Die meisten sterben ganz leise und langsam. Ab und an wird es mal dramatisch, dann gibt es fernsehgeeignete Bilder, Interview mit Tränen – ein kurzes Zucken in der Öffentlichkeit, das aber schon Sekunden später in postmodernes Achselzucken übergeht.
Da der Bezugspunkt der meisten urbanen Menschen zur Landwirtschaft irgendwo in den prallgefüllten Regalen der Discounter liegt, zu Beginn eine Definition , was in diesem Kapitel im Mittelpunkt steht. Das Statistische Bundesamt definiert die Sache so: „Landwirtschaftliche Betriebe sind technisch-wirtschaftliche Einheiten, die über eine vorgegebene Mindestgröße an landwirtschaftlich genutzter Fläche oder über Mindesttierbestände oder Mindestanbauflächen für Spezialkulturen verfügen, für Rechnung einer Inhaberin beziehungsweise eines Inhabers bewirtschaftet werden, einer einheitlichen Betriebsführung unterliegen und die in Anhang I der Verordnung (EG) Nummer 1166/2008 genannten Tätigkeiten wie pflanzliche Erzeugung, Tierhaltung, landwirtschaftliche Dienstleistungen als Haupt- oder Nebentätigkeit ausüben.“ Ländliche Kultur, Traditionen oder gar ökologische Aspekte werden hier nicht erfasst und beschrieben, aber dies ist ja auch nicht die Aufgabe der Wiesbadener Statistiker. [1]
Wir konstatieren erst einmal erst einmal korrekt statistisch das Höfesterben. Und stellen fest, der Strukturverlust hält weiter an. Ein Blick zurück macht die Entwicklung besonders deutlich, 1949 gab es ungefähr 1,8 Millionen landwirtschaftliche Betriebe auf dem Gebiet der gerade gegründeten Bundesrepublik Deutschland. Davon waren im Jahr 2016 noch gerademal 275.000 Höfe übrig. Auf den verbliebenen Höfen erzeugt gut eine Million Menschen Waren im Wert von rund 50 Milliarden Euro im Jahr. „Honi soit qui mal y pense“, im Gegensatz zur Zahl der Höfe blieb die land- wirtschaftliche Nutzfläche in Deutschland seit der Wiedervereinigung immerhin nahezu konstant bei rund 17 Millionen Hektaren. Dieser Logik folgend hat die durchschnittliche Betriebsgröße in den vergangenen Jahren in Deutschland deutlich zugelegt. Es gibt reichlich, und meist auch sehr nachvollziehbare Gründe für diese Entwicklung und das Entstehen immer größerer landwirtschaftlicher Betriebe. Die schon diskutierte Nachfolgerproblematik spielt hier ebenso eine wichtige Rolle wie der auch in der Landwirtschaft gestiegene wirtschaftliche Druck.
Die Branchenanalysen – „Agrar 4.0 der Deutsche Zentral-Genossenschaftsbank DZ Bank AG, sie ist innerhalb des genossenschaftlichen Finanzsektors als Zentralinstitut für mehr als 1000 Kreditgenossenschaften zuständig, stellt fest, dass eine zunehmende Betriebsgröße die notwendigeren Investitionen in Lagerkapazitäten oder in moderne und teure Landtechnik erleichtere. Und hier stünden wir erst ganz am Anfang, denn eingedenk der zunehmenden Digitalisierung und der steigenden Abhängigkeit der deutschen Landwirte von den Weltmarktpreisen für Agrarprodukte, sei damit zu rechnen, dass solche Investitionen in den nächsten Jahren immer wichtiger würden. Und damit nicht genug, so die DZ Bank weiter, in der Landwirtschaft bestehe bereits heute ein beträchtlicher Nachholbedarf bei den Investitionen. [2]
Für das Höfesterben gibt es vielerlei Gründe. Zum einen: Es fehlt der Nachwuchs. Die Kinder von Landwirten haben keine Lust, in die Fußstapfen ihrer Eltern zu treten und ziehen den sicheren Beruf einer nicht-landwirtschaftlichen Existenz vor. In vielen Fällen auch wegen der geringen sozialen Anerkennung, dem Mobbing der Bauernkinder und der kontinuierlichen Schelte für jedes in der Öffentlichkeit diskutierte Umweltproblem. Dabei muss aber auch festgestellt werden, dass sich die Sicht der Bundesbürger auf die Landwirtschaft in jüngster Zeit verändert hat. Sie betrachtet zudem den landwirtschaftlichen Beruf als einen der wichtigsten und zukunftsträchtigsten Berufe, so jedenfalls lässt es uns eine repräsentative Emnid-Untersuchung zum Image der Landwirtschaft 2017 wissen. . Der mit Abstand größte Teil der Deutschen, sprich 87 Prozent bewerte eine leistungsfähige Landwirtschaft als einen wesentlichen Bestandteil der Lebensqualität und -fähigkeit der Bundesrepublik. Und eigentlich noch besser für die Landwirte: Im Ranking der Berufe sei der Landwirt auf Platz 2, nach Platz 3 im Jahr2012, vorgerückt, hinter dem Arztberuf und vor dem Polizisten, so Emnid weiter. Die positive Reputation der Bäuerinnen und Bauern fälle in der Bevölkerung in allen Bundesländern durchweg mit 79 Prozent sehr positiv aus). Die sogenannte „moderne Landwirtschaft“ werde von 61 Prozent der Deutschen anerkannt, nur 32 Prozent sähen diese eher mit Vorbehalten. Und für ländlich engagierte Journalisten besonders hervorzuheben, auch wenn dies in Landesfunkhäusern und Chefredaktionen noch nicht wirklich angekommen ist, fast jeder zweite Befragte habe Interesse an landwirtschaftlichen Themen. Und Frauen deutlich mehr als Männer. Thematisch liegt hier die Lebensmittelqualität mit 94 Prozent ganz weit vorne, gefolgt vom Umgang mit Nutztieren und der oft diskutierten Transparenz in der Lebensmittelproduktion. Schade nur, dass gerade zu der Zeit wo sich endlich so etwas einstellt wie ein öffentliches Bewusstsein für unsere Landwirtschaft, die Bauern großflächig auf dem Rückzug sind.
[1] https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/LandForstwirtschaftFischerei/Agrarstrukturerhebung2016/ErhebungArbeitsteilung.html
[2] https://bielmeiersblog.dzbank.de/wp-content/uploads/2018/01/Branchenanalysen_Agrar-4_0.pdf