Mikroplastik im Meer: Was kann man dagegen tun?

Prof. Dr. Thomas Jüstel Foto: FH Münster

Bei den Steinfurter Campus-Dialogen präsentierten Forscher der FH Münster einen neuen technischen Ansatz: „Die Ozeane und ihre Biosphäre sind in großer Gefahr – auch durch die steigenden Mengen an Mikroplastik. Wenn sich daran nichts ändert, wird das schlimme Folgen für uns alle haben.“ Mit diesen Worten verdeutlichte Prof. Dr. Thomas Jüstel in der vergangenen Woche die Relevanz des Themas, das im Mittelpunkt der Steinfurter Campus-Dialoge stand: Plastik im Meer.

Plastikmüll im Meer: Eine Katastrophe – WWF Deutschland © Gavin Parsons Marine Photobank

Der Forscher und Dekan des Fachbereichs Chemieingenieurwesen der FH Münster präsentierte gemeinsam mit Doktorand Max-Fabian Volhard eine Idee, wie zukünftig die Plastikflut in den Weltmeeren reduziert werden könnte – nämlich durch Kunststoffzusätze, die mit Sonnenlicht und Salzwasser bewirken, dass sich das Material von selbst zersetzt.

Volhard, der zurzeit zu diesem Thema promoviert, gab den rund 100 Zuhörern einen Einblick in seine Forschung, die in den Bereich der Photochemie fällt. Auch wenn dabei einige Formeln und Fachausdrücke eine Rolle spielten, wurde auch Besuchern, deren Chemieunterricht schon etwas zurückliegt, der Ansatz klar: Die Wissenschaftler nutzen die Eigenschaften des Kunststoffzusatzes Titandioxid, der unter UV-Strahlung wie ein Katalysator wirkt. „Das Material zersetzt sich dann selbst zu CO2 und Wasser“, so Volhard. Damit dieser Prozess nicht bereits beginnt, wenn die Plastikflasche noch im Einkaufswagen liegt, haben sie eine Polyphosphatbeschichtung hinzugefügt. Diese reagiert auf Salzwasser. „Erst wenn das Material mit Meerwasser in Berührung kommt, schaltet sich der Katalysator an und der durch das Sonnenlicht induzierte Abbau beginnt.“

Foto: Alfred-Wegener-Institut

Dass dies wirklich so geschieht, hat Volhard in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen bereits hieb- und stichfest getestet. Aber bis dieser Ansatz in der Plastikindustrie umgesetzt werden kann, ist trotzdem noch viel Forschungsarbeit nötig. „Im Moment schaue ich, wie man den Katalysator am besten in den Kunststoff einarbeiten kann“, sagte Volhard. Denn damit sich auch winzige Mikroplastik-Teilchen, die eine besonders große Gefahr für die Biosphäre der Meere sind, auflösen, müsse der Zusatz homogen im gesamten Material verteilt sein. Wünschenswert wäre zudem ein sogenannter Meerwasser-Reaktor samt Sonnensimulator, um realitätsnahe Versuche durchzuführen.

Die Forscher hoffen, dass sich Kunststoffhersteller in der Zukunft überzeugen lassen, dieses Verfahren anzuwenden – auch wenn es einen etwas höheren Preis bedeuten würde. Und natürlich seien darüber hinaus noch viele weitere Ideen nötig, um das Problem anzugehen, betonte Jüstel. „Um die derzeit existierende Menge an Mikroplastik zumindest auf dem gleichen Niveau zu halten und einen weiteren Anstieg zu verhindern, müssten wir den Eintrag um den Faktor 27 verringern.“

WWF Blog – WWF Deutschland
Wie kommt der Plastikmüll ins Meer?

Dies sei nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Maßnahmen zu erreichen: eine höhere Recyclingquote, von der Politik geschaffene Anreize und Verbote sowie Forschung an abbaubarem Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen. „Wir müssen unsere Kunststoffnutzung grundsätzlich verändern“, appellierte Jüstel. „Im Moment wird Plastik zu einem sehr großen Teil für Verpackungen genutzt: Die Herstellung dauert Sekunden, die Nutzung vielleicht ein paar Stunden – und der Abbau Jahrzehnte bis Jahrhunderte!“

 

 

Zum Thema:

Die Veranstaltung war die zwölfte Ausgabe der Steinfurter Campus-Dialoge. Die von der FH Münster und dem KulturForumSteinfurt initiierte Reihe hat das Ziel, wissenschaftliche Themen anschaulich und allgemein verständlich zu beleuchten. Die Besucher sind eingeladen, Fragen zu stellen und mit den Forschern ins Gespräch zu kommen. Die nächsten Steinfurter Campus-Dialoge finden am 15. Mai statt. Thema wird sein: „Dicke Luft wegen Dieselmotoren – Hintergründe zur Schadstoffdebatte“.