Neue Entwicklung von CO2-Abscheidungs- und Speicherungstechnologie

Dr. Tilmann Joachim Neubert in einem Labor im Institut für Technische Chemie und Umweltchemie der Uni Jena. Er wird im Rahmen der Ausschreibung CZS Nexus gefördert. Quelle: Foto: Nicole Nerger/Uni Jena

Nicht nur die Reduzierung von CO2-Emissionen gilt als wichtige Maßnahme zur Senkung des Kohlendioxidgehalts in der Erdatmosphäre, sondern auch das Fangen und Speichern des Treibhausgases aus der Luft. Dementsprechend hat auch die aktuelle Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Entwicklung von CO2-Abscheidungs- und Speicherungstechnologien als Ziel ausgegeben. Insbesondere das sogenannte Direct Air Capture (DAC) betrachtet sie dabei als „vielversprechende Zukunftstechnologie, um Negativemissionen zu heben“.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Friedrich-Schiller-Universität Jena wollen jetzt eine Methode entwickeln, um auf Basis elektrochemischer Verfahren mit nachwachsenden Rohstoffen Kohlendioxid aus der Luft herauszufiltern. Im Rahmen ihres Programms CZS Nexus fördert die Carl-Zeiss-Stiftung dafür die Nachwuchsgruppe um den Chemiker Dr. Tilmann J. Neubert über fünf Jahre mit rund 1,8 Millionen Euro.

CO2-Anbindung an- und abschalten

„Wir setzen auf ein Verfahren, das auf elektrochemischen Schaltprozessen basiert“, erklärt der Chemiker von der Universität Jena. „Dafür wollen wir eine Batterie-ähnliche Zelle entwickeln, in der sich ein funktionelles Molekül befindet, das sich an- und abschalten lässt und dabei Kohlendioxid bindet und wieder frei gibt.“ Das Team wolle dafür vor allem sogenannte Chinone verwenden – also organische Moleküle, die aus einem Ring aus sechs Kohlenstoffatomen bestehen, bei dem an zwei gegenüberliegenden Ecken zwei Sauerstoffatome per Doppelbindung verknüpft sind, und die so auch in vielen natürlichen Stoffen etwa in Pflanzen vorkommen. Fügt man dieser Verbindung Elektronen hinzu, dann werden die Sauerstoffatome negativ geladen und ziehen dadurch den leicht positiv geladenen Kohlenstoff im CO2 an – das Kohlendioxid lagert sich an. Deaktiviert man diesen Mechanismus, wird es wieder freigegeben und kann so angereichert werden.

„Im Gegensatz zu den üblichen Methoden, für die beispielsweise Druck oder Wärme aufgewendet werden, ist diese Technologie sehr energiesparend und lässt sich gut mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen kombinieren“, sagt Tilmann Neubert. Dieser Ansatz habe somit das Potential DAC weitaus kostengünstiger zu gestalten.

Zwei Herausforderungen meistern

Um das anvisierte Verfahren effizient und nachhaltig zu gestalten, müssen die Jenaer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei Kernprobleme lösen: Zum einen arbeitet das System nur dann dauerhaft effizient, wenn es gelingt, die Menge an Sauerstoff, dem die Moleküle ebenfalls begegnen, zu reduzieren. Denn Sauerstoff kann dem Prozess Elektronen entziehen und daraufhin unerwünschte Nebenreaktionen auslösen. Zum anderen basieren viele Komponenten, wie etwa die Elektrolyte in solchen Zellen, häufig noch auf nicht-nachhaltigen Lösungsmitteln – hierfür müssen wässrige Alternativen gefunden werden.

„Wenn wir diese beiden Herausforderungen meistern, bin ich sehr zuversichtlich, dass es uns gelingt, mehr CO2 zu fangen als durch den Prozess entsteht und somit negative Emissionen zu ermöglichen“, sagt der Forscher der Universität Jena. „Langfristig müssen wir das Ausstoßen, Fangen, Speichern und Wiederverwenden des Kohlendioxids als Kreislaufwirtschaft begreifen, in der alle Komponenten, die wir hineingeben, ebenfalls kreislaufbasiert und nachwachsend sein sollten – von den Lösungsmitteln bis hin zu den Aktivmaterialien.“

Um eindeutig belegen zu können, dass die Methode, die sein Team entwickeln wird, grüner ist, war es Tilmann Neubert wichtig, auch Kolleginnen aus dem Bereich des Umweltingenieurwesens in das interdisziplinär ausgerichtete Projekt zu integrieren. „Wir wollen die Klimabilanz jedes Schrittes klar und lückenlos berechnen können, um den nachhaltigen Charakter der Zukunftstechnologie zu unterstreichen“, sagt er.