Damit wirbt der Dorfladen von Grafeld, einem kleinen Ort der Gemeinde Berge im niedersächsischen Landkreis Osnabrück. Der Grafelder Dorfladen wurde im Herbst 2017 eröffnet; gegründet von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die mit der Gründung des Dorfladens nicht nur die Lebensmittelversorgung sicher stellen wollen, sondern auch hoffen, damit der weiteren Dorfflucht etwas entgegen setzen zu können. Und diese Hoffnung teilen sie wohl mit den meisten der rund 200 Bürger-Dorfläden in Deutschland.
Ein großes Problem vor allem sehr kleiner und weit von einer größeren Stadt gelegenen Dörfer ist die Versorgung mit Gütern des Alltages. In vielen Gemeinden gibt es ganz einfach keinen Lebensmittelladen mehr. Der Weg zum nächsten Supermarkt ist weit. Und gerade ältere Menschen sind häufig gar nicht mehr in der Lage, mit dem Auto dorthin zu fahren. Die Busverbindungen sind umständlich. Aber es gibt auch gute Neuigkeiten: Die Zahl gemeinschaftlich betriebener Dorfläden steigt inzwischen an, wie beispielsweise in Bendingbostel, einem Dorf mit rund 700 Einwohnern im Landkreis Verden. Der Lintler Laden wurde 1997 gegründet. Damals zahlten 23 Bürger, vor allem Landwirte aus der Region umgerechnet 1.500 € ein. Doch irgendwann lief es einfach nicht mehr. Die Akzeptanz war zu gering. 2014 dann die Neugründung als Wirtschaftlicher Verein. Rund 100 Bürger und Bürgerinnen steckten jeweils 250€ in den neuen Verein. In der Folge veränderte sich der Lintler Dorfladen. Er wurde modernisiert, hat jetzt eine kleine Kaffeeecke, ein Paketdienst bietet hier seine Dienste an, man kann Lotto spielen, auch die örtlichen Produzenten aus den Nachbardörfern bieten weiterhin ihre Waren an, das alles auf einer Fläche von rund 90 Quadratmetern. Auch das Sortiment ist erweitert worden. Man legt nun Wert auf regionale und frische Produkte.
An einem gewöhnlichen Wochentag herrscht im Lintler Dorfladen zwar kein Gedränge, aber es doch kommen regelmäßig Kunden, um hier vor allem ihren täglichen Bedarf zu decken. „Wir haben hier als zentralen Anlaufort nur noch den Dorfladen. Der hat eine sehr hohe Bedeutung, über die Nahversorgung hinaus für die Menschen“, sagt Wolfgang Rodewald, Bürgermeister von Kirchlinteln. Der Dorfladen gehöre im Prinzip den Einwohnern von Bendingbostel. „Das stärkt auch das Wir-Gefühl, so dass die Menschen quasi in ihrem eigenen Laden einkaufen“.
Dabei ist den Betreibern des Dorfladens klar, dass sie mit den Diskountern nicht konkurrieren können. Dazu fehlt die Einkaufsmacht. Ein Dorfladen ist auch beschränkt in seinem Angebot, allein schon deshalb, weil die Verkaufsfläche klein ist. Dafür zählt etwas anderes. „Dorfläden sind nämlich Treffpunkt im Dorf und damit eine wichtige Kommunikationsstelle, eine Schaltstelle für den Informationsaustausch“, sagt Klaus-Dieter Karweik vom Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Er kennt sich aus in Sachen Dorfläden. Er hat schon mehrere Gründungen begleitet und engagiert sich im „Netzwerk Dorfladen“. Das Netzwerk ist eine Beratungseinrichtung für Einzelpersonen, Dorfgemeinschaften und Initiativen, wenn es um die Gründung und den Erhalt der „letzten Einkaufmöglichkeit“ im Dorf geht.
Über die Mühen der Ebene
Am Anfang scheint alles ganz einfach. Enthusiasmus und Engagement sind die Voraussetzung. Und dann? „Die erste Schwierigkeit ist eben, dass Leute das zur eigenen Sache machen, dass sie auch die Kraft und den Mut und auch die Kompetenzen rechtzeitig um sich herum gestalten, um auch wirklich konzeptionell arbeiten zu können“, betont, Dr. Martin Franz, Professor für Wirtschaftsgeographie an der Universität Osnabrück. Die zweite Schwierigkeit bestehe darin, das zu finanzieren. Man müsse sich darüber im Klaren sein, dass ein Bürgerdorfladen, wenn man Unternehmensaspekte und normale kaufmännische Prinzipen anwende, „dann bräuchte man keinen Dorfladen, dann gäbe es eben diesen Einzelhandelsladen“.
Der Osnabrücker Wirtschaftsgeographie Martin Franz beschäftigt sich mit den Auswirkungen von großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen, wie zum Beispiel der Digitalisierung und Globalisierung. Was die Zukunftsfähigkeit gemeinschaftlich betriebener Dorfläden angeht, ist er eher skeptisch, obwohl er das Entstehen von Dorfläden mit viel Sympathie verfolgt. Sie könnten durch das gemeinsame Engagement auch das Dorf verändern, es wiederbeleben, so Prof. Franz weiter. Doch in seinen Forschungen hat Franz herausgefunden, dass „der Enthusiasmus für so einen Laden relativ häufig schnell wieder abflaut“. Das Problem sei häufig, dass sogar die Anteilseigner am Gemeinschaftsladen zu wenig einkaufen und der Laden sich auf Dauer nicht trägt. Das kann, muss aber nicht in jedem Fall so sein.
Langfristig allerdings sieht der Wissenschaftler große Probleme auf die kleinen Dorfläden zukommen: Stichwort e-commerce. Bislang gibt es Produkte, die im Online-Handel noch nicht so verbreitet sind. Aber das kann und wird sich aller Voraussicht nach ändern. Für Dorfläden und auch für den städtischen Einzelhandel könnte es bald schwieriger werden, weil verstärkt Waren gekauft werden, die bisher noch nicht im Online-Handel so verbreitet sind. Deshalb stelle sich langfristig die Frage, ob angesichts der Alternativen der Dorfladen, also der sogenannte stationäre Einzelhandel, überhaupt noch nötig sein wird.
Perspektiven
Für den klassischen Dorfladen, der nur eine Grundversorgung garantiert, könnte es schwierig werden. Wenn aber gar nichts mehr da ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass noch mehr Menschen den ländlichen Raum verlassen, umso größer. Als Ausweg bietet sich aus Sicht des Wirtschaftsgeographen Martin Franz eine Kombination von Einzelhandel und verschiedenen Dienstleistern an. Denkbar wäre ein dörfliches Zentrum, in dem neben Dorfladen, Cafè und Kneipe es auch etwa eine Bankfiliale, Ärzte, Pflegedienste gibt.
Allerdings müssten solche Gemeinschaftseinrichtungen staatlich subventioniert werden. Es sei eben die Frage, so Martin Franz, „will eine Gesellschaft sich das leisten oder will sie sich das nicht leisten, solche Infrastrukturen vorzuhalten“.
Für den Bürgermeistern von Kirchlinteln Wolfgang Rodewald steht aber zunächst einmal fest: „Der Dorfladen ist unverzichtbarer Bestandteil des Ortes geworden“.