Holz: Positive Effekte auf die subjektive Wahrnehmung der Raumluft

Visuelle Reize beeinflussen den Geruchssinn. In Experimenten wurde verglichen wie Holzgeruch bewertet wird, wenn gleichzeitig Abbilder von Holz, von anderen Baustoffen oder aber gar kein Bild gezeigt wurde. Copyright: ©IfADo

Wie Menschen Gerüche beurteilen, hängt keineswegs allein vom Geruchsstoff ab. Der Kontext beeinflusst die Wahrnehmung. Ein Forschungsteam vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund (IfADo) hat mit Hamburger Forschenden vom Thünen-Institut für Holzforschung nachgewiesen, dass Holzgerüche deutlich angenehmer bewertet werden, wenn gleichzeitig eine passende Abbildung von Holz gezeigt wurde. Die Ergebnisse aus zwei aktuell veröffentlichten Studien legen nahe, dass der gesundheitliche Nutzen von regulierten Geruchsbewertungen von Bauprodukten fraglich ist.

Holz liegt im Trend: Es ist nachhaltiger als Beton oder Stahl und bringt Wärme und Natürlichkeit in Wohnräume. Doch wer Holz in Innenräumen verbaut, holt sich einen Baustoff mit Eigengeruch ins Haus. Denn solche organischen Materialien emittieren flüchtige organische Verbindungen (VOC; volatile organic compounds) und somit Gerüche, die wiederum die Innenraumluftqualität beeinträchtigen können. Um eine gesunde Innenraumluft zu gewährleisten, können Baumaterialien einer sensorischen Geruchsprüfung nach DIN ISO 16000-28:2021 unterzogen werden, in der die Geruchsstoffe präsentiert und bewertet werden.

Forschende vom IfADo um Prof. Dr. Christoph van Thriel und Forschende vom Thünen-Institut für Holzforschung haben Im Projekt „Wood for good“ genauer untersucht: Wie nehmen Menschen den Geruch verschiedener Holzmaterialien wahr – und welchen Einfluss hat das Bild des dazugehörigen Materials auf diese Bewertung?

Gerüche im Kopf – nicht nur in der Nase

In der ersten Studie wurden in einem standardisierten Riechtest – nach DIN ISO 16000-28:2021 – 32 Personen verschiedene Holzgerüche präsentiert – darunter Kiefer, Eiche, Kork sowie Holzwerkstoffe wie Grobspanplatten aus Pappel oder Kiefer. Manche Proben wurden mit einem Abbild des Materials gezeigt, andere ohne. Bewertet wurde, wie intensiv, angenehm und vertraut der Geruch ist.

Dabei spielte der visuelle Kontext eine entscheidende Rolle: Wenn das passende Materialbild gezeigt wurde, bewerteten die Testpersonen den Geruch als angenehmer und vertrauter. Besonders positiv wurden Gerüche bewertet, die reich an Terpenen waren – etwa der Duft von Kiefernholz. Gerüche mit höherem Anteil an Essigsäure oder Aldehyden – typisch für Eiche oder manche Holzwerkstoffe – wurden hingegen als weniger angenehm empfunden. Die Intensität des Geruchs hatte keinen Einfluss darauf, wie angenehm oder vertraut er empfunden wurde.

Ohne Bild war es für die Teilnehmenden schwerer, den Geruch einzuordnen – dadurch sank die Bewertung. Mit zum Geruch passendem Bild, wenn also sichtbar war, dass der Duft von Holz stammt, wurde der Geruch positiver bewertet.

Bilder verändern Wahrnehmung

Viviane Gallus, aus der IfADo-Forschungsgruppe Neurotoxikologie und Chemosensorik, untersuchte im Folgenden die Verarbeitung der Geruchsreize im visuellen Bereich des Gehirns. Sie präsentierte 21 Versuchspersonen den Geruch von Kiefernholz oder sauberer Luft mit Bildern von Holzwänden oder -böden oder aber Wänden (wie Steinwänden oder Putz).

Bei der Bewertung, ob der Geruch angenehm empfunden wird, hat das Sehen einen großen Einfluss: Die Holzbilder sorgten grundsätzlich dafür, dass der Geruch angenehmer eingestuft wurde. Dabei war es weniger relevant, ob Kiefernholzduft oder „normale“ Raumluft durch die Nase aufgenommen wurde. Am angenehmsten wurde der Geruch bewertet bei der Übereinstimmung von Holzbild und Holzduft; allerdings nur mit einem leichten Effekt.

Um auszuschließen, dass die Effekte nicht einfach nur zeigen, wie die gleichzeitige Verarbeitung von visuellen und olfaktorischen Reizen erfolgt, wurde das Experiment ebenso mit Zitrusgeruch durchgeführt.

Die gemessenen Veränderungen in der Gehirnaktivität deuten darauf hin, dass konzeptuell relevante Bilder wohl automatisch als besonders wichtig verarbeitet werden, auch wenn die eigentliche Aufgabe die Geruchsbewertung war – und nicht die Bewertung der Optik.

Geruch ≠ Gesundheitsrisiko

Nur weil ein Geruch stark oder ungewohnt ist, bedeutet das nicht automatisch, dass er gesundheitsschädlich ist. Solange gesetzliche Richtwerte für einzelne VOCs eingehalten werden, ist gesundheitlich keine Beeinträchtigung zu erwarten.

Basierend auf den Ergebnissen raten die Forschenden: Bei der gesundheitlichen Beurteilung von Raumluftqualität müssen die tatsächlichen VOC-Konzentrationen im Mittelpunkt stehen, die Ergänzung um eine Geruchsprüfung in der aktuellen Form hat vor dem Hintergrund der Studienergebnisse keinen gesundheitsrelevanten Mehrwert. Die Experimente weisen darauf hin, dass Geruchsbewertungen – wie sie aktuell in Normen oder Umweltzeichen vorgesehen sind – leicht beeinflussbar sind und nicht die Wirkung von Gerüchen widerspiegeln. Da Gerüche nur sehr selten ohne ihren visuellen Kontext verarbeitet werden, sollte das konsequenterweise auch bei standardisierten Geruchsprüfungen im Rahmen von Zertifizierungen oder Zulassungsverfahren berücksichtigt werden.

Diese Erkenntnisse haben für jeden Bauherren praktische Relevanz

In Gebäuden, in denen Holz verwendet wird, kann es sinnvoll sein, Holzelemente sichtbar zu lassen, vor allem, wenn der Nutzer Holz positiv bewertet – etwa durch freiliegende Deckenbalken oder Holzverkleidungen. Das könnte positive Effekte auf die subjektive Wahrnehmung der Raumluft und das generelle Wohlbefinden haben.