Die Klimakrise setzt die Finanzbranche in Zugzwang: Die Risiken der Erderhitzung und die Chancen seiner Begrenzung werden die Art und Weise, wie Banken ihr Kerngeschäft betreiben, radikal verändern. Wie sind Banken auf diese Veränderung vorbereitet, wie gestalten sie mit? Dies hat der WWF Deutschland mit seinem ersten Rating großer deutscher Banken untersucht. Mit dem Ergebnis: Die 14 größten Kreditinstitute in Deutschland sind strategisch nicht ausreichend vorbereitet, um die strukturellen Veränderungen in Industrien, die finanziellen Risiken aus sich entwertenden Vermögensgütern durch zum Beispiel extreme Wetterereignissen und der sich abrupt wandelnden Wirtschaft zu erfassen und vorwegzunehmen. Basis der Bewertung ist eine vom WWF entwickelte Vision für eine zukunftsfähige Bank, die sogenannte „Bank 2025“.
Dazu sagt Matthias Kopp, Leiter des Bereichs Nachhaltige Finanzsysteme beim WWF Deutschland: „Das Ergebnis des ersten WWF-Bankenrating fällt ernüchternd aus. Gemessen an der Dringlichkeit des Handelns sind die großen deutschen Banken weit entfernt von einer systematischen Integration von Nachhaltigkeit in ihren Kerngeschäftsfeldern. Keines der betrachteten deutschen Kreditinstitute zeigt sich in so zukunftsgerechter Verfassung, dass den Anforderungen des WWF an die „zukunftsfähige Bank 2025“ gerecht wird. Nachhaltigkeitsstrategien müssen sich in allen Bereichen einer Bank finden, sowohl auf der Managementebene als auch bei der Produktgestaltung. Perspektivisch muss die gesamte Produktpallette der Banken auf die notwendige Transformation der Industriesektoren angepasst werden. Mit dem Rating möchte der WWF den begonnenen Dialog mit den Finanzhäusern fortsetzen. Wir schlagen zusammen den Pfad zu einem nachhaltigen Bankensektor ein.“
WWF-Bankenrating zeigt, dass Banken strukturelle klimabedingte Risiken kaum erfassen und steuern
Die deutschen Banken sind an die heute international erarbeiteten Ansätze zur Erfassung dieser Risken nicht beteiligt. Entsprechend werden die bestehenden Ansätze und Methoden zu Erfassung von Klimarisiken nicht angewendet. Hierzu gehören die Science Based Target-Initiative oder die 2 Degrees Investing Initiative. Zudem ist das derzeitige Volumen an nachhaltigen Finanzprodukten der untersuchten Banken im Vergleich zu den bisherigen konventionellen Produkten sehr gering. Finanzprodukte, die die Transformation der Industrie unterstützen, sind Nischenprodukte und werden von wenigen Banken angeboten.
Die Mehrzahl der Banken haben sich zu internationalen Normen verpflichtet. Trotzdem werden weiterhin fragewürdige Projekte und Unternehmen gefördert, wie etwa die Finanzierung von Sojaanbau im Amazonas sowie Staudämmen in Welterbenstätten bei denen Menschenrechte ignoriert sowie Umweltzerstörungen in Kauf genommen werden. Positiv zu werten ist, dass einige deutsche Banken die von der UN definierten „Principles for Responsible Banking“ unterschrieben haben. Die Umsetzung dieser Prinzipien muss jedoch noch unter Beweis gestellt werden.
Der Druck auf die Finanzhäuser ist bereits hoch – und er wird weiter steigen
Die zunehmende politische Steuerung und Regulatorik in Bezug auf die Integration von Nachhaltigkeit im Risikomanagement der Banken wird zu großen Veränderungen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsaspekten im Kerngeschäft der Banken führen. Auf diese Veränderungen sind die Banken mit ihren aktuellen Prozessen und Produkten nicht ausreichend aufgestellt.
Die Finanzhäuser sind dem Bankenrating zufolge noch nicht darauf vorbereitet, dass beispielsweise ihre Bankberater zukünftig verpflichtet werden, Kunden aktiv über ihre Präferenzen hinsichtlich nachhaltiger Geldanlage zu befragen und entsprechenden Produkte anzubieten. Die Umsetzung dieser EU-Regulierung ist für Anfang 2021 geplant. Die Banken verfügen zudem kaum über die notwendigen Datengrundlage zur Messung der Umweltwirkung von Unternehmen und Projekte, die sie finanzieren. Hierzu fehlen allerdings auch die gesetzlichen Regelungen hinsichtlich der Datenerfassung bei Unternehmen und die Verpflichtung zur Bereitstellung der Daten an die finanzierenden Banken.
Einige Banken haben sich mit nachhaltigen Strategien und Produkten auf den Weg gemacht
So werden bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und HypoVereinsbank (HVB) Nachhaltigkeitskriterien bei der Festlegung der Vorstandsvergütung berücksichtigt. Die ING-DiBa nutzt verschiedene Instrumente, um die für die Bank wesentlichen Klimaaspekte zu identifizieren. Mit dem „Terra-Ansatz“ verfolgt die ING einen Ansatz zur Bewertung und Steuerung der Klimarisiken von Finanzportfolios. Mit dem Bürgersparen ermöglicht die Deutsche Kreditbank (DKB) der Bevölkerung vor Ort, sich über eine laufzeitgebundene und festverzinste Spareinlage an einem regionalen Investitionsvorhaben zu beteiligen.
Private Verbraucher haben entscheidende Rolle, um nachhaltigen Wandel der Bankenwelt anzustoßen
Deswegen ist mit WWF-Bankenrating ein Fragenkatalog entwickelt worden, um eine fundierte Entscheidung bei der Wahl der Bank mit ihren verschiedenen Produkten zu treffen. Die wichtigsten Fragen lauten:
- Was passiert mit meinem Geld auf dem Sparkonto? Was macht die Bank damit? In welche Unternehmen und Branchen werden diese Gelder investiert?
- Kann ich mitbestimmen, für welche Zwecke mein Guthaben verwendet wird?
- Bietet die Bank Sparkonten und Sparprodukte an, bei denen die Guthaben zur Finanzierung von nachhaltigen und zukunftsfähigen Geschäftsmodelle von Unter-nehmen verwendet werden?
- Berichtet die Bank regelmäßig über den Beitrag der Anlageprodukte zu einer nach-haltigen Entwicklung? Damit ist gemeint, ob die Bank regelmäßig die Wirkung der getätigten Geldanlage misst und transparent macht.
Hintergrund
Bewertet wurden 14 Banken, die nach Bilanzsumme zu den größten in Deutschland tätigen Kreditinstituten gehören und privaten und/oder geschäftlichen Kunden ein umfassendes Angebot an Bankleistungen anbieten. Berücksichtigt wurden Universalbanken aus den drei Bereichen privatwirtschaftliche Kreditinstitute, öffentlich-rechtliche Sparkassen und Landesbanken sowie Genossenschaftsbanken. Das Rating basiert zu einen auf die Auswertung der öffentlich verfügbaren Informationen und Berichten, zum anderen auf Interviews und Workshops, die zusammen mit den Banken veranstaltet worden.