ARL: Flächenverbrauch stoppen

Flächenverbrauch. Foto: DieLinde

Fläche ist endlich! Wir verbrauchen täglich neue Flächen für Wohnen, Arbeiten, Verkehr, Industrie und Gewerbe, Energieerzeugung, Ressourcenabbau etc. pp. – all dieser Flächenverbrauch geht zulasten von bisher land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen und von (verbliebenen) Freiräumen. Aber der Begriff Freiraum ist hier durchaus irreführend, denn Freiräume verstanden als Grünräume sowie grüne und blaue Infrastrukturen sind elementar wichtig: Für das Klima (gegen Überwärmung, gegen Überflutung bei Starkregen, für den natürlichen Wasserhaushalt u. ä.), aber auch für die Gesundheit, zum Erhalt der Artenvielfalt und als Erholungs-, Sport- und Begegnungsräume.

Freiraumsicherung und -entwicklung ist damit ein brandaktuelles und grundlegendes Zukunftsthema. Es erfährt im Kontext des Nachhaltigkeitsparadigmas zwar große Resonanz in Wissenschaft, Planungspraxis und Politik. Trotzdem ist der Flächenverbrauch weiterhin hoch. Die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen nennen insbesondere mit dem Ziel Nr. 15 die Notwendigkeit, terrestrische Ökosysteme zu schützen und nachhaltig zu nutzen, wiederherzustellen und zu fördern.

Mit der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 wird unter anderem das Ziel verfolgt, innerhalb der EU 30 % der Land- und Meeresflächen für den Schutz der Biodiversität zu sichern. Die EU-Verordnung 2024/1991 über die Wiederherstellung der Natur enthält differenzierte quantitative Vorgaben für die ökologische Aufwertung von geschützten Lebensräumen.

All das unterstreicht die Notwendigkeit, Freiraumsicherung und -entwicklung in der gesamten räumlichen Planung noch deutlich stärker zu etablieren und Freiräumen den gebührenden Stellenwert in der weiteren Entwicklung unserer Städte und ländlichen Regionen einzuräumen. Kurz künftig vom Freiraum her zu denken, zu planen und zu handeln, gerade in einem Land mit so hoher Siedlungsdichte wie in Deutschland.

Auch innerhalb von Freiräumen sind überdies tiefgreifende Raumnutzungsänderungen im Zuge der Energiewende, des Klima- und Naturschutzes einschließlich der Kompensationsmaßnahmen bereits jetzt zu beobachten und zukünftig verstärkt zu erwarten. Zugleich mangelt es größtenteils an einem empirisch fundierten, strategisch vorsorgenden und überfachlich koordinierten Freiraumschutz mit hoher politischer Gewichtung und rechtlicher Verbindlichkeit.

Um diesem Defizit entgegenzuwirken, hat der inter- und transdisziplinär besetzte ARL-Arbeitskreis „Freiraumsicherung und -entwicklung in der räumlichen Planung“ zentrale Thesen und Forderungen in Form eines Positionspapieres formuliert, die einen Perspektivenwechsel im Sinne einer Freiraumwende in der überörtlichen und örtlichen räumlichen Planung aktiv unterstützen.

Dazu zählt auch die freiraumbezogenen Vorschriften des Planungsrechts spezifischer und zielgenauer zu formulieren. Die 2024 vorgelegten Entwürfe zur Änderung des Raumordnungsgesetzes und des Baugesetzbuches weisen hier mit den Ansätzen zur Multifunktionalität und Mehrfachnutzung von Freiräumen sowie der flächensparenden und freiraumschonenden dreifachen Innenentwicklung in die richtige Richtung.

Die Förderung von Freiraumschutz und -entwicklung wird allerdings z. B. durch die vorgesehenen erweiterten Abweichungsmöglichkeiten in den Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§ 31 Abs. 3 und § 34 Abs. 3 a BauGB-E) und den sog. „Bau-Turbo“ (§ 246 e BauGB-E) zugunsten des Wohnungsbaus erheblich infrage gestellt.

Insgesamt muss es das Ziel sein, den Freiraum innerhalb und außerhalb von Siedlungsgebieten als eigenständige Raumkategorie stärker in den Vordergrund zu rücken und insbesondere die im Freiraum wirkende grün-blaue Infrastruktur für eine nachhaltige Raumentwicklung proaktiv und überfachlich zu etablieren.

Eine substanziell verbesserte Freiraumsicherung und -entwicklung in der räumlichen Planung bedarf eines strategischen Aktionsprogramms, einer Freiraumoffensive. Die Belange des Freiraums sind mit Blick auf den Stellenwert für die Gesellschaft und deren Resilienz neu einzuordnen und zu bewerten sowie ihre fachlichen und rechtlichen Grundlagen weiter auszubauen.

In diesem Sinne wird vom Arbeitskreis eine Freiraumwende auf allen Ebenen der räumlichen Planung eingefordert. Das Positionspapier aus der ARL 152 „Freiraumende“ zeigt die Bedeutung, aber auch notwendige Schritte und Potentiale eines solchen Perspektivwechsels für die räumliche Planung auf.

Die Empfehlungen richten sich vor allem an Planungsverantwortliche und Entscheidungsträgern in Bund, Ländern, Kommunen, Planungsbüros und der Projektentwicklung sowie an die Gesetzgeber, da auch rechtlicher Novellierungsbedarf aufgezeigt wird. Wichtig ist den Mitwirkenden des Arbeitskreises zudem, dass die Gesellschaft die Bedeutung und die Notwendigkeit einer Freiraumwende versteht und diese mitträgt.

Die Positionspapiere aus der ARL – Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft sind für alle Interessierten kostenfrei und dauerhaft zugänglich: https://www.arl-net.de/de/shop/freiraumwende.