Ernährungssicherung in Zeiten des globalen Wandels

Kreuzung von Reislinien an der JLU. Quelle: Muhammad Shahedul Alam

Durch die Nutzung fossiler Brennstoffe ändert sich die Zusammensetzung unserer Atmosphäre und das kann auch das Pflanzenwachstum beeinträchtigen. Denn neben einem Anstieg der Konzentration des Treibhausgases CO2 nehmen weltweit auch die Ozonkonzentrationen zu. Dieses reaktive Gas schützt uns zwar in der Stratosphäre vor UV-Strahlung, in der unteren Atmosphäre schädigt es jedoch die menschliche Gesundheit und das Pflanzenwachstum. Besonders betroffen sind die bevölkerungsreichen und dicht besiedelten Länder Asiens wie etwa Bangladesch. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Michael Frei, Professur für Pflanzenbau und Ertragsphysiologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), hat nun ozonresistente Reissorten gezüchtet. 

In früheren Studien haben Gießener Wissenschaftler um Prof. Frei bereits gezeigt, dass die Produktion von Reis, dem mit Abstand wichtigsten Grundnahrungsmittel für über 170 Millionen Menschen in Bangladesch, signifikant durch Ozonbelastung gefährdet ist. Ozon dringt in die Reisblätter ein, schädigt das Gewebe und führt über verminderte Photosynthese zu erheblichen Ertragseinbußen.

Nun präsentieren sie eine Lösung für dieses Problem: Der aus Bangladesch stammende Pflanzenzüchter Muhammad Shahedul Alam entwickelte am Institut für Pflanzenbau und Ertragsphysiologie der JLU neue Reissorten, die unter Ozonbelastung kaum oder keine Ertragseinbußen zeigen. Dazu verwendete er eine Züchtungsmethode, die als markergestützte Selektion bezeichnet wird.

JLU-Forschende züchten ozonresistente Reissorten für Bangladesch. Ozonbegasungsversuch mit neu gezüchtetetn Reislinien in einem Gewächshaus an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Foto: Muhammad Shahedul Alam

Bei dieser Technik werden gezielt Gene einer Spendersorte mithilfe molekularer Marker in bereits bestehende Hochleistungssorten eingekreuzt, um diesen zusätzliche Stresstoleranz zu verleihen. Das Gießener Forschungsteam nutzte hierfür Gene aus einer alten bengalischen Reissorte, die in Sorten eingekreuzt wurden, die sowohl bei Bäuerinnen und Bauern als auch bei Konsumentinnen und Konsumenten in Bangladesch sehr beliebt sind.

„Die Eleganz dieser Züchtungstechnik besteht darin, dass für die zahlreichen notwendigen Kreuzungsschritte und molekularen Analysen keine Feldflächen benötigt werden, sondern dass dies auch in unseren Gewächshäusern und Laboren an der JLU möglich ist“, so Prof. Frei.

Die neu gezüchteten Linien wurden zunächst in Ozonbegasungsversuchen im Gewächshaus in Gießen und anschließend in einem Feldversuch in Bangladesch getestet. Das Ergebnis: Während herkömmliche Sorten unter Ozonbelastung Ertragseinbußen von bis zu 40 Prozent zeigen, wiesen die neu entwickelten Sorten kaum Einbußen oder sogar stabile Erträge auf.

Die Züchtung von ozonresistentem Reis sehen die Gießener Wissenschaftler als eine mittelfristige Lösung zur Ernährungssicherung in bevölkerungsreichen Ländern wie Bangladesch in Zeiten des globalen Wandels „Langfristig muss es unser Ziel sein, die Nutzung fossiler Brennstoffe und die damit einhergehende Luftverschmutzung zu reduzieren und damit die Ozonbelastung auch in Asien zu senken“, betont Prof. Frei.