Wie steht die Bevölkerung zur Landwirtschaft als Partner im Klima- und Umweltschutz?

Im Januar 2023 überreichte der damailige Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (li.) Prof. Yves Reckleben den Förderbescheid für das Projekt DigiZert. Quelle: L. Kuegeler Copyright: BMBL Photothek

Eine Studie der FH Kiel mit über 1.000 Teilnehmenden zeigt, dass die Mehrheit der Deutschen Landwirten beim Klima- und Umweltschutz Kompetenz zutraut, aber gleichzeitig mehr Transparenz und glaubwürdige Nachweise fordert. Digitale Lösungen, die den CO2-Fußabdruck oder den Einsatz von Wasser und Pflanzenschutzmitteln automatisch erfassen, werden als transparenter und genauer bewertet als klassische Kontrollen – doch das Thema bleibt erklärungsbedürftig. 41% der Verbraucher*innen achten beim Einkauf auf Klima- und Umweltsiegel, 59% wünschen sich weitere Verbesserungen im Klima- und Umweltschutz in der Landwirtschaft.

Deutsche Verbraucher sehen Landwirte mehrheitlich als verlässliche Partner im Klima- und Umweltschutz – das zeigt eine aktuelle, repräsentative Studie der Fachhochschule (FH) Kiel mit mehr als 1.000 Teilnehmenden. Gleichzeitig wünschen sie sich mehr Transparenz und glaubwürdige Nachweise, wie nachhaltig Lebensmittel produziert werden. Digitale Kontrollsysteme bewerten viele Verbraucher*innen positiv.

Landwirte als Partner im Klima und Umweltschutz

Die aktuelle Studie der FH Kiel zeigt: Über die Hälfte der Befragten (57 %) sieht in Landwirt*innen kompetente Partner für den Umwelt- und Klimaschutz – nur 10 % zweifeln daran. Allerdings zeigen sich viele Verbraucher bei der Glaubwürdigkeit von Umweltleistungen unentschlossen: Gerade einmal 38 % halten öffentliche Aussagen von Betrieben zu ihren Umweltleistungen für glaubwürdig, 46 % sind unentschieden und 16 % halten sie für nicht glaubwürdig. Vertrauen sei vorhanden, müsse aber durch transparente Kommunikation und nachvollziehbare Maßnahmen gestärkt werden, sagt Henrike Grotsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Agrarwirtschaft der FH Kiel:

„Verbraucher*innen sehen Landwirt*innen nicht als Problem, sondern als Teil der Lösung im Klima- und Umweltschutz. Dieses Vertrauen ist ein wertvolles Gut, das es durch klare Informationen, nachvollziehbare Daten und den Dialog weiter auszubauen gilt.“

Der digitale Fortschritt: praktische Entlastung für die Betriebe

Die Studie ist Teil des Projekts „DigiZert“. Im Rahmen des Projekts entwickeln Fachleute der FH Kiel Lösungen für eine automatisierte Datenerfassung und Zertifizierung für eine nachhaltige Landwirtschaft. Sensor‑, Telemetrie‑ und Maschinendaten werden künftig in einer Plattform gebündelt, sodass Kennzahlen zur Nachhaltigkeit – vom Wasser‑ und Pflanzenschutzmittelverbrauch bis hin zu Treibhausgasemissionen – automatisch erhoben und erstellt werden und Mehrfacheingaben entfallen.

Digitalisierung schafft Vertrauen – Sogar Zahlungsbereitschaft

Bei den Verbrauchern stoßen digitale Kontrollsysteme auf breite Zustimmung: Über 40 % der Befragten halten digitale Kontrollen für genauer und transparenter als persönliche Vor-Ort-Audits. Knapp ein Sechstel wäre sogar bereit, mehr zu zahlen, wenn Klima- und Umweltschutz ausschließlich digital kontrolliert würde. Dennoch bevorzugt aktuell nur knapp ein Viertel digitale Lösungen grundsätzlich. „Die teils widersprüchlichen Einschätzungen werten wir als Hinweis darauf, dass das Thema der digitalen Zertifizierung für viele noch neu und erklärungsbedürftig ist“, sagt Henrike Grotsch.

Anerkennung und Erwartungshaltung

41 % der Verbraucher achten beim Einkauf gezielt auf Klima- und Umweltsiegel. Zugleich erwarten 59 %, dass der Klima- und Umweltschutz in der Landwirtschaft deutlich verbessert werden sollte. „Die Ergebnisse zeigen: Viele Menschen möchten mit ihrem Konsumverhalten zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Gleichzeitig sind die Erwartungen an eine klimafreundliche Landwirtschaft hoch“, erklärt Steffi Fock, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin im „DigiZert“-Projekt.

Das Wissen um Landwirtschaft bleibt begrenzt

Nur 30 % der Befragten geben an, sich gut mit Themen der Landwirtschaft auszukennen. Das unterstreiche den hohen Aufklärungsbedarf – und den Nutzen von offener Kommunikation und praxisnaher Öffentlichkeitsarbeit, sind die Autoren der Studie überzeugt. Diese Aufgabe könne aber nicht allein von den Landwirten getragen werden, sondern erfordere eine enge Zusammenarbeit von Experten aus Forschung, Praxis, Vermarktung und Verbraucherkommunikation.