Recyclingfähige Schaumstoffe entwickelt

Regelmäßig besprechen die Wissenschaftler Fortschritte in der Entwicklung der Breakomers-Schaumstoffe mit Prof’in Dr. Adelheid Godt. Quelle: Elena Berz Copyright: Universität Bielefeld/

Betten, Sofas, Sessel – Matratzen und Polster sind allgegenwärtig, doch ihr Ende ist meist problematisch: In aller Regel werden sie verbrannt, weil es bisher unwirtschaftlich oder unmöglich ist, sie wiederzuverwerten, oft auch beides. Ein Team von Forschenden der Universität Bielefeld rund um den Chemiker Dr. Kubilay Ceyhan wollte sich damit nicht zufriedengeben und hat recyclingfähige Schaumstoffe entwickelt. Um nun den Schritt vom Labor in den Markt zu schaffen, wird das angestrebte Start-up-Unternehmen ab Dezember mit 1,5 Millionen Euro vom exist-Forschungstransfer des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gefördert.

„Kunststoffe entstehen aus kleinen Bausteinen, sogenannten Monomeren. Bei der Entwicklung der wiederverwertbaren Schaumstoffe verfolgen die Chemiker Kubilay Ceyhan, Christian Fabek, Paulo Wohlfahrt und der Wirtschaftsingenieur Willy Zubert den Ansatz, Sollbruchstellen (englisch: „breaking points“) in diese Monomere einzubauen, daher auch der Name „Breakomers“ ihrer Forschungsprojektgruppe. „Wird ein Kunststoff aus einem solchen Breakomers-Baustein hergestellt, enthält das Material bereits eingebaute Sollbruchstellen, die ein chemisches Recycling unter milden Bedingungen ermöglicht“, erklärt Paulo Wohlfahrt.

Technologie erstmals bei Schaumstoffen angewandt

Das Konzept, Sollbruchstellen in Kunststoffe einzubauen, erfährt aktuell einen großen Hype“, sagt Willy Zubert. „Jedoch war es bisher nicht gelungen, diese Technologie auch bei Schaumstoffen anzuwenden.“ Das haben erst die Bielefelder Wissenschaftler geschafft: Das Team hat Breakomers-Bausteine entwickelt, die sich zur Herstellung von Schaumstoffen für die Matratzen- und Polsterproduktion eignen. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Produkten: Haben sie das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht, lassen sich aus ihnen die Bausteine rückgewinnen und daraus neue Matratzen und Polster herstellen. Ein Recyclingkreislauf entsteht.

Das Prinzip dabei ist folgendes: Zunächst werden die Breakomers-Bausteine durch chemische Synthese hergestellt, anschließend mit einer weiteren Komponente vermischt. Diese Mischung wird dann zur Reaktion gebracht. Dadurch entsteht ein Schaumstoffblock, der sich beliebig zuschneiden lässt. Durch den Einbau von Sollbruchstellen kann der Schaumstoff beim Recyceln wieder in seine ursprünglichen Ausgangskomponenten zerlegt werden. Dieser Prozess lässt sich beliebig oft wiederholen. Es entstehen dabei stets dieselben Ausgangsstoffe und der gleiche Schaumstoff. Für Verbraucher wichtig zu wissen: Der Schaumstoffblock baut sich nicht unter Alltagsbedingungen ab.

Kubilay Ceyhan stieß während seiner Promotion bei Professor Dr. Harald Gröger eher zufällig auf ein Molekül, das sich für die Herstellung von abbaubaren Kunststoffen eignet. „Diese Entdeckung haben wir direkt zum Patent angemeldet“, erzählt Ceyhan. „Im weiteren Verlauf meiner Promotion entwickelte ich einen Baukasten aus weiteren Molekülen, die ebenfalls Sollbruchstellen enthielten. Eines faszinierte mich dabei besonders, weil ich früh erkannte, dass es sich ideal für recyclingfähige Kunststoffe eignet.“

Aus Forschung entwickelt sich Start-up-Idee

Rasch entstand daraufhin die Idee, ein Start-up zu gründen, das sich mit diesem Material beschäftigt. Auf dem Weg von der Forschung zur Ausgründung bekommen Ceyhan und seine Mitstreiter vielfältige Unterstützung. „Vor allem Professorin Dr. Adelheid Godt war uns von Beginn an eine große Hilfe und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der nun bewilligte Förderantrag ein Erfolg wurde“, so Paulo Wohlfahrt.

Zunächst aber empfahl ihnen Professor Gröger, am Chemstars-Wettbewerb teilzunehmen. Dort knüpften die Wissenschaftler erste Kontakte zur Start-up-Szene. Außerdem erhielten sie darüber Hilfe bei der Ausarbeitung ihres Geschäftsmodells und der Antragsstellung für den exist-Forschungstransfer. Das Programm fördert Breakomers in den kommenden zwei Jahren mit 1,52 Millionen Euro. In dieser Zeit stellt Professorin Godt von der Fakultät für Chemie der Universität dem Breakomers-Team Laborräume zur Verfügung und berät die Gruppe als Chemikerin auch fachlich.

„Die Ausarbeitung des Geschäftsplans war bisher die größte Herausforderung“, sagt Christian Fabek, „denn dafür mussten wir uns klar positionieren und definieren, was für ein Unternehmen Breakomers sein soll.“ Dabei unterstützt hat sie das Zentrum für Unternehmensgründung (ZUg) der Universität Bielefeld. Auch bei allen bisherigen Patentanmeldungen stand es den Chemikern zur Seite.