Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf Oberflächengewässer. Die steigende Temperaturen könnten Seen aus dem Gleichgewicht bringen. Und dass es hier nicht darum geht in die Zukunft hinein zu menetekeln, zeigt eine wissenschaftliche Übersicht des Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin. In ihrem Dossier fassen die Wissenschaftler zusammen, welchen tatsächlichen Veränderungen Seen bereits unterzogen werden und was in Zukunft zu erwarten ist.[1]
Problematisch für die Seen sei die Entwicklung hin zu höheren Temperaturen infolge des Klimawandels, warnt das IGB. Weltweit haben die Berliner Wissenschaftler bereits seit dem Jahr 1985 einen Anstieg der sommerlichen See-Temperaturen um durchschnittlich 0,34 °Celsius pro Jahrzehnt beobachten können. Damit seien die Temperaturen des Oberflächenwassers stärker und schneller angestiegen als die vergleichbaren Lufttemperaturen, stellt Prof. Dr. Rita Adrian, Leiterin der Abteilung Ökosystemforschung am IGB und Mitautorin des Dossiers fest.
Zyklus eines typischen dimiktischen Sees: Die Wassersäule wird zweimal im Jahr durchmischt. | Abbildung: © Pearson Education, Inc., publishing as Benjamin Cummings; Design: unicom Werbeagentur GmbH
Direkte Folgen des Klimawandels seien höhere Wassertemperaturen und eine schwächere, beziehungsweise kürzere Eisentwicklung in den Wintermonaten. Aber damit nicht genug, mit Sorge schauen die Wissenschaftler auf die sogenannten indirekten Effekte wie beispielsweise die veränderten Licht-, Sauerstoff- und Nährstoffverhältnisse. Diese Faktoren hätten einen großen Einfluss auf das Ökosystem See. Auch steigende Zuflüsse aus dem Einzugsgebiet in Regionen mit erhöhten Niederschlägen würden die Gewässer vermehrt mit Nährstoffen belasten.
Eine Art pauschale Schadensmeldung sei zurzeit nicht möglich, sicher sei aber, dass die steigenden Temperaturen dazu führten, dass sich wärmetolerante Fischarten verstärkt nach Norden ausbreiten und kälteliebende Arten verdrängen. Klimafolgenforschung und langfristige Monitoringprogramme könnten helfen, tragfähige Anpassungsstrategien zu entwickeln. Damit Seen als Lebensraum, aber auch in ihren verschiedenen Funktionen, die sie für uns Menschen etwa als Trinkwasserreservoir, für die Binnenfischerei, für Erholung und Tourismus, erhalten bleiben, brauche es ein ganzheitliches, flexibles und langfristiges Gewässermanagement, konstatieren die Wissenschaftler des Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei,
Dass Seen wertvolle Wasserressourcen für Menschen, Leben und sozioökonomische Entwicklung sind, wird in einer der Kernregionen des trockenen Zentralasiens in Nordwestchina überdeutlich. Hier ist Wasser eine rare Ressource. Eine neue chinesische Studie untersucht die Seen der Region und listet die Veränderungen der vergangenen 30 Jahre in der Region auf. Es zeigte sich, dass die Anzahl der Seen von 121 auf 135 anstieg und die Gesamtfläche des Sees von 5495 Quadratkilometer auf 6445 Quadratkilometer in dieser Region anstieg.[2] In Seengebieten kam es jedoch vor allem in den weniger bevölkerten Gebirgsregionen zu einem Anstieg der Gletscherschmelze und der Zunahme der Niederschläge. Umgekehrt seien die Seen in den dicht besiedelten Regionen seit dem Jahr 2000 um 40 Prozent zurückgegangen, was mit der zunehmenden Bewässerungsintensität zusammenhänge. Diese Ergebnisse deuten nicht nur auf eine anhaltende Wasserkrise in Nordwestchina hin, sondern bringen die Wissenschaftler auch dazu, von der Politik dringend ein nachhaltiges Wassermanagement für diese kritische Region zu fordern.
Der Klimawandel und die Auswirkungen auf die Seen gehört zu den gravierendsten ökologischen Herausforderungen für die Menschheit und die Ökosysteme.[3] Der Klimawandel hat einen großen historischen Einfluss auf die globale Biodiversität und wird sich auch weiterhin auf die Struktur und Funktion natürlicher Ökosysteme auswirken, einschließlich der Fischerei, wie Chris Harrod von der University of Antofagasta in Chile unlängst deutlich machte. Fachleute für Süßwasserfischerei müssten über die wahrscheinlichen Auswirkungen des Klimawandels in ihrem Bereich informiert werden. Die möglichen Auswirkungen auf die Nutzung und Bewirtschaftung von Süßwasserfischen könnten in einigen Ländern zu Ernährungsproblemen führen.
[1] http://www.fv-berlin.de/news/wenn-seen-ins-schwitzen-kommen-aktuelles-igb-dossier-erlaeutert-die-folgen-des-klimawandels
[2] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0140196318301265?via%3Dihub
[3] https://www.researchgate.net/publication/282814011_Climate_change_and_freshwater_fisheries