Wie denkt die deutsche Bevölkerung über die Nutzung von Erdwärme? Dieser Frage ist die Universität Leipzig in einer Teilstudie eines von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) geleiteten Forschungsprojekts nachgegangen. Ziel der bundesweiten Befragung war es, den Status quo der öffentlichen Wahrnehmung und Akzeptanz der Oberflächennahen Geothermie zu erfassen – also jener Form der Erdwärmenutzung, bei der bis zu 400 Meter tiefe Sonden das thermische Potenzial des Erdreichs zum Heizen und Kühlen von Gebäuden nutzbar machen.
Das Ergebnis der nun veröffentlichten Studie: Die Mehrheit der Befragten bewertet erneuerbare Energien insgesamt sehr positiv, doch die Geothermie belegt im Vergleich zu anderen Energieformen wie Solar- oder Windkraft den letzten Platz. Nur wenige Befragte verfügen über fundiertes Wissen zum Verfahren, und einige Vorurteile prägen die Wahrnehmung. So werden etwa Risiken der Tiefen Geothermie wie beispielsweise Erdbeben fälschlicherweise auch mit der Oberflächennahen Geothermie assoziiert.
„Unsere Studie zeigt, dass Information entscheidend ist,“ erklärt Prof. Dr. Cornelia Wolf von der Universität Leipzig. „Geothermie wird bislang als eher unbekannte Energieform wahrgenommen. Wer mehr über die Technologie weiß, nimmt auch ihre Vorteile – etwa die Grundlastfähigkeit und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern – stärker wahr.“
Chancen erkannt – Kosten bleiben Hürde
Besonders positiv wird die Geothermie als langfristig nachhaltige und regionale Energiequelle bewertet, die über Generationen hinweg genutzt werden kann. Gleichzeitig sehen viele Befragte die hohen Investitionskosten und baulichen Anforderungen als größte Herausforderung.
Die Forschenden konnten außerdem zeigen, dass die Haltung gegenüber der Wärmepumpe eng mit der Wahrnehmung der Geothermie verknüpft ist: Wer Wärmepumpen positiv bewertet, sieht auch die Vorteile der Geothermie deutlicher. Soziodemografische Merkmale wie Alter, Bildung oder Geschlecht spielen dagegen eine untergeordnete Rolle.
Kommunikation als Schlüssel zur Wärmewende
Die Leipziger Studie bildet die Grundlage für den nächsten Schritt im Teilprojekt zur Kommunikation innerhalb von EASyQuart-Plus: Die Entwicklung neuer Formate, die das komplexe Thema Oberflächennahe Geothermie anschaulich und erlebbar machen sollen. Mithilfe von 3D-Visualisierungen und Virtual-Reality-Anwendungen sollen unterirdische Prozesse sichtbar und verständlich werden – sowohl für Fachleute als auch für Bürgerinnen und Bürger.
EASyQuart-Plus: Geothermie für energieeffiziente Stadtquartiere
Das Verbundprojekt EASyQuart-Plus zielt darauf ab, Planungsprozesse für geothermische Heiz- und Kühlsysteme zu optimieren. Unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Anke Bucher, Professorin für Angewandte Mechanik an der HTWK Leipzig, entwickeln die Projektbeteiligten digitale Modelle, um die Planung und den Betrieb von Anlagen zu vereinfachen und kosteneffizienter zu gestalten. Kern des Projekts ist die Kopplung von Simulationen der Vorgänge im Untergrund mit denen im Wärmeversorgungsnetz und im Gebäude samt Haustechnik – bis hin zur Entwicklung sogenannter digitaler Zwillinge von Erdwärmesondensystemen.
„Mit unseren Forschungsergebnissen wollen wir die Nutzung Oberflächennaher Geothermie in die Breite bringen,“ betont Prof. Dr. Anke Bucher. „Das Potenzial für eine nachhaltige und grundlastfähige Wärmeversorgung ist enorm.“
