Hanfkalk als Material für den nachhaltigen Hausbau

Handelsüblicher nichttragender Mauerstein aus Hanfkalk und neuartiger Prototyp mit hochverdichteten Zonen. (Bild: Heike Fischer / TH Köln)

Hauswände aus Hanfkalk zeichnen sich durch einen guten Wärmeschutz und klimaregulierende Eigenschaften aus. Zudem weist die Herstellung des leichten Baustoffs eine negative CO2-Bilanz auf. Sein Einsatz im Bauwesen ist jedoch begrenzt, da keine tragenden Strukturen errichtet werden können. Dies möchte ein interdisziplinäres Projekt der TH Köln durch die Entwicklung neuartiger Steine mit hochverdichteten Zonen ändern.

„Hanfkalk ist ein hervorragendes Material für den nachhaltigen Hausbau. Beim Wachstum des Hanfs wird mehr CO2 gebunden, als beim Kalkbrennen und anderen Produktionsschritten freigesetzt wird. Durch seine niedrige Wärmeleitfähigkeit ist ab einer Wandstärke von circa 30 Zentimetern keine zusätzliche Dämmung erforderlich. Er reguliert die Raumfeuchte, ist schwer entflammbar und schimmelhemmend“, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Arne Künstler von der Fakultät für Architektur der TH Köln.

Nach dem aktuellen Stand der Technik wird Hanfkalk allerdings nur in Kombination mit Stützen aus Stahlbeton oder Holz eingesetzt, da sich handelsübliche Hanfkalksteine auf Grund ihrer geringen Steifigkeit nur als nichttragende Wandelemente eignen.

Um in Zukunft mehrgeschossige Gebäude aus Hanfkalk ohne zusätzliche Tragstruktur errichten zu können, sollen Zonen innerhalb der Steine so stark verdichtet werden, dass darüber die Last abgetragen werden kann. Diese Zonen sollen genauso wie übliche Hanfkalksteine ausschließlich aus Biomasse und mineralischen Bindemitteln bestehen.

Auf diese Weise möchten die Projektbeteiligten eine klimapositive Alternative zu Porenbetonsteinen oder leichten Hochlochziegeln schaffen, die einen einschaligen Mauerwerksbau aus schnell nachwachsenden Rohstoffen ermöglicht.

Von Prüfkörpern zur Demonstrationsfassade

Nachdem Prof. Künstlers wissenschaftlicher Mitarbeiter Jonathan Lunkenheimer mithilfe des Prototypenförderprogramms „KickStart@THKöln“ erste Vorversuche zu hochverdichtetem Hanfkalk durchführen konnte, wurden Drittmittel von der Forschungsförderung Zukunft Bau eingeworben. Nun soll am Labor für Baustofftechnik der TH Köln die optimale Mischung aus Hanf, Kalk sowie weiterer Biomasse und mineralischen Bindemitteln ermittelt werden.

Am Institut für Bau- und Landmaschinentechnik der TH Köln entsteht eine Pressvorrichtung, mit der die Fertigung von gezielt verdichteten Mauersteinen im Labormaßstab effizient bewerkstelligt und wissenschaftlich untersucht werden kann. Die Universität Bonn unterstützt das Projekt durch den Anbau und die Aufbereitung von Miscanthusgras, dessen harte Fasern sich voraussichtlich besser als Hanf für die tragfähigen Zonen eignen.

„In der zweiten Hälfte unseres Vorhabens widmen wir uns den praktischen Versuchen mit unseren Mauersteinen. Wir werden mehrere Wandmodule errichten und bautechnisch untersuchen. Neben Eigenschaften wie Tragfähigkeit, Wärmedämmung und Feuchteverhalten möchten wir ermitteln, welche Materialien wie Putze und Mörtel mit den Blöcken kompatibel sind und unter Beweis stellen, dass sich die Blöcke mit gewöhnlichen Werkzeugen gut verarbeiten lassen“, sagt Künstler.

Vorteilhaftes Material

Hanfkalksteine sollen künftig auf der Baustelle einfach handhabbar sein. Sie lassen sich leicht sägen und Schrauben sollen ohne zusätzliche Dübel im Material halten. Sonderformen wie Rundungen sind problemlos realisierbar, indem die Blöcke mit frischem Hanfkalk ergänzt werden, der vor Ort aushärtet. Da nur der innere Teil der Steine hochverdichtet ist, können in die äußeren Schichten Schlitze für Kabel und Rohre geschnitten und mit dem gleichen Material wieder verschlossen werden.

„Nicht zuletzt lässt sich Hanfkalk beim Rückbau eines Gebäudes umweltfreundlich entsorgen. Einfach zerrieben kann er als Dünger auf Felder gestreut werden“, betont Künstler.