Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) und der Universität Tirana hat im Rahmen einer Sommerschule das Ökosystem der Vjosa, eines der letzten unverbauten Flüsse Europas, untersucht. Im Mittelpunkt standen die Erfassung von Mikroplastikbelastungen, die Analyse der Biodiversität und die Entwicklung neuer Methoden für das Umweltmonitoring. Die Ergebnisse sollen einen Beitrag zur internationalen Mikroplastikforschung und zum Schutz sensibler Flusslandschaften leisten.
Wie stark ist eines der letzten unberührten Flusssysteme Europas durch Mikroplastik belastet? Mit dieser Frage beschäftigten sich Studierende, Doktorandinnen und Forschende der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) und der Universität Tirana im Rahmen einer zweiwöchigen Sommerschule an der Vjosa in Albanien. Das Ziel: neue wissenschaftliche Daten zur Belastung und zum Schutz dieses hochdynamischen Ökosystems zu gewinnen.
Sommerschule an der Vjosa liefert neue Daten für Umweltforschung
Unter Leitung von Prof. Dr. Kathrin Harre und Prof. Dr. Arne Cierjacks (HTWD) sowie Prof. Sajmir Beqiraj (Universität Tirana) führte das deutsch-albanische Team eines der bislang umfassendsten Monitoring-Projekte an der Vjosa durch. Der Fokus lag auf der Analyse des Zusammenhangs von Biodiversität, Gewässerökologie und Plastikverschmutzung.
Im Rahmen der Untersuchungen wurden Kartierungen durchgeführt und Wasser- sowie Sedimentproben auf Mikro- und Makroplastik beprobt. Insgesamt kamen 240 Kilogramm Probenmaterial zusammen, die nun in den Laboren der HTWD auf ihren Mikroplastikgehalt analysiert werden. Ergänzend dazu führten die Forschenden unter Leitung von Prof. Dr. Danilo Schneider, Professor für Photogrammetrie an der HTWD, Drohnenbefliegungen durch und erstellten hochaufgelöste digitale Geländemodelle. Die Geländemodelle dienen der räumlichen Analyse, indem sie die Probeentnahmestellen genau mit der Geländegeometrie verknüpfen. So lassen sich Profile quer zum Flusslauf erstellen, die die Höhenunterschiede zwischen Wasserfläche und Ufer zentimetergenau zeigen. Zudem ermöglichen sie virtuelle Simulationen von Wasserströmung und Sedimenttransport.
Beitrag zu internationalen Umweltstandards
Die Forschung an der Vjosa fand in einem Zeitraum statt, in dem weltweit wichtige Entwicklungen im Bereich des Mikroplastik-Monitorings und des Gewässerschutzes vorangetrieben werden. Mit der Veröffentlichung der DIN EN ISO 24187:2023 wurde erstmals ein international gültiger Standard zur Messung von Mikroplastik im Trinkwasser etabliert. Gleichzeitig wurde das Vjosa-Tal in das UNESCO-Programm „Der Mensch und die Biosphäre“ aufgenommen – ein entscheidender Schritt für die langfristige Erhaltung dieses einzigartigen Ökosystems.
„Mit der Vjosa verbinden wir nicht nur ein einzigartiges Ökosystem, sondern auch die großen Fragen unserer Zeit: Plastikverschmutzung und die Belastung der Ökosysteme durch Mikroplastik. Dazu haben wir an der HTWD in den vergangenen Jahren eine fundierte Expertise aufgebaut und die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in Albanien zeigt, wie Wissenschaft Verantwortung über Grenzen hinweg übernimmt“, erklärt Prof. Harre, Prorektorin der HTWD.
„Die Vjosa ist ein Lehrbuchbeispiel für die Dynamik von Flussauen. Hier wird sichtbar, wie eng Biodiversität, Wasserqualität und menschliche Eingriffe zusammenhängen. Für uns war es beeindruckend zu erleben, wie wissenschaftliche Arbeit und globaler Naturschutz ineinandergreifen“, ergänzt Prof. Cierjacks, Dekan der Fakultät Landbau, Umwelt und Chemie.
Den ersten Kontakt zur Universität Tirana stellte Xhoen Gjashta, Chemieingenieurin und wissenschaftliche Mitarbeiterin der HTWD Nachwuchsforschungsgruppe SEMUWA her. Gemeinsam mit Pauline Seidel, Geographin und Promovierende der HTWD, koordinierte sie das Projekt organisatorisch und logistisch, von der Zusammenstellung des Equipments bis zur Planung der Feldarbeiten in Albanien. „Wir sind sehr stolz auf die Studierenden, die das Projekt trotz 30 Grad Celsius im Flussbett engagiert unterstützt haben. Sie haben Proben geschleppt, Pflanzen bestimmt, Sediment gesiebt und abends noch Daten ausgewertet. Ihre Motivation hat uns als Teamleiterinnen enorm beeindruckt“, so die beiden Mitarbeiterinnen der HTWD.
