Beunruhigende Ergebnisse der Arktisforschung

Die globale Erwärmung trägt zum Auftauen des Permafrostbodens in der Arktis bei. Foto: Örjan Gustafsson

Die Arktis, eine der empfindlichsten Klimazonen der Welt, unterliegt einem raschen Wandel, der weitere Bedenken hinsichtlich ihrer künftigen Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf aufkommen lässt. Eine neue Bewertung des arktischen Kohlenstoffkreislaufs und zeigt auf, wie steigende Temperaturen die Fähigkeit der Region, Kohlenstoff zu binden, schwächen können. Die Studie, die von einem internationalen Team von Wissenschaftlern geleitet wurde bewertet die derzeitige Rolle der Arktis als Nettokohlenstoffsenke.

Eine Nettokohlenstoffsenke ist ein Ökosystem oder ein Prozess, der mehr Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre aufnimmt, als er abgibt. Dies bedeutet, dass die Menge an Kohlenstoff, die in einem bestimmten Zeitraum gespeichert wird, größer ist als die Menge, die freigesetzt wird. Nettokohlenstoffsenken sind entscheidend für die Bekämpfung des Klimawandels, da sie dazu beitragen, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu reduzieren.

Gegenwärtig tragen die ozeanische CO₂-Aufnahme (127 ± 36 Tg C Jahr-¹) und die Einlagerung von organischem Kohlenstoff in Schelfmeersedimenten (112 ± 41 Tg C Jahr-¹) zu dieser Senkenfunktion bei. Einige Schätzungen deuten jedoch darauf hin, dass dieses Gleichgewicht aufgrund von Schwankungen bei den terrestrischen Emissionen aus Binnengewässern, Unsicherheiten in Bezug auf die Methanfreisetzung – insbesondere aus marinen und unterseeischen Quellen – sowie aufgrund von Störungsereignissen, die den gesamten Treibhausgashaushalt der Region komplexer machen, instabil ist.

Die arktische Landschaft verändert sich

Die Arktis erwärmt sich fast viermal so schnell wie der globale Durchschnitt, was zum Auftauen des Permafrosts, zu verstärkter Küstenerosion und zum verstärkten Abfluss von organischem Kohlenstoff durch die Flüsse führt. Während die Begrünung der Arktis – angeregt durch längere Vegetationsperioden – zur Kohlenstoffaufnahme beitragen kann, werden diese Gewinne durch steigende Bodenatmung, zunehmende Methanemissionen aus Binnengewässern und Störungen wie Waldbrände wieder ausgeglichen.

„Sowohl die Land- als auch die Wassermassen in der Arktis speichern erhebliche Mengen an Kohlenstoff“, sagt Jorien Vonk von der Universität Amsterdam. „Wenn man dazu noch eine starke Erwärmung hinzufügt, kann man sich vorstellen, dass sich dies zunehmend auf die Bestände, Flüsse und Zyklen von Kohlenstoff auswirken wird, mit möglichen Folgen für die Ökosysteme und unser globales Klima.“

Erosion, Emissionen und unsichere Prognosen

Die Studie quantifiziert die riesigen Kohlenstoffreserven in arktischen Böden und Meeressedimenten. Allein die terrestrischen Böden enthalten 877 ± 16 Pg Kohlenstoff – mehr als ein Viertel des gesamten Bodenkohlenstoffs der Welt -, während die Oberflächensedimente des Arktischen Ozeans weitere 82 ± 35 Pg enthalten. Darüber hinaus sind in dem weitgehend unerforschten unterseeischen Permafrostsystem riesige Mengen Methan eingeschlossen.

Mit der zunehmenden Erwärmung und dem Auftauen des Permafrosts – insbesondere in eisreichen und unterseeischen Permafrostgebieten – sind diese Kohlenstoffspeicher zunehmend anfällig für eine Freisetzung. Extremereignisse wie sturmbedingte Küstenerosion und kollabierende Methanhydrate verstärken die Unsicherheit in den Prognosen für den arktischen Kohlenstoffkreislauf noch weiter. Diese nichtlinearen Prozesse können zuvor stabile Kohlenstoffspeicher schnell in die Atmosphäre oder den Ozean mobilisieren, was möglicherweise tiefgreifende Auswirkungen auf das Klima hat.

„Der unterseeische Permafrost taut zehnmal schneller auf als der Permafrost an Land“, erklärt Örjan Gustafsson von der Universität Stockholm. „Die Vorhersage der zunehmenden Freisetzung von Methan aus dem auftauenden Permafrostboden und den flachen Hydraten ist eine große Herausforderung.

Globale Aufmerksamkeit erforderlich

Der Bericht unterstreicht die Notwendigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit, um kritische Wissenslücken im arktischen Kohlenstofffluss zu schließen. Unterseeische Schelfregionen, kleine Einzugsgebiete und terrestrisch-marine Transferzonen sind in den Kohlenstoffbewertungen nach wie vor unterrepräsentiert, was die Genauigkeit der Klimaprojektionen einschränkt.

Da die globale Klimapolitik zunehmend auf Kohlenstoffbudgets und Emissionsreduzierungen setzt, ist das Verständnis der sich entwickelnden Kohlenstoffdynamik in der Arktis von entscheidender Bedeutung. Wenn die Funktion der Arktis als Kohlenstoffsenke weiter nachlässt, besteht die Gefahr, dass sie sich zu einer Netto-Emissionsquelle entwickelt – was die globale Erwärmung weiter beschleunigt und die internationalen Klimaziele erschwert.

„Die Arktis speichert im Vergleich zu anderen Regionen der Erde eine unverhältnismäßig große Menge an Kohlenstoff, was sie für die Zukunft unseres Planeten sehr wichtig macht“, sagt Vonk. „Darüber hinaus finde ich persönlich die Arktis einen fantastischen Ort, um dort zu sein. Die Tierwelt, die Wildnis, die Abgeschiedenheit und die wunderbaren Menschen machen sie zu einer Region, deren Erhalt uns allen am Herzen liegen sollte.“