
Müll in den Meeren ist eines der größten Umweltprobleme weltweit. Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat im Rahmen des EU-Projektes SEACLEAR nun einen autonomen Tauchroboter entwickelt, der eigenständig Müll erkennen und herausholen kann. Seine KI analysiert Gegenstände über Ultraschall und Kameras, greift sie und bringt sie an die Wasseroberfläche. Im Hafen von Marseille in Südfrankreich demonstrierte die autonome Unterwasser-Müllabfuhr erstmals öffentlich ihre Fähigkeiten.
In zahllosen Häfen weltweit holen bislang Taucher regelmäßig E-Scooter, Fahrräder, verlorengegangene Fischernetze und alte Reifen aus den Hafenbecken. In Dubrovnik zählten die Forscher auf einer Fläche von 100 Quadratmetern insgesamt über 1.000 Müllteile. Abhilfe schaffen kann demnächst eine autonome Müllentsorgung. Das Gesamtsystem besteht aus einem unbemannten Serviceboot mit Beiboot, einer Drohne, einem kleinen Unterwasser-Suchroboter und dem Tauchroboter der TUM. Dr. Stefan Sosnowski aus dem Lehrstuhl für Informationstechnische Regelung der TUM rechnet in einer Kosten-Nutzen-Analyse vor, dass sich die Müllentsorgung mithilfe der autonomen Unterwassermüllabfuhr schon ab einer Wassertiefe von 16 Metern rentiert.
TUM-Tauchroboter Teil eines Gesamtkonzepts
Und so funktioniert sie: Das Serviceboot versorgt die Unterwasserroboter per Kabel mit Strom und Datenverbindung. Zudem schickt es Ultraschallwellen in die Tiefe und kartiert grob den Untergrund. Ein etwa 50 Zentimeter langer Suchroboter ist spezialisiert auf einen schnellen und effizienten Scan des Meeresbodens. Mit diesen Informationen versorgt, taucht das von acht Mini-Turbinen angetriebene TUM-U-Boot nun zu den Stellen ab, an denen bereits Müll geortet wurde. Dort greift es die Gegenstände und lädt sie per Seilwinde an Bord eines zusätzlichen autonomen Beiboots, das als schwimmender Müllcontainer dient.
Der mit Greifer ausgestattete Unterwasserroboter verfügt über besondere Eigenschaften:
1. Er kann Müllobjekte identifizieren und in 3D darstellen
„Da wir den Müll zunächst identifizieren müssen und das Greifen von Objekten eine hohe Präzision erfordert, haben wir eine Kamera und ein Sonar an Bord, das die Orientierung selbst in trübem Wasser ermöglicht“, erläutert Forscher Sosnowski. Die Identifizierung von Müll ist nicht trivial. Denn für Objekte unter Wasser gibt es kaum Bildmaterial, das als Lernmaterial für neuronale Netze dienen könnte. „Deswegen haben die Projektpartner bisher über 7.000 Bilder gelabelt – also als Objekte gekennzeichnet, die nicht auf den Meeresgrund gehören“, sagt Sosnowski. Ist der Müll dann identifiziert, wandelt die KI die Aufnahmen in 3D um. „Das ist wichtig, um zu entscheiden, wo das Objekt stabil gegriffen werden kann“, erläutert Sosnowski.
2. Der Greifer ist stark und feinfühlig
Wenn der von der TUM entwickelte autonome Greifer des etwa einen Kubikmeter großen Tauchroboters dann zupackt, braucht niemand Befürchtungen haben, dass ein Plastikeimer zerbricht oder eine Flasche zersplittert. Zwar kann die vierfingrige Riesenhand mit der Kraft von 4.000 Newton zudrücken und Gegenstände von bis zu 250 Kilogramm Gewicht greifen. Doch merkt sie durch spezielle Sensoren auch, wie viel Kraft sie einsetzen darf, damit sie keinen Schaden anrichtet.
3. Ein Kabel verbindet den Roboter mit Strom und Datennetz
Auch wenn sich das TUM-Boot autonom im Wasser bewegt, haben sich die Forschenden dafür entschieden, es „an die Leine“ zu nehmen. Der Grund: Eine Batterie an Bord würde nur etwa zwei Stunden Strom liefern. Zudem lässt sich die Leistungsfähigkeit der KI durch eine Kabelanbindung etwas erhöhen. Außerdem dient das Kabel als Seilzug, um schwere Teile aus dem Meer an die Oberfläche zu ziehen.
4. Auftriebsschaum hält den Tauchroboter auf der Stelle
Das 120 Kilogramm schwere U-Boot ist von einem Auftriebsschaum umgeben, der es im Wasser in einer Art Schwebezustand hält, sofern die Mini-Turbinen nicht im Einsatz sind. Er ermöglicht also eine freie, präzise Bewegung des Unterwasserroboters. „Das ist wichtig, um sich Objekten exakt nähern zu können“, sagt Forscher Sosnowski.