Wetterextreme wie lang anhaltende Trockenheit stellen die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen. Gefragt sind wassersparende Bewässerungstechnologien und eine Pflanzenproduktion, die unabhängiger von langen Trockenperioden agieren kann. Hier bietet sich das hydroponische Anbauverfahren an, das mit wenig Wasser auskommt. Im Forschungsprojekt HypoWave wird dieses Verfahren mit speziell aufbereitetem Abwasser erprobt. Die ersten Fallstudien zeigen die Machbarkeit dieser wasser- und nährstoffeffizienten landwirtschaftlichen Produktion.
In Zeiten des Klimawandels, in denen extreme Wetterereignisse wie Trockenperioden auch in Deutschland zunehmen, werden auch in der Landwirtschaft Anpassungsmaßnahmen notwendig: Besonders in wasserarmen Regionen beansprucht die landwirtschaftliche Produktion den Großteil des vorhandenen Wassers. In der hydroponischen Pflanzenproduktion im Gewächshaus werden Setzlinge in Gefäßen über eine Nährstofflösung versorgt. Dabei versickert kein Wasser und es verdunstet deutlich weniger. Zudem kann die Nährstofflösung zirkulieren.
HypoWave : Spinatpflanzenanbau in einer Pilotanlage
Optimiert werden kann dieses wassersparende Verfahren noch durch den Einsatz von speziell aufbereitetem Abwasser. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt HypoWave wird diese optimierte Variante seit Herbst 2016 in einer Pilotanlage auf der Kläranlage Hattorf bei Wolfsburg erprobt. Das interdisziplinäre Forschungsteam hat mit den ersten beiden Fallstudien nun vielversprechende Ergebnisse veröffentlicht. Sie zeigen beispielhaft an zwei Regionen – dem Landkreis Gifhorn in Niedersachsen und der Gemeinde Raeren in Belgien – wie die angepasste Aufbereitung und Wiederverwendung von kommunalem Abwasser für den hydroponischen Gemüse- und Schnittblumenanbau gelingen kann. „Für kleinere Gemeinden von 500 bzw. 1.650 Einwohnerwerte kann hier auf 3.600 bzw. 6.000 m² eine wirtschaftliche Produktion erzielt werden“, sagt Marius Mohr, Koordinator der Fallstudien vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB. „Die Praxispartner sind an einer Fortsetzung der Kooperation interessiert.“
HypoWave-Verfahren hat Potenzial als alternative Anbauform
Die umfangreichen Interviews, die das Forschungsteam mit Akteuren in den Beispielregionen geführt hat, zeigen die Potenziale für das HypoWave-Verfahren. Besonders erfreulich sei das Interesse für den Gemüseanbau mit gereinigtem Abwasser in der Region Gifhorn, wo es schon Erfahrung im Bereich der Beregnung gebe. „Mit dem Interesse zur Zusammenarbeit von Kläranlagenbetreibern und Landwirten wird eine wichtige Hürde für die Wasserwiederverwendung genommen“, sagt Martina Winker, Projektkoordinatorin am ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. „Das deutet darauf hin, dass die flexible HypoWave-Systemlösung auch in vergleichbaren Regionen das Potenzial als alternative Anbauform hat.“
Voraussetzung ist fundiertes Wissen
Voraussetzung dafür ist ein fundiertes Wissen darüber, was bei Planungsprozessen für die technisch wie wirtschaftlich erfolgreiche Umsetzung eines hydroponischen Anbauverfahrens mit Wasserwiederverwendung notwendig ist. Neben gut koordinierten Partnerschaften zwischen Wasserverbänden, Landwirtschaft und allen weiteren Beteiligten sind geeignete Geschäfts- und Betreibermodelle ganz wesentlich. Das zeigen beide Fallstudien – die zweite skizziert dies nochmals am Beispiel des Wasser- und Nährstoffrecyclings zum Anbau von Schnittblumen. „Mit Blick auf den großen Absatzmarkt für Schnittblumen im grenzüberschreitenden EUREGIO-Gebiet könnte das modulare HypoWave-Verfahren insbesondere für deren Anbau in Teilen Belgiens interessant sein“, bewertet Projektkoordinatorin Martina Winker die Ergebnisse der Fallstudie für Ostbelgien. „Wir freuen uns sehr über diese positiven Ergebnisse“, ergänzt Fallstudienleiter Marius Mohr vom IGB, „zeigen sie uns doch, dass die modulare HypoWave-Systemlösung auch im europäischen Kontext attraktiv ist.“
HypoWave-Fallstudien zum Download:
Nutzung des Ablaufs eines Klärteichs zur Gemüseproduktion im Landkreis Gifhorn. Eine HypoWave-Fallstudie. Dr.-Ing. Marius Mohr, Björn Ebert, Dr. Engelbert Schramm, Dr. Jörn Germer, Dr.-Ing. Grit Bürgow (2018)
http://www.hypowave.de/fileadmin/user_upload/Ergebnisse/Broschueren/HypoWave_Bro…Modulares Wasser- und Nährstoffrecycling zur Schnittblumenproduktion in der Gemeinde Raeren, Belgien. Eine HypoWave-Fallstudie. Michaela Fischer, Marc Beckett, Dr.-Ing. Grit Bürgow, Björn Ebert (2018)
http://www.hypowave.de/fileadmin/user_upload/Ergebnisse/Broschueren/HypoWave_Bro…
Das Forschungsprojekt HypoWave
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Verbundprojekt „Einsatz hydroponischer Systeme zur ressourceneffizienten landwirtschaftlichen Wasserwiederverwendung (HypoWave)“ als Teil der Fördermaßnahme WavE. Die Projektpartner im Forschungsverbund unter der Leitung der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISWW), sind das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, die Universität Hohenheim (UHOH), das Julius Kühn-Institut (JKI), der Abwasserverband Braunschweig (AVB), WEB – Wolfsburger Entwässerungsbetriebe, ACS-Umwelttechnik GMBH & Co. KG, aquadrat ingenieure (a2i), aquatectura – studios for regenerative landscapes, aquatune – Dr. Gebhardt & Co. GmbH, BIOTEC Biologische Naturverpackungen GmbH und Co. KG sowie Xylem Services GmbH (Xylem). Die dreijährige Laufzeit von HypoWave endet am 31. August 2019.