
Wälder sind neben den Ozeanen eine der wichtigsten Kohlenstoffsenken, indem Kohlenstoff im Boden und in der Biomasse der Bäume gespeichert wird. Um zu ermitteln, welche Baumarten am meisten Kohlenstoff binden, hat ein internationales Forschungskonsortium, darunter Forschende vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, der Universität Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, untersucht, welche Merkmale oder funktionellen Eigenschaften das Wachstum und damit die CO2-Sequestrierung in der Biomasse von Bäumen begünstigen.
„Diese globale Synthese stellt bestehende Paradigmen infrage und liefert neue Erkenntnisse über die Dynamik des Baumwachstums unter verschiedenen Umweltbedingungen“, sagt Prof. Nico Eisenhauer, Mitautor, Forschungsgruppenleiter bei iDiv und Professor an der Universität Leipzig.
Die Studie untersuchte das Wachstum von 223 Baumarten, die in 160 Wäldern auf der ganzen Welt gepflanzt wurden, darunter Länder wie Brasilien, Kamerun, Äthiopien, Deutschland und die Vereinigten Staaten. Alle wichtigen Waldbiome – große Gemeinschaften von Pflanzen und Tieren die durch Klima und Region definiert sind – waren vertreten: Tundren, Wüsten, Savannen, gemäßigte Wälder, tropische Wälder, boreale Wälder, Graslandschaften und das mediterrane Biom.
Frühere Untersuchungen unter kontrollierten Bedingungen, wie z.B. in Gewächshäusern, hatten gezeigt, dass Arten, die in der Lage sind, Ressourcen wie Licht, Wasser und Nährstoffe effizient aufzunehmen, im Allgemeinen schnell wachsen. Diese Baumarten, zu denen die Rotbuche (Fagus sylvatica), die Esche (Fraxinus excelsior), die Traubeneiche (Quercus petraea), und die Vogelbeere (Sorbus aucuparia) gehören, können die vorhandenen Ressourcen maximal nutzen.
Das verdanken sie Eigenschaften wie einer spezifischen Blattfläche, die vorteilhaft für die Aufnahme von Sonnenlicht und CO2 ist, sowie eine spezifische Wurzellänge, die beispielsweise die Aufnahme von Bodenwasser und Nährstoffen verbessert. Dank dieser Eigenschaften können die genannten Baumarten Biomasse besonders gut umwandeln.
Andererseits wurde angenommen, dass Baumarten, die ihre vorhandenen Ressourcen eher konservieren, und weniger externe Ressourcen aufnehmen, sogenannte konservative Arten, langsamer wachsen. Beispiele für solche Baumarten sind Nadelbäume wie z.B. die Lärche (Larix decidua) und die Fichte (Picea abies), aber auch Laubbäume wie z.B. die Erle (Alnus glutinosa) oder die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum).
Die Forscherinnen und Forscher zeigten jedoch, dass diese konservativen Arten unter realen Bedingungen in borealen und gemäßigten Wäldern im Allgemeinen schneller wachsen als akquisitive Arten. Diese Erkenntnis kann damit erklärt werden, dass sich diese Wälder vorrangig in Gebieten mit ungünstigen Wachstumsbedingungen befinden, die sich durch eine geringe Bodenfruchtbarkeit und kalte oder trockene Klimata auszeichnen.
Dies gibt konservativen Arten einen Vorteil, da sie besser mit Stress und begrenzten Ressourcen umgehen können. In tropischen Regenwäldern, wo das Klima potenziell günstiger für das Pflanzenwachstum ist, zeigen beide Baumarten im Durchschnitt keine Unterschiede.
Lokales Klima und Boden: Schlüsselfaktoren für die Auswahl der Baumarten
Neben diesen allgemeinen Trends beleuchten die Forscherinnen und Forscher auch den Einfluss lokaler Bedingungen. Demzufolge sei es entscheidend, sicherzustellen, dass die Arten an ihre lokale Umgebung angepasst sind. In günstigen Klimaten und fruchtbaren Böden könnten akquisitive Arten schneller wachsen und daher mehr Kohlenstoff binden als konservative Arten. In ungünstigen Klimaten und armen Böden hingegen haben konservative Arten das größte Potenzial, Kohlenstoff in der Biomasse zu speichern.
„Wenn immer bevorzugt schnellwachsende Bäume gepflanzt werden, ist es wahrscheinlich, dass der Lebensraum für diese Arten suboptimal ist und das Ziel – schnelles Wachstum und hohe Kohlenstoffbindung – nicht erreicht wird“, sagt iDiv-Mitglied Dr. Harald Auge, Mitautor und Forschungsgruppenleiter am UFZ.
Er fügt hinzu: „Ressourcennutzung und die Wachstumsstrategie sollten jedoch nur ein Kriterium für die Auswahl geeigneter Baumarten sein. Die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel, die Herkunft der Baumarten und auch ihre Vielfalt sind weitere Auswahlkriterien.“
Die neue Studie bietet ein weiteres Werkzeug, wie der Klimawandel auch mithilfe eines sinnvollen Forstmanagements bekämpft werden kann.