Aus dem All eröffnet sich eine neue Sicht auf Treibhausgase und Luftschadstoffe: Künftig liefern europäische Satelliten erstmals detaillierte Emissionskarten, die bis auf die Beiträge einzelner Kraftwerke und Industrieanlagen reichen. Entwickelt wurden die dafür nötigen Methoden und Technologien von Forschenden der Empa im Rahmen internationaler Forschungsprojekte.
Ab 2027 starten die neuen Satelliten zur CO2-Messung (CO2M) in den Orbit. Ursprünglich waren nur zwei Exemplare geplant – doch Simulationen der Empa überzeugten die Europäische Kommission, einen dritten Satelliten bauen zu lassen. Damit verbessert sich die Messabdeckung deutlich: Statt alle fünf Tage können die Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) rund um den Globus nun alle 3,5 Tage erfasst werden.
Die neuen Instrumente werden flächendeckende Treibhausgasbilder mit einer Auflösung von zwei Kilometern liefern, die ganze Regionen erfassen und nicht nur schmale Messstreifen wie bisherige Satelliten. So lassen sich die Emissionen von einzelnen Ländern, Städten oder gar von einzelnen Kraftwerken räumlich detailliert bestimmen. Die CO2M-Mission ist Teil des Erdbeobachtungsprogramms Copernicus der Europäischen Union. Sie wird von der Europäischen Weltraumorganisation ESA entwickelt und anschliessend für den Betrieb an die Europäische Organisation für die Nutzung meteorologischer Satelliten (EUMETSAT) übergeben. Ihr Ziel ist die weltweite Überwachung der vom Menschen verursachten CO₂-Emissionen.
Stickstoffdioxid-Messungen machen den Unterschied
«Satelliten messen die Konzentrationen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen in der Atmosphäre – doch erst mithilfe aufwendiger Ausbreitungssimulationen lässt sich daraus ableiten, wie viele Emissionen ein Kraftwerk, eine Stadt oder gar ein ganzes Land wirklich ausstößt», erklärt Gerrit Kuhlmann von der Empa-Abteilung «Luftfremdstoffe / Umwelttechnik». Um herauszufinden, welche Technologien sich für solche Analysen eignen, simulierten die Empa-Forschenden bereits vor einigen Jahren die CO2-Messdaten eines künftigen Satelliten.
Diese Computersimulationen im Auftrag der ESA waren entscheidend dafür, dass die CO2M-Satelliten nicht nur CO₂, sondern auch Stickstoffdioxid (NO₂) messen werden. Diese Kombination ist wichtig, weil sich damit menschengemachte Emissionen von natürlichen Quellen unterscheiden lassen: Bei der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entsteht neben CO₂ stets auch NO₂ – im Gegensatz zu den natürlichen CO₂-Emissionen der Biosphäre.
Heute wenden die Empa-Forschenden ihre Modelle auf reale Satellitendaten an. Wie zuverlässig die Methode ist, zeigen Messungen des europäischen Copernicus-Satelliten Sentinel-5P. Sein TROPOMI-Instrument erkennt beispielsweise die Stickoxidemissionen grosser Kraftwerke in den USA. «Wir konnten die Abgasfahnen mehrerer Kraftwerke deutlich identifizieren und ihre Stickoxidemissionen bestimmen», so Kuhlmann. «Kraftwerke in den USA müssen ihre Emissionen täglich rapportieren – und unsere Berechnungen stimmen sehr gut mit diesen Meldungen überein.» Damit ist klar: Satelliten sind ein verlässliches Werkzeug, um Emissionen nicht nur zu beobachten, sondern auch mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Quadratkilometern zu quantifizieren.
Große Emittenten aufspüren
Nicht nur Regionen mit guter Datenlage wie Europa und Nordamerika sind im Fokus der Empa-Forschenden. Im Rahmen des europäischen CORSO-Projekts entsteht derzeit ein globaler Datensatz zu grossen Emittenten wie Kohle-, Gas- und Ölkraftwerken, Zementwerken sowie Eisen- und Stahlfabriken. Der Abgleich von Emissionsabschätzungen für Stickoxide basierend auf öffentlichen und kommerziellen Datenbanken mit den tatsächlichen TROPOMI-Messungen brachte dabei bereits einige Überraschungen: Manche der aufgeführten Anlagen existieren gar nicht, andere fehlten in den Emissionsdatenbanken. In vielen Ländern lagen auch die Annahmen über die eingesetzten Brennstoffe daneben – etwa bei sogenannten Dual-Fuel-Kraftwerken, die sowohl mit Öl als auch mit Gas betrieben werden können.
«Wir konnten zeigen, dass vielerorts hauptsächlich Gas genutzt wird, was zu deutlich geringeren Stickoxidemissionen führt als angenommen», erläutert Kuhlmann.
Die entwickelten Methoden und Technologien sollen künftig auch auf Treibhausgase wie CO₂ übertragen werden. «Heute können wir mit Satellitendaten bereits zuverlässig Luftschadstoffe wie Stickoxide quantifizieren. In wenigen Jahren werden wir mit den CO2M-Satelliten auch die grossen Treibhausgasquellen weltweit präzise und kontinuierlich erfassen können», sagt Kuhlmann. Damit eröffnet sich aus dem All eine neue Perspektive, die detailliert zeigt, ob die Welt beim Klimaschutz wirklich vorankommt.
