Das Zukunftspotenzial des bedeutendsten nachwachsenden Rohstoffes: Holz

Dr. Eva-Ursula Müller, Abteilungsleiterin Wald, Nachhaltigkeit und Nachwachsende Rohstoffe im BMEL, sieht die Reihe Charta für Holz im Dialog als wichtigen Baustein für Austausch und Vernetzung zwischen Wirtschaft, Politik und Verbraucherseite. Foto-Quelle: BMEL/FNR/photothek

Startup-Gründer und Universitätsprofessor, Bloggerin und Unternehmer, Ökofreak und Waldbesitzer, Konsumentin, Umweltschützerin oder Politiker – wer am 10.12. im Auditorium Friedrichstraße Berlin auf dem Podium oder aus der Zuhörerschaft das Wort ergriff, der hatte Produktives beizusteuern zum Thema „Klima-Werte-Wandel: Wie wollen wir in Zukunft leben?“ Die zweite Veranstaltung der Reihe „Charta für Holz 2.0 im Dialog“ – eine Kooperation des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit dem Rat für nachhaltige Entwicklung (RNE) – war, so das Fazit des BMEL, eine moderne Plattform für alle Akteure, die Austausch und Vernetzung über Branchen- und Organisationsgrenzen hinweg ermöglichte. Zu Beginn hatte der Parlamentarische Staatssekretär beim BMEL, Uwe Feiler, mit Blick auf das rohstoffarme Deutschland auf die Zukunftspotenziale des bedeutendsten nachwachsenden Rohstoffes Holz als Alternative zu erdölbasierten Produkten verwiesen.

T-Shirts aus Fasern nachhaltig angebauten Holzes

Timo Beelow hatte die Zuhörer im Handumdrehen auf seiner Seite. Der Mitbegründer eines mit dem Next Economy Award 2017 ausgezeichneten Unternehmens, das in Wuppertal T-Shirts aus Fasern nachhaltig angebauten Holzes umweltfreundlich, regional und fair produziert, punktete mit klaren Botschaften: Holz beansprucht für die gleiche Rohstoffmenge eine deutlich geringere Anbaufläche als Baumwolle, benötigt weniger Wasser und keine Pestizide; kurze Transportwege reduzieren den CO2-Ausstoß. Die Holzfaser-Shirts standen auf der Veranstaltung ebenso beispielhaft für neuartige holzbasierte Produkte, Verpackungen und Rohstoffe wie etwa die von einem Thüringer Rohstoffhersteller produzierten, in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut IMWS entwickelten Rohstoffe für Kosmetik, Zahnpflege und Haushaltsreiniger aus Buchenholzcellulose.

„Holz ist der intelligenteste Werkstoff, den wir haben“, meint Michael Braungart, Professor für Ökodesign an der Leuphana Universität Lüneburg. Foto-Quelle: BMEL/FNR/photothek

„Holz ist der intelligenteste Werkstoff, den wir haben“, erklärte Michael Braungart, Professor für Ökodesign an der Leuphana Universität Lüneburg und wissenschaftlicher Direktor der EPEA-Internationale Umweltforschung Hamburg, auf der Veranstaltung. Er ist seit 2002 Verfechter konsequenter biologischer bzw. technischer Kreislaufwirtschaft. „Statt Recycling von Materialien braucht es neue Produkte, deren Komponenten nach Ablauf der Nutzungszeit zurückgewonnen, also zu Nährstoffen für die Bio- oder Technosphäre werden“, sagte er.

Stellten Sattelfestigkeit in puncto Nachhaltigkeit auf dem Charta-Podium unter Beweis: Timo Beelow, Mitgründer wijld GmbH, Markus Zott, Geschäftsführer CFF GmbH & Co.KG, Moderatorin Angela Elis, Marcus Noack, Gründer und Geschäftsführer der VERDE-Portalfamilie (Gruene-Startups.de), Prof. Dr. Michael Braungart, Professor für Öko-Design an der Leuphana Universität Lüneburg (v.l.n.r.) Foto-Quelle: BMEL/FNR/photothek

Die Ressource Holz hat mehr Zukunft, als die Gegenwart momentan preisgibt

Für „gute Materialien und lange Kreisläufe“ sprach sich auch der Physiker Michael Carus, Geschäftsführer des Kölner nova-Instituts aus, das sich weltweit für eine nachhaltige Bioökonomie einsetzt. „Eine moderne, digitale und innovative Bioökonomie rund um die Ressource Holz hat mehr Zukunft, als die Gegenwart momentan preisgibt“, unterstrich Dr. Günther Bachmann, Generalsekretär des Rates für Nachhaltige Entwicklung in seinem Impulsreferat. Das Kompendium guter Praxisbeispiele wachse, für Pioniere aller Branchen „bedeutet Zukunftsfähigkeit, das Notwendige ins Machbare zu kehren“.

Moderatorin Angela Elis mit Timo Beelow, Mitgründer wijld GmbH, Markus Zott, Geschäftsführer CFF GmbH & Co.KG, Marcus Noack, Gründer und Geschäftsführer der VERDE-Portalfamilie (Gruene-Startups.de), Michael Braungart, Professor für Öko-Design an der Leuphana Universität Lüneburg (v.l.n.r.) Foto-Quelle: BMEL/FNR/photothek

Die Vorbildrolle des Bundes bei der nachhaltigen Beschaffung stand ebenfalls im Blickpunkt. Bund, Länder und Kommunen geben jedes Jahr ca. 350 Milliarden Euro bundesweit aus – obwohl Nachhaltigkeit bei der Beschaffung noch kein verpflichtendes Kriterium ist.

„Das Thema Nachhaltigkeit ist im Feuilleton angekommen. Es wäre schön, wenn es auch auf RTL2 ankäme“, spielte Bloggerin Anna Schunck auf die gemeinschaftliche Verantwortung für das Zukunftsthema an.

In ihrem Fazit zeigte sich die für die Themen Wald, Holz und Nachhaltigkeit zuständige Abteilungsleiterin im BMEL, Dr. Eva Müller, zufrieden mit der Debatte: Die Reihe „Charta für Holz im Dialog“ sei ein wichtiger Baustein für den Austausch zwischen Akteuren verschiedenster gesellschaftlicher Ebenen. Und: Politik, Wirtschaft und Verbraucher seien gleichermaßen in der Pflicht, Nachhaltigkeit und Klimaschutz umzusetzen.

Hintergrund: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) initiierte die Charta für Holz 2.0 im April 2017 auf der Grundlage eines Beschlusses der Agrarministerkonferenz als Gemeinschaftswerk mit engagierten Verbänden, Organisationen und Verwaltungen. Die Charta für Holz 2.0 bildet den Rahmen für einen auf Dauer angelegten gesellschaftlichen Dialogprozess. Im Zuge dieses Prozesses wird die Erkenntnis, dass der verstärkte Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft zugunsten des Klimaschutzes, zur Schonung fossiler Ressourcen und zur Stärkung der ländlichen Räume jetzt und künftig unverzichtbar ist, in der Öffentlichkeit verankert und durch das Cluster Forst und Holz umgesetzt.

Mit der Betreuung des Charta-Prozesses beauftragte das BMEL seinen Projektträger, die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR). Das BMEL hat für den Charta-Prozess eine Steuerungsgruppe und sechs Arbeitsgruppen eingesetzt. Über Fachgespräche, Workshops, Plattformen und Tagungen werden die verschiedenen Interessengruppen beteiligt.