In zwei Wochen startet die nächste UN-Klimakonferenz, die COP 30, in Belém/Brasilien. Jedes Jahr einigt sich die internationale Staatengemeinschaft auf Ziele zur Eindämmung der globalen Erwärmung. Doch die Umsetzung durch die nationalen Regierungen, Akteure aus der Wirtschaft und Bürger hinkt hinterher. Eine internationale Gruppe von Forschern, unter ihnen Stefan Nabernegg und Nina Knittel von der Universität Graz, sieht eine Ursache für diese Diskrepanz in den Bewertungsmodellen, die für die Verhandlungen über Klimaziele herangezogen werden. Denn diese lassen das Verhalten von Institutionen, Haushalten und Individuen meist außer Acht.
Damit Klimapolitik auch tatsächlich wirksam werden kann, müssen solche Aspekte aber berücksichtigt werden. In einer kürzlich im Wissenschaftsjournal PNAS erschienenen Publikation schlagen die Forschern vor, Analysemodelle verschiedener Entscheidungsebenen miteinander zu kombinieren, um die Kluft zwischen globalen Klimaabkommen und der lokalen Umsetzung besser zu verstehen und sie dadurch schließen zu können.
„Grundlage für die Verhandlungen bei den UN-Klimakonferenzen sind sogenannte integrierte Bewertungsmodelle, die aufzeigen, wie stark die Treibhausgase reduziert werden müssen, um den Temperaturanstieg zu bremsen. Gleichzeitig berücksichtigen sie, was wirtschaftlich noch verkraftbar ist“, erklärt Stefan Nabernegg, Klimaökonom am Wegener Center der Universität Graz.
Was diese Modelle nicht beachten, sind Faktoren, die das spezifische Verhalten von Institutionen, Haushalten und Individuen bestimmen, wie etwa Finanzmärkte oder soziale Normen. Diese spielen aber beispielsweise für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen eine wichtige Rolle.
„In unserer internationalen Forschungsarbeit haben wir uns die Potenziale von Modellkoppelungen angeschaut, um alle Ebenen – Klimapolitik, Wirtschaft und Verhalten – einzubeziehen“, berichtet Nabernegg. „Damit lässt sich zeigen, welche Überzeugungen, Präferenzen und Handlungsweisen von Entscheidungsträger:innen die Umsetzung von Maßnahmen erleichtern oder behindern können. Das sind für die Politik wichtige Informationen“, so der Forscher.
Modellkoppelungen machen auch deutlich, wie das Verhalten von Personen, veränderte soziale Normen und Trends gesamtwirtschaftliche Entwicklungen beeinflussen können. So führen etwa individuelle Entscheidungen für umweltfreundliche Mobilität, pflanzenbasierte Ernährung oder Investitionen in Photovoltaik zu Verschiebungen im Konsumverhalten, die sich auf Märkte und Finanzsysteme auswirken, was wiederum Einfluss auf die Möglichkeiten zur Finanzierung von Klimapolitik hat. Mit ihrer Arbeit appelliert das internationale Forschungsteam unter der Leitung von Tatiana Filatova von der TU Delft/Niederlande, Erstautorin der aktuellen Publikation, die Kombination von Modellen weiter voranzutreiben.
