
Mit der Waldentwicklungs- und Holzaufkommens-Modellierung (WEHAM) werfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Blick auf die Zukunft der Wälder. Basierend auf den Daten der vierten Bundeswaldinventur und den Erfahrungen der vergangenen Jahre modellieren sie, wie sich der Holzvorrat bis 2062 in Deutschlands Wäldern unter den aktuellen Zielsetzungen und Ansätzen der Waldbehandlung voraussichtlich entwickeln wird.
Erstellt wird das Szenario im Auftrag des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) am Thünen-Institut für Waldökosysteme in Eberswalde. Heute wird das WEHAM-Basisszenario veröffentlicht. „Mit Hilfe des Szenarios können Waldbesitzende und Forstfachleute, Politik, Verbände, der Handel und wir Wissenschaftler überprüfen, welche möglichen Auswirkungen waldbauliche Ziele haben und wo künftig welche Rohholzmengen geerntet werden können“, sagt Karsten Dunger, der am Thünen-Institut für die Modellierung, Hochrechnung und Dokumentation des Szenarios verantwortlich ist.
Erfolgreiches Modell wird ständig angepasst
Das Modell zur Berechnung des WEHAM-Szenarios wurde bereits vor 25 Jahren entwickelt. Am Thünen-Institut wird es seitdem ständig an die aktuellen Entwicklungen angepasst. Für das Basisszenario wird in Fünf-Jahres-Schritten bis zum Jahr 2062 modelliert. Länder, Baumarten und Waldeigentumsarten werden getrennt berücksichtigt. Der Zuwachs der vergangenen zehn Jahre wird fortgeschrieben und eine Änderung der Baumartenanteile angenommen.
Die Parameter wurden von Expertinnen und Experten aus Bund und Ländern gemeinsam in einem zweijährigen Prozess festgelegt. Eingeflossen sind dabei die Erfahrungen aus der Vergangenheit und die Erwartungen an die Zukunft. Im aktuellen Basisszenario ist beispielsweise die modellierte Waldfläche konstant bei 10,7 Millionen Hektar geblieben.
Die fortschreitenden Waldschäden nach den Trockenjahren 2018 bis 2022 wurden ebenso integriert wie die unter anderem daraus resultierende verstärkte Anpflanzung von Laubbäumen. Im Szenario zeigt sich deutlich, dass der Fichtenvorrat um 15 Prozent sinken wird. Ähnlich sieht die Entwicklung bei Kiefernwäldern aus, wo der Vorrat um 20 Prozent zurückgehen wird. Buche, Eiche und andere Laubbaumarten werden immer mehr an Fläche gewinnen. So profitiert die Eiche vom Waldumbau, der Vorrat an Eichenholz wird um 15 Prozent steigen.
„Laut Modell werden die Anpassungen dazu führen, dass der Gesamtvorrat Holz in den Waldbeständen mit rund 3,6 Milliarden Kubikmetern relativ stabil bleibt. Verändern werden sich allerdings die Baumarten-Anteile und vor allem die Durchmesserstruktur“, erläutert Karsten Dunger. In ungefähr 20 Jahren werden bei Durchforstungen mehr junge Bäume mit geringeren Durchmessern anfallen als heute.
So viel Rohholz steht zur Verfügung
Im Mittel stehen in den kommenden vier Jahrzehnten pro Jahr 80,6 Millionen Erntefestmeter Rohholz zur Verfügung. Auch wenn die potenziell verfügbare Menge an Fichtenholz weiter abnimmt, bleibt sie mit 41 Prozent an der Gesamtmenge vergleichsweise hoch – bei einem Flächenanteil von nur noch 26 Prozent. Die Holzartengruppe Buche, zu der neben der namengebenden Baumart auch Esche, Ahorn, Birke oder Erle gehören, wird künftig 31 Prozent der möglichen Holznutzungen stellen. Besonders stark nimmt die potenzielle Nutzung von Eichenholz zu. Der Anteil steigt auf neun Prozent.
Privatwald könnte mehr Holz liefern
Den Forschenden zufolge stammt der größere Teil des Rohholzes (52 Prozent) aus privaten Wäldern. Besonders hohe Potenziale liegen im Kleinprivatwald. Allerdings wird das Holz daraus seltener genutzt. Auch aus dem Staatswald kommt potenziell weniger Holz in den Wirtschaftskreislauf. Der Grund hier: Im Staatswald gibt es deutlich mehr Nutzungsbeschränkungen und höhere Ansprüche an Gemeinwohl- und Schutzfunktionen.