Mit KI besser auf Starkregen und Trockenphasen reagieren

Digital steuerbare Kanalklappen im Einsatz; Quelle: JenaWasser Copyright: JenaWasser

Der Klimawandel stellt die kommunale Wasserwirtschaft vor wachsende Herausforderungen: Immer heftigere Starkregenereignisse überfluten die Kanalisation, während längere Trockenperioden Leitungen austrocknen und Schäden verursachen. Das Forschungsprojekt InSchuKa 4.0 („Intelligente Steuerung von Kanalnetzen“) hat sich genau dieser Problematik angenommen.

Dreieinhalb Jahre lang arbeiteten kommunale Praxispartner, Technikunternehmen und Forschungseinrichtungen zusammen, um zu erforschen, wie Abwassersysteme künftig sicher, effizient und klimaresilient betrieben werden können. Ein Schwerpunkt lag auf der Integration von Betriebswissen in ein KI-basiertes Fallbezugssystem (Case-Based Reasoning, CBR) – einer Methode, die aus vergleichbaren Situationen lernt und daraus Steuerungsempfehlungen für Kanalnetze ableitet.

Koordiniert wurde das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF, jetzt BMFTR) geförderte Projekt durch die Hochschule Hof. Das Institut für nachhaltige Wassersysteme (inwa) übernahm die wissenschaftliche Leitung und sorgte dafür, dass die Beiträge aller Partner zu einem funktionsfähigen Gesamtsystem zusammengeführt wurden.

Intelligente Klappen statt teurer Betonbecken

Herzstück des Projekts ist ein neuartiges Konzept zur digitalen Kanalnetzbewirtschaftung. In Jena wurden zwei groß dimensionierte Edelstahlklappen in den Hauptsammler eingebaut. Diese lassen sich digital ansteuern und künftig durch eine KI-basierte Steuerung regeln. Das System verarbeitet Messwerte, Modellierungen und Wetterprognosen, um zu entscheiden, ob Wasser im Kanalnetz gespeichert oder abgeleitet werden soll. Ziel ist es, zwei gegensätzliche, aber gleichermaßen dringliche Herausforderungen des Klimawandels zu meistern:

• Starkregenmanagement: Entlastung überlasteter Kanalisationen zur Vermeidung von Überflutungen.
• Trockenphasenmanagement: Rückhalt von Wasser im Netz, um Leitungen vor Austrocknung und Ablagerungen zu schützen.

„Wir wollten zeigen, dass man mit bestehenden Netzen arbeiten kann, ohne gleich neue Rückhaltebecken errichten zu müssen“, sagt Robert Köllner, stellvertretender Werkleiter von JenaWasser. „Die intelligente Steuerung macht unser Kanalnetz flexibler und robuster gegenüber Extremwetter.“ Seit September 2025 läuft das System in Jena im Echtbetrieb – ein wichtiger Schritt von der Forschung in die Praxis.

Wissenstransfer: KI-Lösungen müssen auch ankommen

Ein zentrales Ziel von InSchuKa 4.0 war nicht nur die technische Entwicklung, sondern auch der Transfer in die kommunale Praxis. Das Team der Hochschule Hof untersuchte daher Entscheidungsprozesse in Stadtwerken und Verwaltungen: Welche Erwartungen bestehen an KI-gestützte Steuerungssysteme? Welche Chancen werden gesehen – und welche Hürden?

Eine bundesweite Online-Befragung von 154 Fachleuten aus Kommunen, Ingenieurbüros und Behörden zeigte: Intelligente Kanalnetzsteuerung wird als notwendiger Schritt zur Klimaanpassung erkannt. Gleichzeitig nannten die Teilnehmenden Hindernisse wie Fachkräftemangel, Ressourcenknappheit und Transparenzanforderungen bei KI-Entscheidungen.