
Welche Auswirkungen auf das Klima haben Finanzierungen und Investitionen – und zwar unter Berücksichtigung der Unsicherheiten, die bei solchen Prognosen unvermeidbar sind? Diese Fragen beantwortet eine neue Methodik, die Prof. Dr. Martin Simon, Professor für Data Science an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), gemeinsam mit Forschungspartnern entwickelt hat.
Im Rahmen eines Pilotprojekts hat die Europäische Bankenaufsicht das sogenannte X-Degree Compatibility Modell kürzlich bereits erfolgreich eingesetzt, nun wurde Simon von der französischen Zentralbank (Banque de France) eingeladen, den neuartigen Ansatz im Rahmen der Veranstaltung „Climate finance, risk and uncertainty modelling“ vorzustellen. Das Forum wird von der Banque de France und der École Polytechnique organisiert und zählt zu den international führenden Veranstaltungen im Bereich nachhaltiger Finanzmärkte und Klimarisikomanagement.
Einfluss von Finanzportfolios auf die Erderwärmung
Die neue Methodik dient der Temperaturausrichtung („Temperature Alignment“) von Finanzportfolios – sie hilft also dabei, Investitionen so zu gestalten, dass sie die Erderwärmung möglichst nicht vorantreiben, sondern die Klimatransition unterstützen.
„Einzelne Geldanlagen scheinen auf den ersten Blick keinen Einfluss auf das Weltklima zu haben. Aber so, wie in einem Kilo Sand jedes Sandkorn zum Gewicht beiträgt, bleibt keine Investition folgenlos. Finanzströme haben die Macht, dem Klima zu schaden oder es zu schützen“, erklärt Simon.
„Unser Verfahren legt offen, um wie viel Grad Celsius sich die Erde erwärmen würde, wenn die gesamte Welt dieselbe Klima-Performance aufweisen würde wie die betreffende Geldanlage.“
Pilotprojekt der Europäischen Bankenaufsicht
Bei der Ausarbeitung des Ansatzes arbeitete Simon eng mit finnischen Forschenden um Prof. Dr. Heikki Haario von der Lappeenranta-Lahti University of Technology sowie mit dem Frankfurter Softwareunternehmen right° zusammen. Das Unternehmen hat bereits vor einigen Jahren das heute etablierte X-Degree Compatibility (XDC)-Modell entworfen, auf dem auch die neue Methodik aufbaut.
„Unser Verfahren quantifiziert erstmals systematisch alle relevanten Unsicherheiten – etwa in Bezug auf Emissionsdaten und Szenarien – und ermöglicht damit präzisere, transparentere und gleichzeitig rechenzeiteffiziente Bewertungen der Klimaausrichtung“, erläutert Mathematiker Simon.
„Von besonderer Bedeutung ist die Methodik für Banken mit Engagements in emissionsintensiven Sektoren wie etwa Energieversorgung oder Verkehr. Handels- und Risikoabteilungen von Finanzinstituten können Kreditportfolios damit wissenschaftlich basiert und im Einklang mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens steuern.“