In der internationalen Klimapolitik gewinnen religiöse Gruppen und Organisationen zunehmend an Einfluss.
„Sie haben sich etwa bei den UN-Klimakonferenzen als Akteure unter den Nichtregierungsorganisationen etabliert und werden als eine Macht ernst genommen, die in vielen Ländern, nicht zuletzt durch hohe Mitgliederzahlen, umweltpolitische Prozesse effektiv anstoßen können“, sagte die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Katharina Glaab von der Norwegischen Universität für Umwelt- und Biowissenschaften (NMBU) in der Reihe „Religion und Umwelt“ am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ in Münster. „Um klimapolitisch wirksam zu werden, gründen religiöse Akteure interreligiöse Koalitionen und kooperieren mit säkularen Organisationen“, so Glaab. Christliche Organisationen wie „Brotfür die Welt“, die „Lutheran World Federation“ und der Vatikan, aber auch buddhistische, muslimische und interreligiöse Gruppen bringen vor allem ethische Dimensionen und Gerechtigkeitskriterien in klimapolitische Verfahren ein. „Internationale Umweltpolitiker beziehen religiöse Akteure zunehmend in die Beratungen ein, weil sie ihnen viel Potenzial für gesellschaftliche Transformationen zuschreiben“, führte Glaab aus.
„Sie gehen davon aus, dass Religionen Weltbilder formen können, eine hohe moralische Autorität besitzen, viele Anhänger haben und neben erheblichen Ressourcen auch ein enormes soziales Kapital zur Bildung starker Gemeinschaften haben.“ Wie Glaabs Studien ergaben, ziehen religiöse Umweltaktivisten ein Engagement im Rahmen etablierter politischer Institutionen offenen Protestaktionen vor – „obwohl sie inhaltliche Bedenken von radikaler agierenden zivilgesellschaftlichen Gruppen teilweise teilen, etwa gegenüber marktbasierten Lösungen gegen den Klimawandel“. Glaab zeigte im Rahmen des Forschungsprojekts „Religiöse Akteure in der Global Governance“ am Exzellenzcluster am Beispiel der Verhandlungen zum Pariser Klimaabkommen der Vereinten Nationen (UN) 2015, dass der „Organisationsgrad des religiösen Engagements“ wächst und interreligiöse Koalitionen zunehmen
Wie Formen von Spiritualität zu einem nachhaltigen ökologischen Wandel beitragen können, hat dieniederländische Soziologin Dr. Annick de Witt in der Reihe „Religion und Umwelt“ am Exzellenzcluster„Religion und Politik“ dargelegt. „In der Umweltpolitik ist immer häufiger zu hören, dass es ohne Transformation unserer Weltanschauungen und unserer Beziehung zur Natur keinen Wandel zur Nachhaltigkeit geben wird“, sagte die Wissenschaftlerin. Solche Veränderungen zeichneten sich nun ab: Es entstehe eine „Kultur der zeitgenössischen Natur-Spiritualität“.
Die Soziologin hat dieses Phänomen untersucht, indem sie in qualitativen Interviews Naturliebhaber, Umweltaktivisten und spirituell ausgerichtete Menschen zu ihren Konzepten von Natur, Spiritualität und zu ihren bedeutungsvollsten und nachhaltigsten Naturerlebnissen befragte.
Der englischsprachige Vortrag trug den Titel „ Feeling at home in the cosmos: Contemporary spirituality and the transformation towards sustainability“ („Zuhause im Universum. Gegenwärtige Spiritualität und der Wandel zur Nachhaltigkeit“). Annick de Witt zeigte auf, dass Menschen, die Natur als etwas Heiliges verehren oder ihr einen immanenten Wert zuweisen, eine gesteigerte Sensibilität für nachhaltiges Handeln aufweisen. Sie ordnete dabei ein, „welche Potenziale, aber auch Fallstricke“ für einen ökologischen Wandel in diesen Haltungen liegen können. Dabei nahm sie auch in den Blick, wie für eine Kultur der Nachhaltigkeit geworben werden könne und diese langfristig zu kultivieren.
Quelle: Universität Münster. Exzellenzcluster Religion und Politik
https://www.uni-muenster.de/Religion-und-Politik/