Verhandlungen zu Abkommen gegen die Plastikverschmutzung

#TurnOffThePlasticTap: Ein riesiger Wasserhahn, der Plastik aus Kibera ausspuckt, dem größten Slum Afrikas. Der internationale Künstler und Aktivist Benjamin zeigte seine Installation bei der UNEA 5.2 Sitzung im UN-Hauptquartier in Nairobi, Kenia. Quelle: Melanie Bergmann Copyright: Alfred-Wegener-Institut / Melanie Bergmann

Vom 5. bis 14. August setzen Vertreter aus über 170 Ländern sowie aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft in der Schweiz die Verhandlungen für ein rechtsverbindliches Abkommen gegen die Plastikverschmutzung fort. Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut (AWI), begleitet die Verhandlungen von Anfang an als Teil der deutschen Delegation und der ‚Scientists‘ Coalition for an Effective Plastics Treaty‘:„Im besten Fall erreichen wir in Genf, dass sich die Weltgemeinschaft, oder zumindest weite Teile davon, zu einem starken Abkommen bekennt, das sich an wissenschaftlichen Fakten orientiert und anerkennt, wie schädlich Plastik für den Menschen und die Natur ist.“

Weltweit werden jedes Jahr über 460 Millionen Tonnen Plastik produziert. Allein bei der Produktion entstehen mehr Treibhausgase als im gesamten Flugsektor. Viele Produkte sind dabei so gestaltet, dass sie schwer oder gar nicht recycelbar oder wiederverwendbar sind. Bis 2060 soll sich daher die Menge des Plastikmülls verdreifachen, wenn weiterhin so viele Kunststoffe hergestellt werden.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass es viel mehr Plastikpartikel im Meer gibt als bisher angenommen. Demnach befinden sich allein in der oberen Wasserschicht des Nordatlantiks 27 Millionen Tonnen kleinster Plastikpartikel. Kunststoffe tauchen mittlerweile selbst in den entlegensten Teilen unseres Planeten auf, und auch in unseren Körpern finden Forschende überall Plastik. Studien zeigen, dass wir die planetaren Belastungsgrenzen für neue Stoffe bereits überschritten haben. Als Teil der dreifachen planetaren Krise tragen Kunststoffe demzufolge zur Erderhitzung und Biodiversitätskrise bei.

Seit 2022 verhandeln Delegierte der UN-Mitgliedstaaten sowie Vertreter:innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft über ein Abkommen, das die Plastikverschmutzung eindämmen soll. Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), begleitet die Verhandlungen von Anfang an als Teil der deutschen Delegation und der „Scientists‘ Coalition for an Effective Plastics Treaty”:

„Wissenschaftliche Berechnungen zeigen, dass wirksame Maßnahmen schon bei der Produktion ansetzen müssen. Wir sollten die Produktion auf unumgängliche Einsatzbereiche beschränken, schon beim Design die chemische Vielfalt reduzieren und bedenkliche Inhaltsstoffe ausschleichen.“

Zwar konnte in der letzten Verhandlungsrunde in Südkorea keine finale Einigung erzielt werden, allerdings traten mehr als 100 Staaten in Bezug auf rote Linien deutlich geschlossener und klarer auf als zuvor, beispielsweise in Bezug auf Produktionsgrenzen und die Regulierung von Chemikalien. Dies könnte einen Wendepunkt bedeuten. In Genf soll es nun zu einer Einigung auf einen endgültigen Text mit Maßnahmen für das Abkommen kommen. Für die AWI-Meeresbiologin bedeutet das:

„Die Delegationen müssen mit Diplomatie darauf hinwirken, dass sich die Positionen trotz geopolitischer Spannungen und unterschiedlicher Interessenlagen annähern, um eine Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu schaffen.“

Ein wichtiger Knackpunkt wird auch weiterhin sein, ob Entscheidungen mehrheitlich oder einstimmig getroffen werden und wie sich Interessenskonflikte vermeiden lassen. „Im besten Fall erreichen wir in Genf, dass sich die Weltgemeinschaft, oder zumindest weite Teile davon, zu einem starken Abkommen bekennt, das sich an wissenschaftlichen Fakten orientiert und anerkennt, wie schädlich Plastik für den Menschen und die Natur ist.“

Ein Abkommen mit globalen Regelungen würde die Produktion von Plastik in einer globalisierten Wirtschaft vereinfachen und einheitliche Wettbewerbsbedingungen für alle Länder schaffen. Fest steht: Die Produktion von Plastik müsste ab 2024 um mindestens 12 bis 17 Prozent pro Jahr reduziert werden, um die Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung von Kunststoffen entstehen, so zu senken, dass sie im Einklang mit der im Pariser Abkommen festgelegten 1,5 bis 2 Grad-Grenze sind.

Weitere Einschätzungen von Melanie Bergmann und Hintergründe zu den Verhandlungen über ein UN-Plastikabkommen, finden Sie auf unserer Webseite: https://www.awi.de/im-fokus/muell-im-meer/un-plastics-treaty.html.