
Manche Mikroben, die auf Sandkörnern leben, verbrauchen den gesamten Sauerstoff in ihrer Umgebung. Ihre Nachbarn, für die kein Sauerstoff mehr übrig ist, machen das Beste daraus: Sie nutzen Nitrat im umgebenden Wasser zur Denitrifizierung – ein Prozess, der in Gegenwart von Sauerstoff kaum möglich ist. Die Denitrifizierung in sandigen Sedimenten in sauerstoffreichen Gewässern kann erheblich zur Nitratreduktion im Meer beitragen.
Menschen haben, beispielsweise durch Landwirtschaft, den Stickstoffeintrag in die Küstenmeere dramatisch erhöht. Mikroorganismen entfernen große Teile dieses menschgemachten Stickstoffs durch einen Prozess namens Denitrifizierung. Dieser Prozess ist üblicherweise nur da möglich, wo es keinen Sauerstoff gibt. Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass sie auch in durchlüfteten Sanden abläuft, und zwar über einen bislang unbekannten Mechanismus.

Farooq Moin Jalaluddin/Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie
Forschende des Max-Planck-Instituts für Marine Mikrobiologie in Bremen zeigen jetzt, wie das funktioniert: Ungleichmäßig auf der Oberfläche der Sandkörner verteilte Gruppen von Mikroben verbrauchen den gesamten Sauerstoff in ihrer unmittelbaren Umgebung. Dadurch entstehen sauerstofffreie Mikronischen, in denen andere Mikroben die Denitrifizierung ausführen können. Die Ergebnisse veröffentlichen die Forschenden nun in der Fachzeitschrift Scientific Reports.
Winzige Struktur, riesige Wirkung
Die Forschenden nutzten eine Methode namens mikrofluidische Bildgebung, mit der sie die vielfältige und ungleichmäßige Verteilung von Mikroorganismen und die Sauerstoffdynamik auf extrem kleinen Maßstäben sichtbar machen konnten.
„Zehntausende Mikroben leben auf jedem einzelnen Sandkorn. Wir konnten Sauerstoff verbrauchende und Sauerstoff produzierende Gruppen von Mikroben unterscheiden, die nur wenige Mikrometer voneinander entfernt waren“, erklärt Farooq Moin Jalaluddin vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.
Die Forschenden zeigten dadurch, dass einige Mikroben mehr Sauerstoff verbrauchen, als durch das umgebende Porenwasser nachgeliefert wird. So entstehen anoxische Bereiche auf der Oberfläche der Sandkörner. Diese waren mit herkömmlichen Methoden bislang nicht zu erkennen. Ihre Auswirkungen sind jedoch dramatisch: „Unsere Modellsimulationen zeigen, dass die anaerobe Denitrifizierung in diesen anoxischen Bereichen bis zu einem Drittel der gesamten Denitrifizierung in sauerstoffhaltigen Sanden ausmachen kann“, sagt Jalaluddin.
Weltweit bedeutsam für den Abbau anthropogenen Stickstoffs
Permeable Sande bedecken etwa die Hälfte der Küstengebiete unseres Planeten und sind damit in vielerlei Hinsicht ein sehr wertvoller Lebensraum. Die Max-Planck-Forschenden haben deswegen auch berechnet, wie wichtig diese neu entdeckte Form der Stickstoffentfernung in den winzigen sauerstofffreien Bereichen einzelner Sandkörner auf globaler Ebene ist.
„Wir zeigen, dass diese anoxischen Mikronischen bis zu einem Drittel des gesamten Stickstoffverlusts ausmachen könnten“, sagt Mitautor Soeren Ahmerkamp, der mittlerweile am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde tätig ist. „Diese Denitrifizierung ist somit ein wichtiger Abbauweg für Stickstoff, der durch Menschen in die Ozeane gelangt.“