
Klimabelastung durch Gütertransport: Zwischen 2010 und 2018 war der Transportsektor für rund 14 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Expertinnen und Experten suchen daher nach alternativen, klimafreundlicheren Lösungen – nicht nur beim Transport auf der Straße, sondern auch im Schiffsverkehr, wo der Einsatz von Batterien als Energiequelle bislang nur schwer möglich ist.
Eine vielversprechende, aber noch wenig erforschte Lösung sind kleine, autonom fahrende wasserstoffbetriebene Boote, die den Transport per Lastkraftwagen teilweise ersetzen können. Ein Forschungsteam um den Wirtschaftschemiker Prof. Dr. Stephan von Delft von der Universität Münster hat diese Lücke nun geschlossen: Es hat erstmals ein solches Boot mathematisch modelliert und eine Lebenszyklus- und Kostenanalyse durchgeführt.
„Unsere Berechnungen zeigen, in welchen Szenarien wasserstoffbetriebene Boote im Vergleich zu etablierten Transportlösungen nicht nur nachhaltiger, sondern auch wirtschaftlicher sind“, unterstreicht Stephan von Delft. „Sie sind daher relevant für Politik und Industrie.“
Auf Basis des mathematischen Modells berechneten die Forscher, wie hoch die Emissionen und Gesamtkosten pro gefahrenem Kilometer sind. Sie unterschieden dabei zwischen günstigem „grauen“ Wasserstoff, der über sogenannte Dampfreformierung aus fossilen Energien erzeugt wird, und dem emissionsarmen, aber dafür teureren „grünen“ Wasserstoff, der mittels Wasserelektrolyse aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.
Diese Ergebnisse verglichen sie mit den Gesamtkosten von diesel-, wasserstoff- und batteriebetriebener Lkw. Die Ergebnisse zeigen, dass das mit grünem Wasserstoff betriebene Boot ab Entfernungen von 576 Kilometern günstiger als Diesel-Lkw und ab 624 Kilometern günstiger als batterie- oder wasserstoffbetriebene Lkw ist.
Demnach könnte ein solches Boot die kostenoptimale Lösung für einen Transport von Gütern über Entfernungen von mehr als 624 Kilometern sein. Hochgerechnet auf den gesamten Straßentransportmarkt, haben autonom fahrende, wasserstoffbetriebene Boote das Potenzial, gut 18 Prozent des Marktes (ca. 350 Milliarden Tonnenkilometer) kostengünstiger zu bedienen als der Transport mit Lastkraftwagen.
Die von dem Team untersuchten Boote sind so groß, dass sie genau einen Standardcontainer transportieren können. Damit können sie keine Containerschiffe auf offener See ersetzen. Doktorand Simon Schlehuber weist jedoch darauf hin, dass sie in der Binnenschifffahrt eine interessante Alternative sind, vor allem im Vergleich zu Lkw, die ebenfalls genau einen Container transportieren. Zudem könnten die Boote durch ihren geringen Tiefgang das schiffbare Flussnetzwerk erweitern und vor allem in Zeiten niedrigen Wasserstandes den Schiffsbetrieb aufrecht halten.
„Letzteres ist vor dem Hintergrund des Klimawandels ein wichtiger Pluspunkt“, betont Simon Schlehuber.