mehr Arten vorkommen, die auf der Roten Liste als stark gefährdet gelistet sind“, so Dr. Tobias Frenzel, Erstautor der Studie.

Ein weiterer Faktor, der einen großen Einfluss auf die Wildbienen hat, ist der Stickstoffgehalt im Boden und die damit verbundene Vielfalt insektenbestäubter Pflanzenarten. Die Auswertung verschiedener Umweltparameter zeigt, dass Naturschutzgebiete eine geringere Stickstoffbelastung aufweisen. Die höheren Stickstoffkonzentrationen in Nicht-Naturschutzgebieten haben einen negativen Einfluss auf die Artenvielfalt der Pflanzen und stehen vermutlich im Zusammenhang mit einer intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung.

Wichtig ist ein langfristiges Monitoring:

Das Monitoring flugfähiger Insekten ist Teil des landesweiten Insekten-Monitorings Baden-Württemberg, das im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt im Jahr 2018 von der Landesregierung initiiert wurde. Mit der Konzeption wurde die LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg beauftragt. Ziel ist es, genaue und belastbare Grundlagendaten über den Insektenbestand und das Insektensterben im Land zu erheben.

Der Baustein des Monitorings von Fluginsekten wird in enger Zusammenarbeit von der LUBW und dem Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart durchgeführt. Das Insekten-Monitoring in Baden-Württemberg ist als Langzeitstudie angelegt. So wird es in Zukunft möglich sein, Aussagen zu Trends über die Entwicklung von Wildbienen- und anderen Insektenarten im Land zu treffen und Naturschutzmaßnahmen zu evaluieren und zu verbessern.