Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Karlsruhe forscht im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekts „Baumstoffformen“ im Forschungscluster „Nachhaltige Materialien und Produktionsprozesse“ im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an innovativen Verfahren zur ressourcenschonenden Herstellung von Formteilen. Ziel ist es, biogene Nebenprodukte wie Laub, Rinde und Holzspäne effizient zu verarbeiten – ohne mit der klassischen Holznutzung in Konkurrenz zu treten.
Von Rinde und Laub zum stabilen Formteil
Die bisherige Produktion von Kunststoffteilen ist mit einem hohen Verbrauch fossiler Ressourcen sowie erheblichen Umweltbelastungen verbunden. Gleichzeitig wächst der Druck auf den Rohstoff Holz – unter anderem durch seine Verwendung in der Energiegewinnung, in Verpackungen und im Bauwesen. Das Forschungsprojekt „Baumstoffformen“ setzt genau hier an: Das Ziel ist die Entwicklung eines Verfahrens zur Nutzung bislang ungenutzter, regional verfügbarer Reststoffe und leistet damit einen Beitrag zur Reduktion von Plastik sowie zur nachhaltigen Verwertung von nachwachsenden Rohstoffen.
Nutzung eines energieeffizienten Thermopressverfahrens
Zentrales Element des Projekts ist ein energieeffizientes Thermopressverfahren, das bereits bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen zwischen 85 und 120 °C stabile Formteile produziert – deutlich unterhalb der üblichen Verarbeitungstemperaturen von über 200 °C im konventionellen Thermoformen und dem Verpressen von Thermoplasten. Möglich wird dies durch den Einsatz eines auf Kolophonium und damit vollständig biobasierten Bindemittels, das sich bei Bedarf wieder lösen lässt.
Materialcharakterisierung und erste Versuchsergebnisse
In der Prozessentwicklung im Kunststofflabor der DHBW Karlsruhe kommen moderne Verfahren zum Einsatz, um den Einfluss einzelner Parameter wie Temperatur, Partikelgröße oder Presszeit auf Laub, Rinde und Holzspäne auf die Formteilherstellung zu analysieren. Dabei zeigte sich, dass insbesondere Baumrinde ein hohes Anwendungspotential aufweist.
Herstellung stabiler Formteile aus Baumrinde
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus den Versuchen konnten durch gezielte Vorbehandlung von Rinde, darunter standardisierte Trocknung, Zerkleinerung und Flexibilisierung – in Kombination mit natürlichen Harzen – Formteile, die stabil und belastbar sind, hergestellt werden. Die Festigkeit der so gewonnenen Platten ist vergleichbar mit Spanplatten mittlerer Dichte (MDF-Platten).

Diese bieten ein vielversprechendes Anwendungspotenzial, etwa als umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen Pressspanplatten für Möbel, Bodenbeläge oder den Innenausbau, und verdeutlichen die Chancen einer nachhaltigen Nutzung bislang ungenutzter regionaler Reststoffe. Die verwendeten Ausgangsstoffe stammen aus regionalen Quellen: Sie werden von einem Sägewerk sowie verschiedenen Abfallwirtschaftsbetrieben aus der Region bereitgestellt.
