Gefährlich sinkende CO₂-Speicherung der Wälder

Wälder unter Druck: Steigende Temperaturen, Waldbrände und Abholzung gefährden die Stabilität natürlicher Kohlenstoffsenken. Ein Aufschub beim Waldschutz könnte die Kosten, die Klimaziele zu erreichen, drastisch erhöhen. Foto: Unsplash / roya ann miller

Bisher haben Wälder jedes Jahr rund 7,8 Milliarden Tonnen CO₂ aufgenommen – etwa ein Fünftel der menschengemachten Emissionen. Doch ihre Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern, ist zunehmend durch den Klimawandel und menschliche Eingriffe wie Abholzung gefährdet. Eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) zeigt, dass Klimastrategien die möglicherweise abnehmende Fähigkeit der Wälder CO₂ zu binden berücksichtigen müssen. Andernfalls könnte das Erreichen der Pariser Klimaziele erheblich schwieriger, wenn nicht unmöglich werden – und deutlich teurer.

„Wer Klimaschutz auf die lange Bank schiebt, muss mit unverhältnismäßig höheren Kosten rechnen“, erklärt Michael Windisch, Hauptautor der in Nature Communications veröffentlichten Studie und Gastwissenschaftler am PIK. „Derzeit setzen unsere Klimastrategien darauf, dass Wälder nicht nur erhalten bleiben, sondern ihre Fläche sogar zunimmt“, so Windisch. „Doch angesichts von immer mehr Waldbränden wie in Kalifornien und der anhaltenden Abholzung im Amazonasgebiet ist das ein riskantes Spiel. Zudem gefährdet der Klimawandel selbst die enormen Kohlenstoffspeicher der Wälder.“

Laut der Studie könnte es die Klimaziele gefährden, wenn Maßnahmen zur Emissionsreduzierung sowie zum Schutz und zur Überwachung der Wälder hinausgezögert werden. „Wir müssen frühzeitig handeln, damit der in den Wäldern gespeicherte Kohlenstoff dort verbleibt“, betont Windisch. „Sonst wird es immer teurer – und möglicherweise unmöglich –, den Verlust durch noch stärkere Emissionssenkungen in Bereichen wie Energie, Industrie und Verkehr auszugleichen.“

Rückgang der CO₂-Speicherung in Wäldern in Klimaschutzstrategien einbeziehen 

In der Studie untersuchten die Forschenden, wie die Klimaziele erreicht werden können, wenn Wälder weniger CO₂ speichern als bisher. Dafür nutzten sie das Modellierungssystem REMIND-MAgPIE, das globale Land- und Wassernutzung mit Energie- und Wirtschaftssimulationen kombiniert, sowie das globale Vegetationsmodell LPJmL. Sie analysierten, wie natürliche Störungen und menschliche Eingriffe in Wälder die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen beeinflussen. Das Forschungsteam verglich eine vorausschauende Klimapolitik mit verschiedenen verzögerten und wenig nachhaltigen Strategien.

Unabhängig vom Ausmaß des Waldschadens zeigt die Studie, wie hoch die Kosten des Nichtstuns ausfallen können. Schon eine Verzögerung von fünf Jahren würde die erforderlichen Maßnahmen zur Kompensation des verlorenen Kohlenstoffs deutlich verschärfen und die Kosten etwa verdoppeln. Die Emissionen im Energiesektor müssten deutlich schneller sinken, begleitet von einer fast verdoppelten Kapazität für negative Emissionen – was wiederum mehr Land beanspruchen würde, so die Autoren. Am Ende würden die Gesamtkosten erheblich ansteigen, und die Wirtschaft fast doppelt so stark betroffen sein wie bei sofortigem Handeln.

Die Studie zeigt außerdem, dass aktuelle Modelle möglicherweise zu optimistisch sind, was die zukünftige CO₂-Speicherung in Wäldern angeht. Sie berücksichtigen Störungen nicht ausreichend, überschätzen den Düngeeffekt von CO₂ und unterschätzen die Abholzung. Schnelles Handeln sei den Forschenden zufolge nötig, um Klimafolgen abzumildern, Kohlenstoffspeicher zu sichern und steigende Kosten zu vermeiden.

„Wälder sind keine unerschöpfliche Ressource. Es ist wichtig, frühzeitig zu erkennen, wenn ihre Speicherfähigkeit nachlässt“, erklärt Florian Humpenöder, PIK-Wissenschaftler und Mitautor der Studie.

Er betont zudem die Notwendigkeit eines stärkeren Waldschutzes und einer schnelleren Dekarbonisierung. Da Wälder möglicherweise weniger CO₂ speichern als erwartet, sind realistische Prognosen zur Kohlenstoffspeicherung unerlässlich.

„Es reicht nicht, einfach zu hoffen, dass Wälder intakt bleiben, wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen“, ergänzt Alexander Popp, Leiter des PIK-Labs für Landnutzungswandel und Studienautor. „Neben dem Schutz der Wälder ist eine nachhaltige Landnutzung entscheidend – nicht nur, um die Biodiversität zu erhalten, sondern auch, um massive wirtschaftliche Schäden zu vermeiden und eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“