Klimaerwärmung findet nicht nur im Fernsehen statt, sondern auch in Deutschland vor der eigenen Haustür. Europa gehört sicher nicht zu den dürre-gefährdetsten Regionen der Welt, dennoch leiden auch bei uns viele Gebiete immer wieder unter starker Trockenheit. Zwischen den Jahren 2006 und 2010 waren gut 15 Prozent des Gebietes der europäischen Gemeinschaft und 17 Prozent der europäischen Bevölkerung, besonders im Mittelmeerraum, von Dürren betroffen. Dies schlägt sich auch in Zahlen nieder: Die wirtschaftlichen Verluste belaufen sich auf geschätzte 100 Milliarden Euro.
Durch den Klimawandel und erhöhten Wasserverbrauch würden die Folgen von Dürren zukünftig wahrscheinlich noch schwerwiegender ausfallen. Davor warnen jetzt Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Die Dürreperioden würden zukünftig länger dauern, es würden deutlich größere Flächen und damit deutlich mehr Menschen betroffen. Bei einer Erwärmung um nur drei Grad, so die Wissenschaftler, würden extreme Ereignisse wie beispielsweise die Dürre von 2003 in Zukunft in weiten Teilen Europas der Normalzustand sein.
Im Fall einer globalen Erwärmung um drei Grad würde sich die Fläche der Dürregebiete in Europa im Vergleich zu dem Zeitraum 1971 bis 2000 von 13 sogar auf 26 Prozent verdoppeln. Das zeigten die Modellierungen des Autorenteams, an dem sich neben dem UFZ Wissenschaftler aus den Vereinigten Staaten, den Niederlanden und Großbritannien beteiligten. Auch wenn es gelingen sollte, die Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, so wie dies im Pariser Klimaschutzabkommen festgehalten worden sei, würden die Dürreregionen in Europa 19 Prozent der Fläche einnehmen. Und damit nicht genug. Die internationale Wissenschaftlergruppe prophezeit, dass mit Ausnahme von Skandinavien die größten Dürreereignisse zudem drei bis viermal länger dauern würden als in der Vergangenheit. Man müsse davon ausgehen, dass dann bis zu 400 Millionen Menschen betroffen sein könnten.
Negative Folgen seien besonders rund um das Mittelmeer zu erwarten. Hier würden sich die Dürregebiete im extremsten Fall von 28 Prozent auf bis zu 49 Prozent der Fläche ausbreiten können. Darüber hinaus werde es in der nahen Zukunft eine größere An- zahl Dürremonate pro Jahr in Südeuropa geben. Für einige Teile der iberischen Halbinsel prognostizieren der UFZ-Hydrologe Dr. Luis Samaniego und sein Kollege Dr. Stephan Thober, beide sind Hauptautoren der Studie, sogar mehr als sieben Dürremonate. Eine Erwärmung von 3 Grad würde im Übrigen dazu führen, dass der Wassergehalt im Boden bis zu einer Tiefe von zwei Metern um 35 Millimeter zurückginge. Dies bedeute, dass auf einem Quadratkilometer 35.000 Kubikmeter Wasser nicht mehr zur Verfügung stünden. Das entspräche in etwa dem Wasserdefizit, das während der Dürreperiode im Sommer 2003 in weiten Teilen Europas geherrscht habe. Dürreereignisse dieser Intensität und Ausbreitung könnten also bei einer Erderwärmung von drei Grad künftig doppelt wirken und in weiten Teilen Europas zum Normalzustand werden. Künftige Dürren würden diesen Normalzustand bei weitem übertreffen; die Auswirkungen auf Zivilgesellschaft und Wirtschaft würden erheblich sein, so die Wissenschaftler. Laut der Umweltstiftung WWF Deutschland drohten ökologische, ökonomische und soziale Katastrophen, von denen auch Deutschland betroffen werden würde. Über 780 Millionen Menschen weltweit hätten laut WWF schon jetzt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden Menschen lebten ohne grundlegende Sanitäreinrichtungen. Bei einer wachsende Bevölkerung, steigendem Konsum und anhaltendem Klimawandel würden sich die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser weiter verschlechtern. Zugleich gingen die entscheidenden Ökosysteme verloren: In den vergangenen 100 Jahren seien laut WWF weltweit über 50 Prozent der Feuchtgebiete verschwunden.
Die Mittelmeerregion würde zwar besonders getroffen, aber auch in anderen Regionen Europas wie beispielsweise Deutschland würde sich der Klimawandel drastisch bemerkbar machen. Könnte es sogar in Deutschland in Folge dieser Klimaveränderungen zu Wüstenbildung kommen? Nicht unter den normalen Bedingungen der wissenschaftlichen Prognose, aber tatsächlich gibt es in Deutschland auch eine große heimische Wüste. Sie ist gut fünf Quadratkilometer groß und befindet sich in der Lieberoser Heide in der brandenburgischen Niederlausitz. Hier handelt es sich um die die größte Wüste auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Die größte Wüste in Mitteleuropa ist übrigens die polnischen Błędów-Wüste. Die Lieberoser Wüste ist durch einen großen Waldbrand im Jahr 1942 entstanden. Später war sie dann Kern des sowjetischen Truppenübungsplatzes Lieberose. Durch die ständige Nutzung mit schwerem militärischen Gerät blieb das Gelände dauerhaft offen und entwickelte sich zu einer so genannten Panzerwüste. Nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Abzug der sowjetischen Streitkräfte ist die Landschaft sich weitgehend selbst überlassen und Teil des Naturschutzgebiets Lieberoser Endmoräne. Die deutsche Wüste taugt eingedenk ihrer Entstehung nicht wirklich als Beispiel für die kommenden Klimaprobleme-gibt aber einen guten Vorgeschmack auf kommende Entwicklungen.
Die zitierten Studien des Internationalen Autorenteams wurden von Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung organisiert und im Wissenschaftsmagazin Nature Climate Change veröffentlicht. Erstmals haben Forscher beschrieben, wie sich ein globaler Temperaturanstieg von ein bis drei Grad Celsius europaweit auf die Ausbreitung und die Dauer von Dürren auswirken könnte. Das sind keine beruhigenden Aussichten.