Neue Erkenntnisse zur Verbreitung von Moosen

Das Kärntner Spatenmoos @Wolfgang von Brackel

Unter den ca. 985 in Bayern vorkommenden Moosarten gibt es extrem seltene Arten, für die es bislang nur sehr spärliche Nachweise gab. So war das Kärntner Spatenmoos, bisher nur mit einem einzigen Nachweis in Bayern bekannt. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) hat nun erfahrene Mooskundler beauftragt, nach diesem Moos zu suchen. Beeindruckendes Ergebnis: 15 weitere Vorkommen konnten die Experten im bayerischen Alpenraum identifizieren. Auch bei zwei weiteren Moosarten, dem Rudolphis Trompetenmoos und dem Grünen Koboldmoos konnte mehr Licht in die bisher weitgehend unbekannte Verbreitung im Bayerischen Alpenraum gebracht werden.

Ein abgebrochener Fichtenstamm in einem kleinen Wasserfall bei Bayrischzell war der bisher einzige bekannte bayerische Fundort des Kärntner Spatenmooses. Der Name des Mooses verweist auf den Ort seiner Erstbeschreibung in Kärnten und auf die Form der becherartigen Hülle um das männliche Fortpflanzungsorgan des Mooses.

Die 15 Funde erstrecken sich nun über den gesamten bayerischen Alpenraum vom Allgäu bis ins Berchtesgadener Land. Speziell das Rappenalptal bei Oberstdorf scheinen für das Kärntner Spatenmoos besonders geeignet zu sein. Hier konnten gleich mehrere Vorkommen dokumentiert werden.

Ganz anders sieht es beim Rudolphis Trompetenmoos aus: Vor einigen Jahren war diese Art noch mit zumindest einem Vorkommen im Allgäu vorhanden, gilt dort aber aktuell trotz gut geeigneter Lebensräume nach intensiver Suche als regional verschollen. Jedoch konnten nunmehr im gesamten restlichen bayerischen Alpenraum Nachweise, der bisher nur punktuell bestätigten Art dokumentiert werden. Rudolphis Trompetenmoos ist nach seinen trompetenartig in die Höhe stehenden Sporeneinheiten und seinem Entdecker – Karl Asmund Rudolphi – benannt.

Auch zur Verbreitung des Grünen Koboldmooses in den Bayerischen Alpen konnte die LWF ihre Kenntnisse deutlich erweitern. Mit seiner Sporenkapsel, die der Zipfelmütze eines kleinen Koboldes gleicht und die von Jahr zu Jahr plötzlich und nur kurzzeitig an neuen Orten auftaucht, macht das Grüne Koboldmoos seinem Namen alle Ehre. Bis vor Kurzem nur sehr verstreut nachgewiesen, können die Mooskundler hier nun von einer fast flächigen Verbreitung ausgehen.

„Die neuen Erkenntnisse sind wichtiges Puzzleteile für die Verbreitung dieser Moose in den nördlichen Alpen“, zeigt sich Dr. Peter Pröbstle, Präsident der LWF von den Ergebnissen der Kartierung begeistert.

Dabei wird auch die besondere Verantwortung Bayerns deutlich, diese europaweit bedeutenden Vorkommen dieser Moose zu kennen und zu schützen.

Das Grüne Koboldmoos. Barbara Niederbacher. LWF

Die drei sehr seltenen Moosarten haben sehr eigentümliche Ansprüche an ihren Lebensraum: das Grüne Koboldmoos oder das Kärntner Spatenmoos fühlen sich ganz besonders auf Totholz wohl. Rudolphis Trompetenmoos hingegen benötigt lebende Bäume mit ausladender Krone innerhalb mosaikartiger, halboffener Landschaften, wie sie zum Beispiel Bergahornweiden bieten.

Dort nämlich finden Eulen ein perfektes Jagdhabitat und nutzen große Äste als Ansitzwarten, wo sie ihren Kot hinterlassen. Und genau darauf wartet Rudolphis Trompetenmoos, das zu den Dungmoosen zählt und die nährstoffreichen, kurzlebigen Hinterlassenschaften als Substrat benötigt.

Diese speziellen Ansprüche lassen den beschriebenen Moosen eine ökologische Schlüsselrolle zukommen: Als sogenannte Schirmarten zeigen sie uns an, ob deren Ökosystem intakt ist: geht es ihnen gut, so können die Forscher davon ausgehen, dass sich ihr Lebensraum und somit auch die anderen darin vorkommenden Pflanzen- und Tierarten ebenfalls in einem guten Zustand befinden.

Kein Wunder also, dass die beschriebenen anspruchsvollen Moose im Anhang 2 der FFH-Richtlinie gelistet sind. Für diese Arten müssen spezielle Schutzgebiete ausgewiesen werden und ihr ökologischer Zustand wird regelmäßig an die EU berichtet. Die erhöhte Aufmerksamkeit, die diesen Arten dadurch widerfährt, und die neuesten Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen zeigen uns: Nicht nur im fernen tropischen Regenwald oder in der Tiefsee gibt es noch allerhand Unbekanntes. Auch in den Lebensräumen direkt vor unserer Haustür verbergen sich noch viele Geheimnisse, die gelüftet werden können.