Klärschlamm ist eine Ressource, wird aber auch immer mehr zum Problem. Der Schlamm aus der Abwasserreinigung in Kläranlagen ist eine aus Mischung aus Wasser und Feststoffen. Bei den Feststoffen handelt es sich um Schwebstoffe, die sich in der Kläranlage aus dem Wasser absetzen und zu Boden sinken. Mit diesem Thema haben sich am gestrigen Mittwoch in Osnabrück mehr als 80 Fachleute und Vertreter aus Politik und Behörden sowie der Wasser- und Abwasserwirtschaft mit allgemeinen, juristischen und technischen Fragestellungen auseinandergesetzt.
Kommunale Unternehmen beleuchteten zudem ihre Strategien im Umgang damit, den Klärschlamm zu verwerten. Dabei wurde deutlich, dass in verschiedenen Regionen Niedersachsens ein Entsorgungsnotstand droht. Diesem kann kurzfristig nur durch den Aufbau von Lagerkapazitäten entgegengewirkt werden.
Der Anteil der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung liegt laut Klärschlammbericht in Niedersachsen für das Jahr 2016 bei 57 Prozent des Gesamtaufkommens von Klärschlamm aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen. Gegenüber den konstant hohen Verwertungsquoten in Niedersachsen weist der Bundesdurchschnitt in den vergangenen Jahren eine rückläufige Tendenz auf. Der Anteil liegt nach Angaben des Niedersächsischen Umweltministeriums aktuell bei nur etwa 26 Prozent.
Auf Bundesebene zeichnen sich nun Veränderungen ab: Mit der Novelle der Klärschlammverordnung geht Berlin eine Neuausrichtung der Klärschlammverwertung an. Unter anderem soll eine Pflicht zur Phosphorrückgewinnung eingeführt werden. (Phosphor ist eine endliche Ressource -Die Linde am 11.04). Eine bodenbezogene Verwertung von Klärschlämmen sei dann nur noch für kleine Abwasserbehandlungsanlagen vorgesehen. Durch die langjährig hohen Verwertungsquoten von Klärschlamm in der Landwirtschaft ist Niedersachsen in besonderem Maße von der geplanten Neuordnung der Klärschlammverwertung betroffen
Mit der neuen Verordnung werde die Klärschlammentsorgung für Niedersachsen trotz Übergangsfristen bereits heute zu einer Herausforderung, so Olaf Lies, Niedersächsischer Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz auf der der Veranstaltung. Durchaus mit Verständnis für die gesetzgebungsbedingte Situation machte er weiter deutlich, dass es darum gehen werde, innovative und intelligente Technologien zum Einsatz zu bringen, mit dem Ziel künftig unabhängiger zu sein und die Entsorgung durch Alternativen sicherstellen zu können, so Lies weiter. Hier hakte Christoph Hüls, Vorstandsvorsitzender der Stadtwerke Osnabrück AG, ein: „Die bodenbezogene Klärschlammverwertung ist seit Jahrzehnten ein bedeutender Teil einer funktionierenden und partnerschaftlichen Kreislaufwirtschaft. Zukünftige Lösungen und Wege sollten weiterhin einen partnerschaftlichen Ansatz haben.“
Dr. Reinhold Kassing; Geschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen e.V., machte im Gespräch mit „Die Linde“ deutlich, dass die Situation bereits heute ernst sei. Die Entsorgung von über 20.000 Tonnen Klärschlamm allein in Niedersachsen sei nicht sichergestellt. Mittelfristig müssten sogenannte Monoverbrennungseinrichtungen, also nur der Klärschlammverbrennung dienende Anlagen, aus der Situation helfen. Diese hätten den Vorteil auch der Phosphorrückgewinnung zu dienen – eine weitere gesetzliche Auflage, der die kommunalen Unternehmen nachkommen müssen. Bis zur Inbetriebnahme solcher Anlagen werde aber noch Zeit vergehen, Zeit, in der allein die Lagerung der Klärschlämme bleibe. Diese, so Kassing weiter, unterliege zahlreichen Genehmigungen. Hier sei zu wünschen, dass die Verwaltung und die Politik ihren Teil zu einer zügigen Umsetzung beitrügen, hofft Reinhold Kassing.