Auf dem Weg zur klimaneutralen, lebenswerten Stadt

Der Climate Action Navigator des "Heidelberg Institute for Geoinformation Technology" HeiGIT ist ein wichtiges Analysetool auf dem Weg zu einer klimaneutralen Stadt. © Heidelberg Marketing GmbH

Wie sieht eine klimaneutrale, lebenswerte Stadt aus und wie kann dies erreicht werden? Der neue Climate Action Navigator (CAN) des HeiGIT (Heidelberg Institute for Geoinformation Technology) gibt darauf datenbasierte Antworten. Das interaktive Online-Tool unterstützt Städte, Nichtregierungsorganisationen und Bürgerinitiativen dabei, gezielt Handlungsfelder für mehr Klimaschutz und Lebensqualität zu erkennen und umzusetzen – wissenschaftlich fundiert, lokal anpassbar und praxisnah. Das Projekt wird durch die Klaus Tschira Stiftung gefördert mit dem Ziel, offene Geodaten (wie OpenStreetMap) für den Klimaschutz nutzbar zu machen.

Bis 2050 werden weltweit voraussichtlich 70 Prozent der Menschen in Städten leben. In Europa sind es bereits 75 Prozent. Damit wird deutlich: Urbane Räume spielen eine entscheidende Rolle für den Wandel hin zu mehr Klimaschutz. Doch wie lassen sich Veränderungen konkret anstoßen?

Probleme (er-)kennen, effektiv handeln

Der Climate Action Navigator (CAN) liefert Antworten wie ein Energieausweis, aber für ganze Straßenzüge und Stadtviertel und über verschiedene Aspekte des Klimaschutzes hinweg. Er zeigt, wo Verbesserungsbedarf bei Fuß- und Radwegen besteht, welche Quartiere durch hohe Heizemissionen auffallen und wo Flächenverbrauch zum Problem wird.

Der CAN bündelt verschiedene Analysewerkzeuge zu Schlüsselthemen wie aktive Mobilität, Heizemissionen und Flächennutzung. Grundlage sind offene Datenquellen wie OpenStreetMap, Fernerkundungsdaten und Zensusdaten. Daraus entstehen fundierte Standortanalysen, die insbesondere Kommunen, Fachplanerinnen und Fachplaner, NGOs und Bürgerinitiativen bei der Entwicklung wirksamer Maßnahmen unterstützen. Da die Berechnungen auf umfangreichen Datensätzen basieren und einzelne Analysen sehr aufwändig sind, richtet sich das Tool in erster Linie an Nutzerinnen und Nutzer, die sich beruflich mit den Themen befassen.

„Für eine klimaresiliente Stadt brauchen wir gemeinsame Perspektiven, belastbare Daten und praktische Erfahrung. Mit dem Climate Action Navigator wollen wir technische Expertise und lokales Wissen zusammenbringen, um Städte dabei zu unterstützen, Infrastruktur neu und zukunftsfähig zu denken,“ so Kirsten von Elverfeldt, Partner- und Outreachmanagerin für das Climate Action Team.

Drei Werkzeuge für ein Ziel: zielgerichtete Maßnahmen ermöglichen

Die erste Version des Dashboards umfasst zunächst drei Analyse-Werkzeuge: hiWalk und hiBike bewerten, wie gut sich eine Stadt zu Fuß oder mit dem Fahrrad erkunden lässt. hiWalk analysiert unter anderem die Art der Wege (beispielsweise Fußgängerzonen oder Mischverkehr), deren Oberflächenqualität und Steigungen. So lässt sich einschätzen, wie sicher, komfortabel und barrierearm die Wege für Fußgängerinnen und Fußgänger sind. hiBike konzentriert sich dagegen auf die Fahrradinfrastruktur und berücksichtigt zusätzlich potenzielle Gefahrenstellen, etwa das Dooring-Risiko, also die Gefahr durch plötzlich geöffnete Autotüren parkender Autos. Die beiden Tools zeigen auf, wo die Infrastruktur bereits sicher und komfortabel ist und wo Verbesserungsbedarf besteht.

Das dritte Werkzeug namens Heating Emissions analysiert die CO₂-Emissionen durch Wohnraumheizung auf Basis von Zensusdaten aus dem Jahr 2022. Dabei fließen Informationen wie Gebäudealter, Energiequelle und Wohnfläche pro Person ein. So können Emissionen nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch Einsparpotenziale durch Sanierungen oder den Umstieg auf erneuerbare Energien abgeschätzt werden. Weitere Werkzeuge – etwa zu Verkehrsemissionen, Bodenverbrauch oder CO₂-Budgets – sind in Entwicklung.

Stadt gemeinsam gestalten: Co-Creation als Leitprinzip

CAN entsteht in enger Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, denn eine nachhaltige Stadt braucht Praxiswissen ebenso wie eine solide, datenbasierte Grundlage. Deshalb werden die Indikatoren nicht „von oben“ vorgegeben, sondern gemeinsam mit kommunalen Fachleuten, zivilgesellschaftlichen Organisationen oder Verkehrsinitiativen entwickelt. So wurde beispielsweise das Tool hiBike gemeinsam mit der Radlobby Österreich entwickelt, um reale Gefahrenstellen im Radverkehrsnetz systematisch erfassbar zu machen. Jeder Indikator orientiert sich an den konkreten Herausforderungen vor Ort und lässt sich flexibel anpassen.

Einige Stimmen:

„Als Radlobby brauchen wir gute Daten mit einer klaren Bewertung, um treffsichere Forderungen zu entwickeln und zu untermauern, damit die Mobilitätswende gelingen kann. hiBike bietet uns da viele neue Möglichkeiten.“
– Roland Romano, Sprecher Radlobby Österreich

„In Lagos gibt es Stadtteile, in denen kaum Autos fahren – der Kontext ist anders. Dank Co-Creation konnten HeiGIT, LUDI und andere Partner gemeinsam Indikatoren entwickeln, die einen realistischeren Blick auf den lokalen Mobilitätsbedarf in westafrikanischen Städten wie Lagos ermöglichen.”
– Olamide Udoma-Ejorh, Direktor von LUDI, Lagos Urban Development Initiative

„Der Mehrwert liegt für PLANUM in der interdisziplinären Gestaltung des Entscheidungs-Tools: Unsere langjährigen Erfahrungen in der Verkehrsplanung und bei Forschungsprojekten im Bereich Aktive Mobilität fließen direkt in die Entwicklung ein – das macht hiWalk besonders fundiert und praxistauglich.“
– Marie-Therese Fallast, PLANUM Fallast & Partner, Graz.“

Online-Veranstaltung: CAN kennenlernen & mitdiskutieren

Um die Möglichkeiten des Climate Action Navigators, konkrete Anwendungsbeispiele und Kooperationschancen besser kennenzulernen, präsentiert das Climate Action Team den CAN in einer Online-Veranstaltung am Donnerstag, den 5. Juni um 14 Uhr. Anmeldung unter Climate Action Navigator Launch: https://heigit.org/events/climate-action-navigator-launch-2/

Webseite des Climate Action Navigator: https://climate-action.heigit.org/webapp/dashboard