Klimawandel gefährdet Millionen durch infektionsverursachende Pilze

Aufnahme: University of Manchester

Schon lange wird ein Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem Wachstum sowie der Verbreitung atemwegsgefährlicher Pilze festgestellt. Der Klimawandel beeinflusst die Umweltbedingungen, was wiederum das Verhalten und die Verbreitung von Pilzarten, insbesondere schimmel- und pilzsporenbildenden Arten, verändert. Höhere Temperaturen begünstigen das Wachstum bestimmter Pilzarten, die bisher in kühleren Regionen weniger vorkamen. Das führt dazu, dass diese Pilze sich in neuen Gebieten ausbreiten. Pilze sind unglaublich anpassungsfähige Organismen mit großen, anpassungsfähigen Genomen, die es ihnen ermöglichen, neue Gebiete zu besiedeln und zu überleben, wenn sich ihre Umwelt verändert.

Darüber hinaus sorgen wärme Temperaturen dafür, dass sich die Wachstumszeiten für Pilze schlicht verlängern, was zu einer erhöhten Sporenproduktion führt. Forscher der Universität Manchester haben entsprechend für die kommenden Jahre ein erhöhtes Infektionsrisiko durch Pilze vorausgesagt, einschließlich einer erheblichen Ausbreitung einiger Pilzerreger in Europa, deren Ausmaß von den weltweiten Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels abhängt.

Neuartige Projektionen zeigen, bei unbegrenzter Weiterverschmutzung des Planeten,  eine erhebliche Ausbreitung bestimmter Pilzerreger in Europa erleben werden. Bei diesem Szenario könnte die Ausbreitung von Aspergillus flavus beispielsweise um etwa 16 % zunehmen, wodurch 1 Million mehr Menschen in Europa dem Risiko einer Infektion ausgesetzt wären. Die Infektionen betreffen das Atmungssystem. Dieser Pilz infiziert darüber hinaus auch noch eine breite Palette von landwirtschaftlichen Nutzpflanzen.

Die Vorhersagen aus Manchester zeigen weiter, dass die Ausbreitung eines anderen Pilzes, Aspergillus fumigatus, könnte um fast 80 Prozent zunehmen und möglicherweise 9 Millionen Menschen in Europa gefährden könnte. Dieser Trend ist besonders besorgniserregend, da  es heute weltweit an Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten für Pilzinfektionen mangelt.

Dr. Norman van Rhijn von der Universität Manchester stellt fest: „Veränderungen der Umweltfaktoren, wie Feuchtigkeit und extreme Wetterereignisse, werden die Lebensräume verändern und die Anpassung und Ausbreitung von Pilzen vorantreiben. Wir haben bereits das Auftreten des Pilzes Candida auris aufgrund steigender Temperaturen beobachtet, aber bisher hatten wir nur wenige Informationen darüber, wie andere Pilze auf diese Umweltveränderungen reagieren könnten.

Dies sei, so der Wissenschaftler weiter, ein besonders besorgniserregender Trend, da viele Pilzinfektionen eine hohe Sterblichkeitsrate aufweisen, was zum Teil auf den Mangel an Diagnosen, Impfstoffen und Behandlungsmöglichkeiten sowie auf das fehlende Bewusstsein für Pilzinfektionen zurückzuführen ist. Da Pilze dem Menschen ähnlicher sind als andere Krankheitserreger, ist es zudem schwierig, Behandlungen gegen Pilze ohne toxische Nebenwirkungen zu entwickeln. Die Vorhersagen zeigten auch, dass die Verbreitung von Aspergillus fumigatus um 77,5 Prozent zunehmen und 9 Millionen Menschen in Europa gefährden könnte. Aspergillus fumigatus ist einer der häufigsten Pilzerreger, der für lebensbedrohliche Infektionen beim Menschen verantwortlich ist und die Lunge befällt.

Während der globale Temperaturanstieg die Ausbreitung von Pilzen in Europa fördern wird, könnten die Temperaturen in Afrika so hoch werden, dass einige Pilze auf dem Kontinent nicht überleben können. Pilze sind ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Ökosystems, da sie pflanzliche und tierische Stoffe zersetzen und so dem Boden wieder Nährstoffe zuführen. Außerdem tragen sie zum Kohlenstoffkreislauf bei, der das globale Klima und die Temperaturen reguliert.

Viv Goosens, Forschungsleiterin, konstatiert: „Pilzliche Krankheitserreger stellen eine ernsthafte Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar, da sie Infektionen verursachen und die Lebensmittelsysteme stören. Der Klimawandel wird diese Risiken noch verstärken. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, müssen wir wichtige Forschungslücken schließen. Indem wir Modelle und Karten nutzen, um die Ausbreitung von Pilzen zu verfolgen, können wir unsere Ressourcen besser steuern und uns auf die Zukunft vorbereiten.“

Trotz dieser zunehmenden Bedrohung erhalten Pilzinfektionen nur wenig Aufmerksamkeit und Ressourcen. Weniger als 10 % der schätzungsweise 1,5 bis 3,8 Millionen Arten sind beschrieben, und nur bei einem winzigen Bruchteil wurde das Genom sequenziert. Wellcome stellt im nächsten Jahr über 50 Mio. £ für die Pilzforschung zur Verfügung.