Ein Blick ins Klimaarchiv

Mächtige Basaltgesteinsabfolgen der westindische Dekkan Trapp-Vulkangesteine. Blair Schoene, Princeton University

Ein internationales Wissenschaftsteam hat wichtige geologische Klimaarchive aus dem Atlantik und Pazifik genauer als je zuvor synchronisiert. So konnten die Forschenden die zeitliche Abfolge der Ereignisse während der letzten Millionen Jahre vor dem Aussterben der Dinosaurier an der Kreide-Paläogen-Grenze entschlüsseln. Die geochemischen Daten geben zum ersten Mal preis, wann und wie zwei große vulkanische Eruptionsphasen, so genannte Flutbasaltereignisse, einen Einfluss auf Klima und Lebewelt im späten Maastricht vor 66 bis 67 Millionen Jahren hatten. 

Auf zehntausende bis Millionen Jahre gesehen wird die Klimadynamik auf der Erdoberfläche durch externe und interne Prozesse bestimmt. Aus dem Erdinneren kommen sowohl Wärme als auch Gas durch Vulkanausbrüche an die Erdoberfläche. Von außen steuern quasiperiodische Änderungen der Erdumlaufbahn die Wärmemenge und ihre Verteilung entlang der Längengrade, die von der Sonne kommen.

Diese als Milanković-Zyklen bekannten Schwankungen bestimmen Dauer und Intensität von Jahreszeiten auf der Erdoberfläche. Es ist die Interaktion beider Prozesse, verwoben durch komplexe geochemische Wechselwirkungen, die das Klima auf der Erdoberfläche unseres Planeten formen und regulieren.

„Wir nutzen die rhythmischen Änderungen in der Sonneneinstrahlung, die in geologischen Daten aufgezeichnet sind, wie ein Metronom, um die Klimaarchive zu synchronisieren, also in der zeitlichen Abfolge zu parallelisieren. In unseren Fall sind das Bohrkerne von Meeresbodenablagerungen aus dem Südatlantik und dem Nordwestpazifik. Die Klimaarchive in der Studie umfassen die letzten Millionen Jahre der Kreidezeit und sind nun durch unsere Arbeiten mit einer Genauigkeit von etwa 5.000 Jahren und weniger miteinander synchronisiert. Geologisch gesehen ist das nur ein Augenzwinkern, extrem genau für Ablagerungen die vor 66 Millionen Jahren entstanden sind“, sagt Erstautor Thomas Westerhold vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften an der Universität Bremen. Um Ursache und Wirkung in der Erdgeschichte zwischen verschiedenen Regionen zu entziffern, ist diese Synchronisation essentiell. „Als wir die geologischen Archive perfekt datiert hatten, konnten wir sehen, dass zwei große Klima- und Lebeweltänderungen zeitgleich in beiden Ozeanen stattfanden. Nun mussten wir aber einen Weg finden zu prüfen, ob diese Änderungen überhaupt im Zusammenhang mit den Dekkan Trapps in Indien stehen, das sind Zeugen langanhaltender und großflächiger Vulkaneruptionen“, sagt Westerhold.

Die bis zu zwei Kilometer mächtigen Basaltgesteine der Dekkan Trapps bedecken große Areale Westindiens. Dieser umfangreiche Vulkanismus hat ganze Landstriche überflutet und wird von Geowissenschaftlern als „Large Igneous Province“, als Große Magmatische Provinz bezeichnet. In der Erdgeschichte haben diese schon mehrfach Massenaussterbeereignisse auf der Oberfläche der Erde verursacht. Die Freisetzung von vulkanischen Gasen wie Kohlenstoff und Schwefeldioxid während der Bildung von Flutbasalt hat dabei vermutlich eine wesentliche Rolle gespielt, wissen Forschende jetzt.

„Die Bildung von Flutbasalten und deren anschließende Verwitterung hinterlassen einen Fingerabdruck in der Chemie der Ozeane. Deshalb haben wir uns die Osmium-Isotopen-Zusammensetzung in den südatlantischen und nordwestpazifischen Ablagerungen angeschaut. Diese sollten denselben Osmium Fingerabdruck zur selben Zeit aufweisen“, sagt Koautor Junichiro Kuroda (Universität Tokio, Japan), der die geochemischen Analysen durchgeführt hat.

„Zu unserer Überraschung haben wir zwei Stufen in der Osmium-Isotopen-Zusammensetzung in beiden Ozeanen gefunden, die nicht nur zeitgleich in beiden Ozeanen, sondern auch zeitgleich mit Haupteruptionsphasen der Dekkan Trapp-Basalte in der Oberkreide sind. Aber noch überraschender war, dass die zwei Stufen unterschiedliche Auswirkungen auf die Umwelt hatten, belegt durch Fossilreste in den Bohrkernen“, sagt Thomas Westerhold.

Die neuen Daten seien zunächst schwer zu verstehen gewesen. Aber eine geochemische Modellierung habe geholfen, ihre Geheimnisse zu lüften.

„Zum Einen muss die Menge an Flutbasalt in der frühen Phase des Dekkan Trapp-Vulkanismus größer gewesen sein als bisher angenommen. Zum anderen zeigen die Daten und Modellierungen, dass die Flutbasaltausbrüche vermutlich verschiedene Phasen durchlaufen haben, bei denen es zu unterschiedlich starken Kohlenstoff- und Schwefeldioxid-Emissionen kam. Die haben dann unterschiedliche Effekte auf das globale Klimasystem und die Organismen“, sagt Don Penman (Utah State University, USA), verantwortlich für die geochemische Modellierung.

Nach den neuen Entdeckungen scheint es plausibel, dass zu Beginn des Dekkan Trapp-Vulkanismus, der unabhängig von der Studie auf ein Alter von 66.288 Millionen Jahre durch radioisotopen Altersdatierungen ausgewiesen wurde, ein initialer Puls mit schwefelreichen Eruptionen das Ökosystem lokal und vielleicht sogar global gestresst hat.