Eine erste Studie über Ansichten der Landwirte zu Agroforstwirtschaft im postsowjetischen Kirgistan macht deutlich, dass es erhebliche Barrieren in Hinblick auf die Einführung von Baum-Windschutzstreifen gibt und die Landwirte mehr Unterstützung benötigen, ihre Skepsis gegenüber dieser Praxis abzubauen. Um die Einführung von Windschutzstreifen auszuweiten, schlagen Forscher kooperative Modelle vor und setzen auf die aktive Unterstützung lokaler Regierungen.
Die größten Hindernisse für die Einführung von agroforstwirtschaftlichen Windschutzstreifen stellen kleine Parzellengrößen sowie mangelnde Information und Unterstützung durch die Lokalregierung dar. Dies ist das Hauptergebnis einer ersten Studie, die Einstellungen kirgisischer Landwirte zu Windschutzstreifen untersuchte und Möglichkeiten nachging, die Verbreitung dieser Praxis zu befördern. Die Studie zur Wahrnehmung von Windschutzstreifen durch Landwirte in Kirgistan basiert auf einem Projekt, das von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde in Zusammenarbeit mit dem World Agroforestry Centre (ICRAF) durchgeführt wurde. Sie wurde im Februar dieses Jahres in der Fachzeitschrift Sustainability veröffentlicht.
“Die Ergebnisse dieser Studie sind relevant, weil der ökosystemare Ansatz für agroforstwirtschaftliche Systeme einen immer größeren Zuspruch findet. Wir stellen nicht nur neue Erkenntnisse über die Herausforderungen bei der Wiedereinführung von Windschutzstreifen dar, sondern zeigen auch klar auf, dass die Anliegen der Bauern erst genommen werden müssen, wenn wir Strategien zur Förderung umweltfreundlichen Verhaltens entwickeln wollen.“ so Niels Thevs vom World Agroforestry Centre (ICRAF) in Kirgistan
Die Pflanzung von Baumreihungen zum Windschutz entlang der Grenzen landwirtschaftlicher Nutzflächen war in der Sowjetunion eine weit verbreitete Form der Agroforstwirtschaft. Das Ackerland relativ großer Kolchosenparzellen wurde so vor Winderosion geschützt. Die Forscher argumentieren, dass solche Schutzgürtel zu einer nachhaltigeren Landnutzung in den semi-ariden, d.h. trockeneren Klimazonen Zentralasiens führen könnten, wobei die Landwirtschaft in dieser Region stark auf Bewässerung angewiesen ist.
Der Übergang vom größer angelegten Kolchosensystem zur individuellen Landwirtschaft in den 1990er Jahren mit vielen kleinen Parzellengrößen hat jedoch dazu geführt, dass Landwirte nur zögerlich zu der früheren Praxis zurückkehren wollen. Sie nehmen mehr die Nachteile einer solchen Praxis wahr, wie etwa geringere Ernteerträge durch Beschattung, und sind sich der Vorteile dieses Systems gemeinhin nicht ausreichend bewusst. Dabei könnte die Wiedereinführung von Agroforstsystemen in Zentralasien, hier im Speziellen die Kombination von agrarischer Produktion mit dem Bau von Windschutzstreifen, Ernteerträge erhöhen, zusätzliche Holzressourcen schaffen sowie die Bodendegradation und Winderosion verringern. Von entscheidender Bedeutung ist daher der Abbau der negativen Wahrnehmung dieser Praxis durch die Landwirte.
Über die Vorteile agroforstwirtschaftlicher Praktiken informieren
Die Ergebnisse der Interviews mit 80 Landwirten der Regionen Issuk Kul und Jalal Abad haben die Wissenschaftler dennoch zuversichtlich gestimmt. Es lässt sich ableiten, dass sich die eher negative Wahrnehmung durch drei Maßnahmen ändern könnte: Erstens könne man anstatt zwischen einzelnen Landnutzungsflächen um die Ländereien mehrerer einzelner Parzellen herum Windschutzstreifen einrichten. Die Überzeugung der Landwirte diese „kollektivere“ Praxis wieder anzunehmen, würde der Besorgnis um Einkommensverluste durch Beschattung entgegenwirken und Konflikte zwischen direkten Nachbarn mildern. Zweitens, könnten Landwirte mehr Unterstützung durch offizielle Beratungsdienste und Lokalregierungen erhalten, die wiederum ihrerseits besser über die Vorteile agroforstwirtschaftlicher Praktiken informiert werden. Zuletzt könnten Windschutzstreifen modellhaft eingeführt werden, um den Landwirten vor Ort zu demonstrieren, dass sie weitaus mehr Vorteile bringen als einzig zur Bereitstellung von Brennholz oder Baumaterial.