Mit einem neuen kompakten Leitfaden gibt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) Betrieben mit Milchkuhhaltung wertvolle Tipps, um klimaschädliche Treibhausgase (THG) wie Methan und Lachgas zu reduzieren – mit geringem Mehraufwand und ohne wesentliche Mehrkosten. Zugleich wird so strikteren Vorgaben zum THG-Ausstoß Rechnung getragen.
Der Anteil der Landwirtschaft an in Deutschland ausgestoßenen, klimaschädlichen Treibhausgasen beträgt laut Umweltbundesamt 8,2 Prozent. Das entspricht 53,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2)-Äquivalenten. Den Großteil davon nehmen Methan, hauptsächlich aus der Tierhaltung (62,1 Prozent), sowie Lachgas meist aus mineralischen und organischen Düngern (33,4 Prozent) ein. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Wir brauchen betriebsindividuelle Lösungen zur Reduktion der hohen Treibhausgas-Emissionen. Allerdings müssen die Betriebe diese Veränderungen auch finanziell stemmen können.“
Klimaschonende Milchkuhhaltung: ein Gewinn für Umwelt und Betriebe
Genau dies ist Ziel des von der DBU geförderten LfL-Forschungsprojekts: Forschende haben seit 2021 einen Leitfaden zur Verbesserung der Treibhausgas-Bilanz von Milchkuh-Betrieben entwickelt. Projektbearbeiterin Diana Schneider: „Neben der Senkung klimaschädlicher Emissionen nimmt der Leitfaden auch Wechselwirkungen mit anderen Nachhaltigkeitsaspekten wie Nahrungskonkurrenz und Flächennutzung in den Blick.“ Auch eine ökonomische Bewertung sei für alle Maßnahmen durchgeführt worden. Die dafür notwendigen Modellierungen wurden Schneider zufolge mit dem Klimarechner der LfL durchgeführt: Dem LfL Klima-Check.
Neun Ansätze zur Reduktion von Treibhausgasen
Insgesamt 30 Landwirtschaftsbetriebe hat das Projekt laut Schneider untersucht – 14 im Östlichen Hügelland Schleswig-Holsteins und 16 im Berchtesgadener Land in Bayern. Kooperationspartner waren die Universität Kiel, die Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau und die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.
Schneider: „Aus den Erkenntnissen sind neun Ansätze entstanden, wie Milchproduzenten ihre Treibhausgas-Emissionen reduzieren können.“ Dabei ist Schneider wichtig, dass „die Ergebnisse keine Detailanleitung für alle deutschen Betriebe sind – dafür ist die Branche viel zu divers“. Stattdessen diene der Leitfaden als Denkanstoß für die Landwirtschaft sowie für Beraterinnen und Berater. „Mit den Fachleuten muss schließlich die beste Lösung für jeden Betrieb erarbeitet werden“.
Intelligenter Einsatz von Ressourcen spart Geld und schützt das Klima
Eine der wichtigsten Erkenntnisse: „Wer Ressourcen intelligent einsetzt, spart selbst bei gleichbleibendem Ertrag Geld und leistet gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz“, sagt Schneider. Dies beziehe sich auf viele im Leitfaden detailliert ausgearbeitete Aspekte. Unter anderem kann Schneider zufolge eine Verlängerung der Nutzungsdauer angestrebt werden. Dadurch sinken die Emissionen aus der Bestandsergänzung, denn die Kuh bleibt länger produktiv, gesund und es müssen weniger Kalbinnen – also junge, weibliche Kühe ohne ersten Nachwuchs – aufgezogen werden.
„Ein anderer Ansatz ist beispielsweise die Optimierung des Erstkalbealters, denn die Tiere treten eher in ihre produktive Phase ein. Dadurch sinken Emissionen und auch Kosten in der Jungviehaufzucht Solche Synergieeffekte seien Gegenstand der Projektforschung gewesen, so Schneider.
Verlängerte Weidezeit, weniger Emissionen
Beim Anbau von eigenem Futter können Milchkuhbetriebe laut Schneider Überdüngung vermeiden, was wiederum Ressourcen spart und das Ausgasen von Lachgas reduziert. „Ein weiterer Synergieeffekt kann durch eine verlängerte Weidezeit erreicht werden, denn durch die Kot-Harntrennung auf der Weide wird weniger Ammoniak gebildet. Dieses ist zwar selbst nicht klimaschädlich, kann sich aber in das sehr klimaschädliche Lachgas umwandeln.“ Auch die Anpassung der Fütterung, beispielsweise durch die Nutzung von Reststoffen aus der Lebensmittelindustrie wie Biertreber, kann Schneider zufolge die Treibhausgasemissionen senken: „Denn durch die Rest- und Abfallstoffe entstehen kaum zusätzliche Emissionen.“ Die Betriebe müssten dann jeweils die individuell besten Lösungen für ihren Standort finden.
Spürbarer Sinneswandel innerhalb der Branche
Seit Beginn des Projekts stellt Schneider „einen spürbaren Wandel beim Interesse der Branche an der Treibhausgas-Reduktion“ fest. Anfangs hätten nur wenige Betriebe, Beratungsstellen und Molkereien die Entwicklungen verfolgt. Kurz vor Abschluss des Leitfadens sei das Interesse jedoch stark gewachsen. „Da konnten wir uns vor Anfragen kaum retten“, sagt Schneider. Aus ihrer Sicht ein klares Indiz für den Sinneswandel der Branche. Die Betriebe hätten „die Chancen einer Umstellung auf eine Milchproduktion mit geringeren Treibhausgasen erkannt – und suchen nach umsetzbaren, praktischen Lösungen“.
Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat das Projekt mit rund 281.000 Euro gefördert. Nun steht der Leitfaden kostenfrei bereit: www.lfl.bayern.de/iba/agrarstruktur/390179/index.php.
