Stickstoff ist für das Wachstum von Pflanzen unerlässlich – zu viel davon kann jedoch erheblichen Schaden anrichten. Wie Wälder den Nährstoff regulieren, hängt nicht nur von den Bäumen ab, sondern auch von den unscheinbareren Gewächsen in den unteren Schichten – wie eine aktuelle Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Friedrich-Schiller-Universität Jena beweist. Sie zeigt, dass die Pflanzen der Kraut- und Moosschicht eines Waldes eine entscheidende Rolle dabei spielen, wie viel Stickstoff im Ökosystem verbleibt und wie viel in unteren Erdschichten oder Gewässern versickert.
Für ihre Forschung sammelte ein interdisziplinär zusammengesetztes Team aus dem Sonderforschungsbereich „AquaDiva“ der Universität Jena Daten für drei verschiedene Waldtypen im sogenannten Saale-Elster-Sandsteinplatte-Observatorium südlich von Jena. An 93 Messpunkten in Buchen-, Fichten- und Kiefernwäldern installierten sie Sensoren, die erfassten, welche und wie viele Nährstoffe innerhalb eines Jahres durch die oberste Bodenschicht hindurchfließen. Dabei stellten sie fest, dass dort, wo die Vegetation am Boden besonders dicht ist, besonders wenig Stickstoff in den Boden gelangte.
Moose helfen bei der Stickstoffreduktion des Waldes
Vor allem Moose erwiesen sich als besonders gute Filter, die den Stickstoff im Ökosystem hielten und ihn nicht versickern und etwa ins Grundwasser gelangen ließen. „Mit unserer Arbeit konnten wir nun zeigen, dass krautige Pflanzen und insbesondere die Moose eine zentrale Rolle im Nährstoffhaushalt des Waldes spielen“, erklärt Till Deilmann von der Universität Jena. „Sie tragen dazu bei, den Stickstoff im System zu halten und sind somit daran beteiligt, dass Böden nicht durch übermäßigen Stickstoffeintrag belastet werden.“
Die Expertinnen und Experten untersuchten dabei außerdem, welche Rolle sogenannte funktionelle Merkmale der krautigen Pflanzen – also die Eigenschaften, die etwas darüber aussagen, wie sie mit ihrer Umgebung interagieren – spielen. Sie fanden heraus, dass beispielsweise schnell wachsende Pflanzenarten Stickstoff schneller aufnehmen, ihn aber auch schneller wieder abgeben.
Häufiger nach unten schauen
Solche Beobachtungen helfen dabei, den Stickstoffkreislauf in Wäldern generell besser zu verstehen. Das Element gelangt hauptsächlich durch Niederschläge in den Waldboden. Auf dem Weg dahin passiert das Wasser in der Regel einige Schichten: Zunächst fällt es durch das Blätterdach der Baumkronen, dringt dann durch Strauchgewächse und gelangt schließlich in die Kraut- und Moosschicht, bevor das Wasser im Boden versickert.

„Während wir über den Einfluss der Bäume auf den Nährstoffkreislauf des Waldes ganz gut informiert sind, wissen wir über den Unterwuchs direkt am Waldboden relativ wenig – und das, obwohl wir hier die größte Artenvielfalt in einem Wald finden“, sagt der Jenaer Biologe. „Solche Forschungsergebnisse zeigen allerdings, dass es sich lohnt, häufiger nach unten zu schauen. Wenn wir das Ökosystem Wald global verstehen wollen, dann müssen wir die Kraut- und Moosschichten stärker in Modelle einbeziehen. Bisher werden sie zu wenig berücksichtigt.“
Zudem helfen Erkenntnisse wie diese dabei, die zunehmende Stickstoffbelastung zu bekämpfen. Zu viel Stickstoff in Form von Ammonium im Boden lässt ihn übersäuern, schadet den dort lebenden Organismen und hat erhebliche Auswirkungen auf die Pflanzenwelt. Einige Pflanzenarten werden von anderen Arten, deren Wachstum durch große Mengen Stickstoff profitiert, verdrängt, wodurch sich die Pflanzengemeinschaften verändern.
Zudem gelangt über den Boden Stickstoff in Form von Nitrat ins Grundwasser und gefährdet die Trinkwasserqualität. Möglicherweise lassen sich aus den Ergebnissen der Jenaer Forschenden neue Handlungsempfehlungen für die Forstwirtschaft ableiten, um das Wachstum dieser kleinen Pflanzen zu fördern und so die Filterwirkung des Waldes zu vergrößern.
