Treibhausgas aus Industrieemissionen effizient abfangen

Künstlerische Darstellung des CO2-Einfangs aus einem mit Feuchtigkeit beladenen Gasstrom mittels CALF-20, einem metallorganischen Gerüst auf Zinkbasis. B. Schröder/HZDR

Da die Industrie nach innovativen Lösungen für die Abscheidung und Lagerung von CO2 sucht, werden neue Materialien benötigt, die das Treibhausgas aus Industrieemissionen effizient abfangen und speichern können. Eine aktuelle Studie eines Forschungsteams des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der TU Dresden (TUD) und der Maria-Curie-Skłodowska-Universität in Lublin (Polen) beleuchtet die Gasadsorptionsphysik des sogenannten Calgary Framework 20 (CALF-20), eines metallorganischen Gerüsts (MOF) auf Zinkbasis. Die Arbeit zeigt, wie CALF-20 effizient CO2 einfängt und gleichzeitig Störeffekten durch Wasser widersteht – ein häufiges Problem bei Materialien zur CO2-Abscheidung.

CO2-Abscheidungstechnologien sind auf Materialien angewiesen, die das Treibhausgas selektiv aus Gasströmen herausfiltern und gleichzeitig den dafür nötigen Energieaufwand minimieren können. Herkömmliche Adsorptionsmittel wie Aktivkohle und Zeolithe haben oft einen hohen Energiebedarf oder eine schlechte Selektivität in feuchten Umgebungen. Im Gegensatz dazu zeichnet sich CALF-20 durch seine hohe CO2-Aufnahmefähigkeit sowie eine geringe Adsorptions- und Regenerationswärme aus.

Das Material behält eine hohe Selektivität bei, indem es auch unter mäßig feuchten Bedingungen bevorzugt CO2 gegenüber Wasser adsorbiert. CALF-20 fängt CO2 effektiver ein und absorbiert unter solchen Bedingungen weniger Wasser als andere untersuchte ähnliche Verbindungen. MOFs sind hochporös und bestehen aus Metall-Sauerstoff-Clustern, die durch Säulen aus organischen Chemikalien strukturiert verbunden sind. Diese dreidimensionale Anordnung führt zu Netzwerken von Hohlräumen, die an die Poren eines Küchenschwamms erinnern.

„In dieser Studie haben wir mit einem vielschichtigen Ansatz das CO2-Adsorptionsverhalten von CALF-20 untersucht. Mit einer Kombination aus Positronen-Annihilations-Lebensdauer-Spektroskopie (PALS), In-situ-Pulver-Röntgendiffraktometrie (PXRD) und Gasadsorptionsexperimenten konnten wir die Wechselwirkung zwischen CO2-Molekülen und der inneren Struktur des Materials bei unterschiedlichen Temperaturen und Feuchtigkeitsgraden sichtbar machen. Diese Erkenntnisse liefern uns wichtige Informationen für die Optimierung von CO2-Abscheidungstechnologien in industriellen Umgebungen“, erklärt Dr. Ahmed Attallah vom Institut für Strahlenphysik am HZDR.

Ein tiefer Einblick in die Adsorptionsmechanismen

„PALS spielt eine entscheidende Rolle bei der Analyse der Wechselwirkung von Gasen mit porösen Materialien. Diese Technik misst die Lebensdauer von Positronium, einem gebundenen Zustand eines Elektrons und eines Positrons, der empfindlich auf lokale freie Volumina reagiert. In porösen Materialien wie CALF-20 geben die Positronium-Lebensdauern Aufschluss über leere Räume, ihre Größe und wie sie sich verändern, wenn Gasmoleküle die Poren zu füllen beginnen“, erläutert Prof. Radosław Zaleski von der Maria Curie-Skłodowska-Universität Lublin.

Mit Hilfe von PALS beobachteten die Forschenden, dass sich CO2 zunächst in der Mitte der Nanoporen von CALF-20 sammelt und eine strukturierte Anordnung bildet, bevor es an den Porenwänden haftet. Diese Entwicklung korreliert mit steigendem CO2-Druck und bestätigt, dass PALS die einzelnen Schritte der molekularen Adsorption in Echtzeit verfolgen kann. Die Methode zeigte auch, dass selbst nach dem Füllen der Poren mit CO2 kleine freie Volumina verbleiben, was für die Verbesserung der Adsorptionseffizienz entscheidend sein kann.

Die PALS-Methodik erwies sich besonders nützlich, um zu unterscheiden, wie CO2 und Wasser innerhalb des Materials interagieren. Unter feuchten Bedingungen zeigten die PALS-Daten, dass Wasser bei niedriger Luftfeuchtigkeit isolierte Cluster formt, bei höherer Luftfeuchtigkeit jedoch zusammenhängende Netzwerke bildet.

„Diese strukturellen Veränderungen wirken sich auf die Zugänglichkeit der Poren aus. Dennoch behält CALF-20 seine signifikante CO2-Adsorptionskapazität bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von unter 40 Prozent bei. Herkömmliche Gasadsorptionsmethoden allein hätten Schwierigkeiten, diese feinen strukturellen Veränderungen aufzulösen, was den einzigartigen Wert von PALS bei der Analyse dynamischer Gas-Material-Wechselwirkungen zeigt“, resümiert Prof. Stefan Kaskel von der TUD.

Eine zentrale Herausforderung bei der CO2-Abscheidung

In industriellen Anwendungen wird CO2 selten aus trockenen Gasströmen abgeschieden, fast immer ist Feuchtigkeit vorhanden. Dies stellt für viele Materialien eine Herausforderung dar, da Wassermoleküle oft mit CO2 um Adsorptionsstellen konkurrieren – ein Prozess, der die Effizienz verringert.

Mit Hilfe feuchtigkeitskontrollierter In-situ-Experimente entdeckte das Team, dass CALF-20 auch in Gegenwart von Wasser eine robuste CO2-Adsorptionsleistung beibehält, wobei die Höhe der relativen Luftfeuchtigkeit diese Robustheit bestimmt. Bei niedriger Luftfeuchtigkeit bleiben die Wassermoleküle innerhalb des Gerüsts isoliert. Diese Netzwerkbildung verändert das freie Volumen des Materials, aber CO2 findet immer noch verfügbare Adsorptionsstellen, was die Widerstandsfähigkeit von CALF-20 unter feuchten Bedingungen beweist. Bei zunehmend höherer Luftfeuchtigkeit bilden die Wassermoleküle miteinander verbundene Wasserstoffbrücken-Netzwerke, so dass die Wasseraufnahme langsam dominiert.

Durch das Zusammenwirken von PALS mit anderen Charakterisierungstechniken bietet die Studie ein umfassendes Verständnis dafür, wie CALF-20 CO2 unter verschiedenen Umweltbedingungen abscheidet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass CALF-20 eine skalierbare und energieeffiziente Lösung für die industrielle CO2-Abscheidung sein könnte, insbesondere in Umgebungen, in denen Feuchtigkeit eine Herausforderung darstellt. CALF-20 wurde von Forschenden der Universität Calgary entwickelt und ist bereits für eine Produktion im Maßstab von mehreren Kilogramm ausgelegt, was es zu einem guten Kandidaten für reale Anwendungen macht.

Diese Erkenntnisse könnten den Weg für die Optimierung von MOFs der nächsten Generation für den großtechnischen Einsatz zur CO2-Abscheidung und -speicherung ebnen. Weitere Forschungsarbeiten werden sich auf die Langzeitstabilität und die Prozessintegration konzentrieren, um der Anwendung von CALF-20 in industriellen CO2-Reduktionsstrategien näher zu kommen.