LÜNEBURGER HEIDE: ARTENVIELFALT NIMMT DEUTLICH AB

Der Tieröko­lo­ge Thors­ten Aßmann gehört zu den führen­den Laufkäfer-Ex­per­ten welt­weit. Jetzt hat er wie­der neue Ar­ten ent­deckt und be­schrie­ben. Eine Ar­beit, die fach­li­ches Au­gen­maß er­for­dert. Foto: Leuphana

Laufkäfer sind we­sent­lich für funk­tio­nie­ren­de Öko­sys­te­me in un­se­ren Brei­ten: Die­se In­sek­ten ernähren sich un­ter an­de­rem von Schädlin­gen wie Ei­chen­pro­zes­si­ons­spin­ner oder Kar­tof­felkäfer. Fast 25 Jah­re lang über­prüften der Tieröko­lo­ge Prof. Dr. Thors­ten Aßmann und sein Team von der Leu­pha­na Uni­ver­sität Lüne­burg alle zwei Wo­chen den Ar­ten­be­stand in ei­nem al­ten, nach­hal­tig be­wirt­schaf­te­ten Wald­ge­biet in der Lüne­bur­ger Hei­de, dem Hof­gehölz Möhr. Da­bei stell­ten die For­scher ei­nen dra­ma­ti­schen Rück­gang der Ar­ten­viel­falt bei die­sen Käfern fest.


Laufkäfer Carabus problematicus, fotografiert im Sommer 2003 auf dem Deister Quelle Wikipedia /Tortuosa

Der Wissenschaftler ist be­sorgt: „Die Ar­ten­viel­falt ist hier im Un­ter­su­chungs­zeit­raum um fast ein Drit­tel zurück­ge­gan­gen und in der Ten­denz wei­ter ab­neh­mend. Ge­ra­de in ei­nem Na­tur­schutz­ge­biet hätten wir da­mit nicht ge­rech­net.“ Als Gründe dis­ku­tie­ren die For­scher un­ter an­de­rem den Kli­ma­wan­del. Tem­pe­ra­tu­ren stei­gen, es wird tro­cke­ner. „Für Lar­ven, die sich im Som­mer ent­wi­ckeln, ist das sehr pro­ble­ma­tisch. Ge­ra­de Tie­re die­ser Ar­ten ha­ben wir im­mer sel­te­ner ge­fun­den“, be­rich­tet Aßmann. Ne­ga­ti­ve Aus­wir­kun­gen können auch Pes­ti­zi­de ha­ben, die auf na­hen land- und forst­wirt­schaft­li­chen Flächen ver­wen­det wer­den:

„Häufig wer­den auch Nicht-Ziel­or­ga­nis­men geschädigt“, erklärt der Ex­per­te. Aßmann warnt vor ei­ner wei­te­ren Ab­nah­me der Di­ver­sität: „Ar­ten­viel­falt ist eine Ver­si­che­rung für die Zu­kunft. Eine nach­hal­ti­ge Land- und Forst­wirt­schaft etwa wird ohne In­sek­ten wie Laufkäfer nicht möglich sein.“

Im Ge­gen­satz zu vor­he­ri­gen Lang­zeit­stu­di­en ha­ben die For­scher nicht nur die Bio­mas­se der Tie­re er­fasst, son­dern auch die Ar­ten be­stimmt. Ein aufwändi­ges, aber auch wich­ti­ges Ver­fah­ren: „Nur wenn wir wis­sen, wel­che Ar­ten ver­schwin­den, können wir sinn­vol­le Na­tur­schutz­maßnah­men pla­nen“, erklärt Aßmann. Laufkäfer sind in die­ser Hin­sicht be­son­ders in­ter­es­sant, da sie als In­di­ka­to­ren für veränder­te Um­welt­be­din­gun­gen gel­ten. Vie­le Tie­re können nicht flie­gen und sind des­halb oft aus­brei­tungs­schwach. Ver­schwin­den sie aus Le­bensräumen, ist das für Wis­sen­schaft­ler oft ein Warn­zei­chen.

Aßmann plädiert für wei­te­re Lang­zeit­stu­di­en: „Deutsch­land hinkt hier zurück. Wir woll­ten mit un­se­rer Ar­beit auch zei­gen, wie wich­tig sol­che Un­ter­su­chun­gen sind.“