Der Klimawandel verändert die Umweltbedingungen und das Feuerregime in der südafrikanischen Kapregion – und das könnte viele Pflanzenarten stärker in Bedrängnis bringen als bisher angenommen. Das haben Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart herausgefunden. Als Modellpflanzen dienten ihnen 26 Arten von Silberbaumgewächsen (Proteen). Diese wohl bekannteste Pflanzengruppe Südafrikas ist an häufig auftretende natürliche Feuer angepasst. Die Forscher entwickelten einen neuen Ansatz, die sogenannte ökologische Nische einer Art zu bestimmen, die besagt, unter welchen Umweltbedingungen die Art überlebensfähig ist. Anstatt sie wie bisher üblich aus der tatsächlichen geografischen Verbreitung abzuleiten, verwendete das Team direkte demographische Daten zu einer Art – und fanden bei vielen Arten große Diskrepanzen zwischen der ökologischen Nische und der tatsächlichen Verbreitung. Diese Erkenntnisse stehen im Wissenschaftsjahr 2020 Bioökonomie besonders im Fokus, da die Folgen des Klimawandels eine der größten Herausforderungen der Menschen darstellen.
Sie sind eine Augenweide, viele kommen ausschließlich in der Kapregion vor und sie stellen sogar die Nationalblume Südafrikas: die Silberbaumgewächse, wissenschaftlich Proteaceae genannt. Und sie bieten einen weiteren Vorzug: Sie eignen sich besonders gut als Modellpflanzen, um die Verbreitung einer Art unter Einfluss des Klimawandels vorherzusagen.
„Bisher gehen derartige Prognosen meist davon aus, dass Arten unter den Umweltbedingungen, unter denen sie aktuell vorkommen, auch langfristig überleben können“, erläutert Prof. Dr. Frank Schurr, Landschaftsökologe an der Universität Hohenheim. „Doch in der Realität kommen Pflanzen nicht immer dort vor, wo sie eigentlich gedeihen könnten.“
Neue Methode zur Bestimmung der ökologischen Nische
Um diese Abweichungen besser zu verstehen, begann das Team um Prof. Dr. Schurr, die sogenannte ökologische Nische von Pflanzenarten, also die Umweltbedingungen unter denen sie überlebensfähig sind, unabhängig von deren aktueller Verbreitung zu bestimmen. „Stattdessen nutzen wir demographische Daten, die wir direkt an den Pflanzen sammeln“, erklärt Dr. Jörn Pagel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Landschaftsökologie und Vegetationskunde. Und da kamen die Proteaceen ins Spiel.
Denn der Lebenszyklus vieler Proteaceen ist eng an Feuer angepasst: Sie geben ihre produzierten Samen nicht direkt frei, sondern speichern sie in langlebigen Zapfen, die sich erst nach einem Feuer öffnen, wenn günstigere Bedingungen für die Keimlinge herrschen. „Man kann deshalb bei einer einzelnen Begehung Daten zur Wachstumsrate einer Population ermitteln,“ so Dr. Pagel. „Man zählt die Zapfen und erhält so Daten zur gesamten Samenproduktion einer Pflanze. Auf Flächen, die vor kurzem gebrannt haben, erfassen wir die vorhandenen Keimlinge und auch den Anteil überlebender Pflanzen, die trotz des Feuers wieder austreiben. Denn anhand der abgebrannten Strauchskelette lässt sich noch feststellen, wie viele Pflanzen zuvor auf der Fläche standen.“
Besonders problematisch: feuertolerante und wenig mobile Arten
Auf diese Weise untersuchte er gemeinsam mit der Doktorandin Martina Treurnicht und weiteren Forschern aus Südafrika, Deutschland und Frankreich 26 Proteen-Arten in über 3.000 natürlichen Populationen. „Aus den Daten konnten wir ableiten, wie großräumige Variation in Klima, Feuerhäufigkeit und Bodenbedingungen die Reproduktion und Mortalität dieser Arten bestimmt und unter welchen Umweltbedingungen sie langfristig gedeihen könnten“, erläutert Dr. Pagel.
„Beim Vergleich dieser ökologischen Nische mit dem tatsächlichen Verbreitungsgebiet zeigten sich zum Teil deutliche Diskrepanzen.“ „Insbesondere fehlen wenig mobile Arten häufig an geeigneten Standorten, während feuertolerante Arten oft an aktuell ungeeigneten Standorten vorkommen“, berichtet Dr. Pagel. „Für diese Arten sind derzeitige Abschätzungen zur Auswirkung des Klimawandels und eines veränderten Feuerregimes daher problematisch. Sie sind häufig zu optimistisch, so dass die Auswirkungen des Umweltwandels möglicherweise unterschätzt werden. Um die Folgen des globalen Wandels auf die Biodiversität verlässlicher abschätzen zu können, müssen diese Diskrepanzen zwischen aktuellem Verbreitungsgebiet und ökologischer Nische berücksichtigt werden.“