Niedersachsen: Sonne, kein Wasser und eine schlechte Ernte“

Wir erleben eine seit April andauernde außergewöhnliche Wärme und Trockenheit. Der Klimawandel spielt dabei eine Rolle. Bildnachweis: WetterOnline / Shutterstock

Niedersachsens Landvolkpräsident Albert Schulte to Brinke wählt ein drastisches Bild, um die Ernteerwartungen der niedersächsischen Bauern zu schildern. Bis zu der Hitzewelle Ende Juni war von einem durchschnittlichen Ergebnis ausgegangen worden, doch diese Erwartungen müssen nach einer Umfrage zur Getreiderundfahrt des Landvolkes Niedersachsen nun nach unten reduziert werden. Der Verband lotet zu Beginn der Getreideernte die Marktchancen im Austausch mit Landhandel, Genossenschaften und Verarbeitungsunternehmen aus, in diesem Jahr in Bohmte im Osnabrücker Land. „Nach der Dürre ist vor der Dürre“, fasst Karl-Friedrich Meyer als Vorsitzender im Getreideausschuss zusammen, die Wasservorräte im Boden seien aufgebraucht. Sollte die Witterung der kommenden Tage und Wochen weiter durch ein so ein starkes Regendefizit wie bisher geprägt sein, müssen die Getreidebauern ihre Ertragserwartungen deutlich nach unten korrigieren.

Gerste Foto: Landvolk NDS

Dis Ernte der Wintergerste startete so früh wie selten zuvor und geht bereits in den Endspurt. „Man kann jeden Bodenpunkt erkennen und jeden Millimeter nachvollziehen“, beschreibt Meyer das stark schwankende Ertragsniveau. Mit einem Anbauumfang von 160.000 ha hat die Wintergerste wieder ein normales Level erreicht, Winterweizen nimmt mit 400.000 ha rund die Hälfte der gesamten Getreidefläche Niedersachsens mit einem Umfang von gut 800.000 ha ein.

Getreiderundfahrt des Landvolks Foto: ebenda

Nach der Ernte 2018 ging eine starke Sogwirkung vom Markt für Futtergetreide aus, auch diese Situation könnte sich jetzt wiederholen. Roggen wurde bereits als Ganzpflanzensilage zur Grundfutterversorgung des Milchviehs oder als Substrat für Biogasanlagen einsiliert. Die Rinderbetriebe benötigen weitere Futterreserven, um den jetzt aufgrund der Hitze fehlenden Grasaufwuchs auszugleichen. Die hiesigen Mühlen decken sich kontinuierlich ein, weitere Impulse können von Exportmöglichkeiten ausgehen. Schulte to Brinke kritisiert in dem Zusammenhang die Zunahme politisch bedingter Reglementierungen wie eine weitere Verschärfung der Düngeverordnung oder Einschränkungen im Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.

„Die Welt ist ein Dorf, wir stehen in direkter Konkurrenz zu anderen Ländern“, verdeutlicht er. Zusätzlich wirken sich politische Entscheidungen wie Handelsbeschränkungen oder Währungsdisparitäten auf Angebot und Nachfrage von Agrarprodukten aus und erfordern von den Landwirten eine stetige Marktbeobachtung. Die professionelle Erzeugung, wie sie Stefan John auf seinen Feldern bei Bohmte präsentierte, setzt nicht nur den notwendigen Pflanzenschutz voraus, wenn er benötigt wird, sondern auch eine an den Pflanzenbedarf angepasste Düngung.

Trinkwasser hat Vorrang

Unstrittig hat die Bereitstellung von Trinkwasser bei der Wasserversorgung Vorrang. Die Wasserversorger liefern das Trinkwasser allerdings auch an Gewerbe und Industrie, wo es als Brauch- oder Prozesswasser anderweitig genutzt wird. „In diesem Kontext muss die Wassernutzung der Landwirtschaft zur Nahrungsmittelerzeugung ebenfalls eine höhere Priorität erhalten“, sagt Landvolkvizepräsident Dr. Holger Hennies. Alle Wasserverbraucher sollten Brauchwasser sparsamer einsetzen und für diese Zwecke möglichst kein Trinkwasser nutzen. Diese Argumente führt er in die Diskussion um die Wasserversorgung an, die das Umweltbundesamt unter dem Tenor „Streit ums Wasser“ eröffnet hat.

Alle müssen beim Wasserverbrauch sparen

Der Klimawandel wird in Niedersachsen nach Einschätzung des Landvolkes zu einem größeren „Verteilungsproblem“ bei Wasser führen. Es gibt auf der einen Seite Regionen mit geringen Niederschlägen und daraus folgend einer geringen Grundwasserneubildung, wie aktuell schon zu beobachten ist. Auf der anderen Seite treten häufiger Starkniederschläge auf, die oberflächlich abfließen und damit die Grundwasservorräte auch nicht ausreichend auffüllen können. „Hier gibt es Ansatzpunkte für Anpassungsstrategien“, sagt Hennies. Sie müssten darauf ausgerichtet sein, möglichst viel an Niederschlagswasser für die Grundwasserneubildung zu nutzen und auch anderweitige Speicher- und Verteilungslösungen zu erschließen