Drohnen fliegen über die deutschen Wälder, und die Forstwirtschaft proklamiert den Klima-notstand für den Wald. Bevor weitere Kahlschlagflächen durch Notfällungen entstehen oder Buchenwälder von Douglasien durchmischt werden, ruft die BundesBürgerInitiative Waldschutz (BBIWS) die deutsche Forstwirtschaft dazu auf, ihre Methoden zu hinterfragen und sie als ursächlich für die tragische Reaktion der Buchen auf den Klimawandel zu sehen.
Gerade die Drohnenfilme der Forstämter zeigen laut BBIWS-Autorin, eine wesentliche Ursache des Sterbens: Die jahrzehntelange Tortur forstlicher „Erziehung“ der Buchen-Reinbestände deutscher Wirtschaftswälder. Solch preußisch anmutende Erziehung beinhaltet etwa Freistellung der Kronen und Schirmschlag, also eine Öffnung nach dem Samenabfall und die Entnahme schattenspendender Mutterbäume. Hinzu kommt die häufige Befahrung der Bestände sowie ihre Zerschneidung in Streifen und Rückgassen, was Boden und Wurzelraum hoch verdichtet. So ist nicht nur die Kapazität für Wasserspeicherung und -transport gestört, sondern auch die Versorgung von Jungbäumen über das Wurzelnetz der Altbäume und der Austausch von Nährstoffen über das Versorgungsnetzwerk der Pilze im Boden.
Die BBIWS und die unter ihrem Dach versammelten Waldbürgerinitativen sind mit ihrer Meinung nicht allein. Der ehemalige Forstdirektor des Stadtwaldes Lübeck, der sich vor Jahrzehnten schon von der alten Schule der „Waldpflege“ abgewendet hatte, kritisiert schärfstens die rund 25 Eingriffe in 100 Jahren zur „Erziehung“, „Zuwachssteigerung“ und „Wertholzbildung“. Insgesamt 10 Sünden benennt er, die zur Schwächung unserer Wälder führten und die Widerstandskraft gegen Extremereignisse zerstört haben.
Aber gerade diese Resilienz ist notwendiger denn je, meint die BBIWS und zitiert Professor Pierre Ibisch von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde, der meint, dass es eindeutig abhängig von ihrer Bewirtschaftungshistorie sei, „wie Buchen mit Hitze und Dürre zurecht kommen“. Er plädiert dafür, „Praktiken zu hinterfragen, die den Wald schwächen“. Notwendig sei ein Biomasseaufbau und der Verbleib von mehr Totholz. Ältere, biomassereiche Bestände, wo Förster auf Vorratsaufbau gesetzt hätten, seien weniger anfällig bei Extremereignissen. Diese, auf Forschungsergebnissen basierende Aussage, wird konterkariert von der jüngst von der AG Rohholz geäußerten, durchschaubaren Behauptung, unser Wald sei „zu alt und zu dick“ und man solle alte Wälder mehr nutzen.
Schon in den 1990er Jahren schrieb der ehemalige Leiter des Forstamtes im Steigerwald, Georg Sperber, dass „die Plantagenwirtschaft zunehmend zum störanfälligen Reparaturbetrieb verkommen“ sei.
Heute zeigen sich auch im Steigerwald die Probleme durch Trockenheit, die aber laut BBIWS ursächlich mit der langjährigen försterlichen Behandlung zusammenhängen. Konkurrenzdruck hätte die Altbuchen dazu bringen können, die Keupertone zu durchwurzeln, um an tiefere Wasserschichten zu gelangen, dies lassen zumindest Forschungsergebnisse der Universität Lüneburg vermuten. Aber, schreibt die BBIWS, „dieser Druck wurde ihnen durch Durchforstung und Ausrichtung auf Zielbäume genommen“.
Den Wald einfach mehr in Ruhe lassen!
Die BBIWS befürchtet kopfloses Handeln, nun, wo die Folgen des Klimawandels in den Nadelwaldmonokulturen überdeutlich sichtbar sind, und sich sogar in vielen Laubwäldern erkennen lassen. Dazu gehört auch das Unterpflanzen mit exotischen Baumarten. Der Nachhaltigkeitsforscher Ibisch befürchtet ebenfalls Panikreaktionen, und warnt davor, künstliche Ökosysteme zu erzeugen, die wieder nicht stabil blieben. Der Buchenwaldexperte Nobert Panek fordert als Sofortmaßnahme, „alle forstlichen Eingriffe in den über 120-jährigen Buchenbeständen einzustellen und dafür Hilfsprogramme zur Entschädigung aufzulegen“. Am Ende lassen sich die wichtigsten Forderungen der BBIWS auf einen schlichten Nenner bringen: Mehr und vor allem alte Bäume im Wald belassen und weniger Forstmaschinen einsetzen; den Wald einfach mehr in Ruhe lassen. Damit ist dem Klima geholfen und auch dem Wald selbst.