Phosphor-Effizienz in Industrie und Landwirtschaft: Angesichts der schweren Umweltfolgen durch den Abbau von Rohphosphat, der Überfrachtung unserer Gewässer mit Phosphat und dessen Bedarf in anderen landwirtschaftlichen Regionen müssen die Phosphor-Effizienz in Industrie und Landwirtschaft gesteigert und die Rückgewinnungspotenziale aus Abwasser, Klärschlamm und Klärschlammasche vor Ort voll ausgeschöpft werden“, sagte Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), anlässlich des DBU-Phosphortages im Rahmen der internationalen Umwelttechnologie-Messe IFAT in München. Kläranlagen befinden sich an einer entscheidenden Schnittstelle, an der Phosphate herausgefiltert werden können, um den lebenswichtigen Rohstoff anschließend in Dünger umzuwandeln und wiedereinzusetzen. Zahlreiche DBU-Projekte widmen sich der Rückführung von Phosphor aus Klärschlamm, einer zukünftigen Herausforderung für Kläranlagenbetreiber seit die neue Klärschlammverordnungvor einem halben Jahr in Kraft getreten ist. Bis 18. Mai werden Lösungen am DBU-Gemeinschaftsstand exemplarisch gezeigt.
Globaler Phosphor-Grenzwert um das Doppelte überschritten
Weder Pflanzen noch Tiere können das lebenswichtige Element Phosphor selbst herstellen. Im menschlichen Körper spielt es in Form von Phosphaten zum Beispiel eine wichtige Rolle beim Knochenumbau und Energiestoffwechsel. Phosphate sind auch in Lebensmitteln enthalten. Über das Abwasser gelangen sie letztlich in die Kläranlagen und – wenn sie nicht herausgefiltert werden – in die Gewässer. „Ein Überangebot an Phosphaten kann wie ein Dünger auf Algen wirken und zu übermäßigem Wachstum führen“, so Bonde. In der Folge einer Algenblüte können sich im Gewässer vermehrt Giftstoffe ansammeln und der Sauerstoff wird knapp. Weltweit beträgt der Eintrag von Phosphor aus Süßwassersystemen in die Ozeane 22 Millionen Tonnen pro Jahr. Wissenschaftler empfehlen im Konzept der Planetaren Leitplanken (Planetary Boundaries) das Einhalten eines globalen Grenzwertes von elf Millionen, damit die Belastbarkeit der Erde in diesem Bereich nicht überschritten wird. Eine entscheidende Schnittstelle im Phosphorkreislauf seien daher die Kläranlagen.
Neue Klärschlammverordnung verpflichtet zur Phosphorrückgewinnung
Derzeit werden in Deutschland mehr als 30 Verfahren zur Phosphorrückgewinnung entwickelt und erprobt; nur wenige großtechnische Anlagen sind bereits in Betrieb. „Es ist daher erforderlich, den derzeit rund 580 betroffenen Kläranlagenbetreibern eine objektive Entscheidungshilfe bei der Auswahl eines für sie geeigneten Verfahrens zur Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm an die Hand zu geben“, so Dr. Daniel Frank, Geschäftsführer des DBU-Projektpartners Deutsche Phosphor-Plattform DPP. Die Neufassung der Verordnung sieht ab dem Jahr 2023 für jede Kläranlage die Vorlage eines Konzeptes zur Phosphor-Rückgewinnung vor. Ab 2029 verpflichtet sie dann Betreiber von Kläranlagen, die mehr als 100.000 Einwohnerwerte versorgen – ab 2032 über 50.000 –, zur Phosphorrückgewinnung aus dem Klärschlamm. Diesen Kläranlagen ist dann auch untersagt, Klärschlamm in der Landwirtschaft beziehungsweise im Landschaftsbau zu verwerten.
DBU: Mit Mittelstand und Forschung innovative Lösungen entwickeln
Phosphor ist aber auch zentral für das Wachstum von Pflanzen, weshalb große Mengen davon als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Problematisch ist, dass der im Dünger befindliche Phosphor bisher in riesigen Tagebauen abgebaut wird. Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt, findet häufig in Ländern mit schwieriger politischer Lage statt und benötigt viel Energie. Zudem ist Rohphosphat häufig mit Schadstoffen belastet. „Für eine zukunftsfähige Entwicklung entsprechend der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationensetzen wir auf innovative Ansätze, um gemeinsam mit unseren Partnern aus der mittelständischen Wirtschaft und der Wissenschaft nachhaltige Effekte in der Praxis zu erzielen“, so Bonde. Am DBU-Gemeinschaftsstand bei der IFAT werden Verfahren zur Rückgewinnung und Recycling von Phosphor und zur Wasserkreislaufführung dargestellt, zum Beispiel mittels Kohlendioxid-Extraktion (Chemische Fabrik Budenheim KG), mit Membranbioreaktoren (BUSSE Innovative Systeme GmbH), mit Hilfe von Pflanzenkohle (Ökoservice GmbH), auf Basis hydrothermaler Karbonisierung von Klärschlamm (Universität Hohenheim) sowie mit Hilfe von Branntkalk (Thiel GmbH Fördertechnik und Fachhochschule Münster).